Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

höhern Stockwerke gelegen sei. Parterre-Stuben
sind in der Regel feucht. Auch ist in Städten die
Luft in der Nähe des Bodens am Verdorbensten,
weil sie mit dem reineren Luftocean, der über der
Stadt sich ausbreitet, sich am schwierigsten vermi-
schen kann. Je höher man wohnt, desto mehr nä-
hert man sich einer reineren, mit fremden und schäd-
lichen Bestandtheilen unvermischten Luft.

Jn Städten, wo es an Abzugskanälen fehlt und
die Unreinigkeiten in den Gossen sich zersetzen, ist
auf diese Thatsache besonders zu achten. Jn einem
feuchten Klima sind die Nebel über dem Boden am
dichtesten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit
ihrer Entfernung von der Erdoberfläche zu. Die
Entstehung der Wechselfieber liefert uns hievon ein
merkwürdiges Beispiel. Es gibt Zeiten, wo man in
Rom, im Erdgeschosse schlafend von Jntermittens be-
fallen wird, während man schon im zweiten Stocke
frei bleibt, und sogar in einem und demselben Raume
werden Jndividuen, die die Nacht sitzend zubringen,
häufig verschont, während die auf dem Boden lie-
genden von der Krankheit ergriffen werden.

Das an die feuchten Ausdünstungen gebundene
Miasma erhebt sich also nur einige Fuße vom Bo-
den, und obgleich es bei bedeutenden Epidemieen viel
höher steigt und die Einwohner aus den obern Etagen

2*

hoͤhern Stockwerke gelegen ſei. Parterre-Stuben
ſind in der Regel feucht. Auch iſt in Staͤdten die
Luft in der Naͤhe des Bodens am Verdorbenſten,
weil ſie mit dem reineren Luftocean, der uͤber der
Stadt ſich ausbreitet, ſich am ſchwierigſten vermi-
ſchen kann. Je hoͤher man wohnt, deſto mehr naͤ-
hert man ſich einer reineren, mit fremden und ſchaͤd-
lichen Beſtandtheilen unvermiſchten Luft.

Jn Staͤdten, wo es an Abzugskanaͤlen fehlt und
die Unreinigkeiten in den Goſſen ſich zerſetzen, iſt
auf dieſe Thatſache beſonders zu achten. Jn einem
feuchten Klima ſind die Nebel über dem Boden am
dichteſten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit
ihrer Entfernung von der Erdoberflaͤche zu. Die
Entſtehung der Wechſelfieber liefert uns hievon ein
merkwuͤrdiges Beiſpiel. Es gibt Zeiten, wo man in
Rom, im Erdgeſchoſſe ſchlafend von Jntermittens be-
fallen wird, waͤhrend man ſchon im zweiten Stocke
frei bleibt, und ſogar in einem und demſelben Raume
werden Jndividuen, die die Nacht ſitzend zubringen,
haͤufig verſchont, waͤhrend die auf dem Boden lie-
genden von der Krankheit ergriffen werden.

Das an die feuchten Ausduͤnſtungen gebundene
Miasma erhebt ſich alſo nur einige Fuße vom Bo-
den, und obgleich es bei bedeutenden Epidemieen viel
hoͤher ſteigt und die Einwohner aus den obern Etagen

2*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0029" n="19"/>
ho&#x0364;hern Stockwerke gelegen &#x017F;ei. Parterre-Stuben<lb/>
&#x017F;ind in der Regel feucht. Auch i&#x017F;t in Sta&#x0364;dten die<lb/>
Luft in der Na&#x0364;he des Bodens am Verdorben&#x017F;ten,<lb/>
weil &#x017F;ie mit dem reineren Luftocean, der u&#x0364;ber der<lb/>
Stadt &#x017F;ich ausbreitet, &#x017F;ich am &#x017F;chwierig&#x017F;ten vermi-<lb/>
&#x017F;chen kann. Je ho&#x0364;her man wohnt, de&#x017F;to mehr na&#x0364;-<lb/>
hert man &#x017F;ich einer reineren, mit fremden und &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
lichen Be&#x017F;tandtheilen unvermi&#x017F;chten Luft.</p><lb/>
        <p>Jn Sta&#x0364;dten, wo es an Abzugskana&#x0364;len fehlt und<lb/>
die Unreinigkeiten in den Go&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich zer&#x017F;etzen, i&#x017F;t<lb/>
auf die&#x017F;e That&#x017F;ache be&#x017F;onders zu achten. Jn einem<lb/>
feuchten Klima &#x017F;ind die Nebel über dem Boden am<lb/>
dichte&#x017F;ten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit<lb/>
ihrer Entfernung von der Erdoberfla&#x0364;che zu. Die<lb/>
Ent&#x017F;tehung der Wech&#x017F;elfieber liefert uns hievon ein<lb/>
merkwu&#x0364;rdiges Bei&#x017F;piel. Es gibt Zeiten, wo man in<lb/>
Rom, im Erdge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chlafend von Jntermittens be-<lb/>
fallen wird, wa&#x0364;hrend man &#x017F;chon im zweiten Stocke<lb/>
frei bleibt, und &#x017F;ogar in einem und dem&#x017F;elben Raume<lb/>
werden Jndividuen, die die Nacht &#x017F;itzend zubringen,<lb/>
ha&#x0364;ufig ver&#x017F;chont, wa&#x0364;hrend die auf dem Boden lie-<lb/>
genden von der Krankheit ergriffen werden.</p><lb/>
        <p>Das an die feuchten Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen gebundene<lb/>
Miasma erhebt &#x017F;ich al&#x017F;o nur einige Fuße vom Bo-<lb/>
den, und obgleich es bei bedeutenden Epidemieen viel<lb/>
ho&#x0364;her &#x017F;teigt und die Einwohner aus den obern Etagen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0029] hoͤhern Stockwerke gelegen ſei. Parterre-Stuben ſind in der Regel feucht. Auch iſt in Staͤdten die Luft in der Naͤhe des Bodens am Verdorbenſten, weil ſie mit dem reineren Luftocean, der uͤber der Stadt ſich ausbreitet, ſich am ſchwierigſten vermi- ſchen kann. Je hoͤher man wohnt, deſto mehr naͤ- hert man ſich einer reineren, mit fremden und ſchaͤd- lichen Beſtandtheilen unvermiſchten Luft. Jn Staͤdten, wo es an Abzugskanaͤlen fehlt und die Unreinigkeiten in den Goſſen ſich zerſetzen, iſt auf dieſe Thatſache beſonders zu achten. Jn einem feuchten Klima ſind die Nebel über dem Boden am dichteſten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit ihrer Entfernung von der Erdoberflaͤche zu. Die Entſtehung der Wechſelfieber liefert uns hievon ein merkwuͤrdiges Beiſpiel. Es gibt Zeiten, wo man in Rom, im Erdgeſchoſſe ſchlafend von Jntermittens be- fallen wird, waͤhrend man ſchon im zweiten Stocke frei bleibt, und ſogar in einem und demſelben Raume werden Jndividuen, die die Nacht ſitzend zubringen, haͤufig verſchont, waͤhrend die auf dem Boden lie- genden von der Krankheit ergriffen werden. Das an die feuchten Ausduͤnſtungen gebundene Miasma erhebt ſich alſo nur einige Fuße vom Bo- den, und obgleich es bei bedeutenden Epidemieen viel hoͤher ſteigt und die Einwohner aus den obern Etagen 2*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/29
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/29>, abgerufen am 11.12.2024.