von Schwere, Druck oder Schmerz zu erkennen; lei- det der ganze Organismus, so haben wir das Ge- fühl eines allgemeinen Unbehagens, welches natür- lich auch auf die geistigen Funktionen einen bedeu- tenden Einfluß ausübt, und dem Gemüth so wie dem Verstande eine krankhafte Färbung giebt. So ab- hängig ist der Mensch als denkendes Wesen von körperlichen Eindrücken, so unrecht handelt er, wenn er in geistigem Uebermuth seine körperliche Hülle verschmäht; denn ihr Verfall muß nothwendig auch den hochstrebendsten Geist mit in den Staub ziehen.
Durch den wohlthätigen Einfluß einer zweckmä- ßigen Bewegung auf die Verdauung, wird das mit einem reicheren Blute genährte Gehirn zu einer ver- stärkten Thätigkeit befähigt; die Nervenkraft wird erhöht, und das harmonische Jneinanderwirken aller Organe erzeugt das Gefühl der Gesundheit und der vermehrten Kraft, eines der beseligendsten, die wir kennen. Das Gemüth wird erheitert, der Verstand sieht die Gegenstände unter den Farben der Wahr- heit; die Seele wird gesund wie der Körper und wirkt wiederum auf dessen Gesundheit zurück. O wie viele Philosophen würden ganz anders philosophiren, wenn sie mehr durch die Felder und über die Berge streiften; wenn sie ihr in der engen Studierstube kurzsichtig gewordenes Auge in der freien Natur an einen weiteren und schöneren Horizont gewöhnten!
von Schwere, Druck oder Schmerz zu erkennen; lei- det der ganze Organismus, ſo haben wir das Ge- fuͤhl eines allgemeinen Unbehagens, welches natuͤr- lich auch auf die geiſtigen Funktionen einen bedeu- tenden Einfluß ausübt, und dem Gemuͤth ſo wie dem Verſtande eine krankhafte Faͤrbung giebt. So ab- haͤngig iſt der Menſch als denkendes Weſen von koͤrperlichen Eindruͤcken, ſo unrecht handelt er, wenn er in geiſtigem Uebermuth ſeine koͤrperliche Huͤlle verſchmaͤht; denn ihr Verfall muß nothwendig auch den hochſtrebendſten Geiſt mit in den Staub ziehen.
Durch den wohlthaͤtigen Einfluß einer zweckmaͤ- ßigen Bewegung auf die Verdauung, wird das mit einem reicheren Blute genaͤhrte Gehirn zu einer ver- ſtaͤrkten Thaͤtigkeit befaͤhigt; die Nervenkraft wird erhoͤht, und das harmoniſche Jneinanderwirken aller Organe erzeugt das Gefuͤhl der Geſundheit und der vermehrten Kraft, eines der beſeligendſten, die wir kennen. Das Gemuͤth wird erheitert, der Verſtand ſieht die Gegenſtaͤnde unter den Farben der Wahr- heit; die Seele wird geſund wie der Koͤrper und wirkt wiederum auf deſſen Geſundheit zurück. O wie viele Philoſophen wuͤrden ganz anders philoſophiren, wenn ſie mehr durch die Felder und uͤber die Berge ſtreiften; wenn ſie ihr in der engen Studierſtube kurzſichtig gewordenes Auge in der freien Natur an einen weiteren und ſchoͤneren Horizont gewoͤhnten!
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von Schwere, Druck oder Schmerz zu erkennen; lei-
det der ganze Organismus, ſo haben wir das Ge-
fuͤhl eines allgemeinen Unbehagens, welches natuͤr-
lich auch auf die geiſtigen Funktionen einen bedeu-
tenden Einfluß ausübt, und dem Gemuͤth ſo wie dem
Verſtande eine krankhafte Faͤrbung giebt. So ab-
haͤngig iſt der Menſch als denkendes Weſen von
koͤrperlichen Eindruͤcken, ſo unrecht handelt er, wenn
er in geiſtigem Uebermuth ſeine koͤrperliche Huͤlle
verſchmaͤht; denn ihr Verfall muß nothwendig auch
den hochſtrebendſten Geiſt mit in den Staub ziehen.
Durch den wohlthaͤtigen Einfluß einer zweckmaͤ-
ßigen Bewegung auf die Verdauung, wird das mit
einem reicheren Blute genaͤhrte Gehirn zu einer ver-
ſtaͤrkten Thaͤtigkeit befaͤhigt; die Nervenkraft wird
erhoͤht, und das harmoniſche Jneinanderwirken aller
Organe erzeugt das Gefuͤhl der Geſundheit und der
vermehrten Kraft, eines der beſeligendſten, die wir
kennen. Das Gemuͤth wird erheitert, der Verſtand
ſieht die Gegenſtaͤnde unter den Farben der Wahr-
heit; die Seele wird geſund wie der Koͤrper und
wirkt wiederum auf deſſen Geſundheit zurück. O wie
viele Philoſophen wuͤrden ganz anders philoſophiren,
wenn ſie mehr durch die Felder und uͤber die Berge
ſtreiften; wenn ſie ihr in der engen Studierſtube
kurzſichtig gewordenes Auge in der freien Natur an
einen weiteren und ſchoͤneren Horizont gewoͤhnten!
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/39>, abgerufen am 16.02.2025.
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