Musiker. Diese fein organisirten Künstlernaturen sind schon an und für sich sehr empfindlich und reizbar; ihr Gehör insbesondere hat eine bedeutende Sensibi- lität; sie kommen oft in den Fall, es zu sehr anzu- strengen. Sie müssen daher ihren Eifer mäßigen, und niemals im Dienste der Harmonie, die Pflichten, die sie ihrem Körper schuldig sind, vergessen. Je mehr sie für ihre Gesundheit sorgen, desto besser wird es nicht nur um ihr Gehör, sondern auch um ihre Fortschritte in der Kunst stehen, in welcher sie allein leben und weben.
Unmittelbar nach dem Essen musicalische Uebungen vorzunehmen, ist eben so schädlich wie das Lesen nach demselben und zwar aus denselben Gründen. Die Wahl einer Wohnung ist auch in Bezug auf das Ohr nicht gleichgültig. Jch möchte keinem, der viel auf ein feines Gehör hält, rathen, sich in der Nähe eines Glockenspieles einzumiethen, oder auf einem geräuschvollen Markte, oder in einer Straße wo viel gefahren wird. Aehnliche Bemerkungen lassen sich auch über die übrigen Sinne, den Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn machen.
Der in vielen Professionen so nöthige Tastsinn bildet sich durch Uebung erstaunlich aus und wird ebenfalls durch Ueberreizung leiden müssen, z. B. wenn man grobe Handarbeiten verrichtet.
Muſiker. Dieſe fein organiſirten Kuͤnſtlernaturen ſind ſchon an und fuͤr ſich ſehr empfindlich und reizbar; ihr Gehoͤr insbeſondere hat eine bedeutende Senſibi- litaͤt; ſie kommen oft in den Fall, es zu ſehr anzu- ſtrengen. Sie muͤſſen daher ihren Eifer maͤßigen, und niemals im Dienſte der Harmonie, die Pflichten, die ſie ihrem Koͤrper ſchuldig ſind, vergeſſen. Je mehr ſie fuͤr ihre Geſundheit ſorgen, deſto beſſer wird es nicht nur um ihr Gehoͤr, ſondern auch um ihre Fortſchritte in der Kunſt ſtehen, in welcher ſie allein leben und weben.
Unmittelbar nach dem Eſſen muſicaliſche Uebungen vorzunehmen, iſt eben ſo ſchaͤdlich wie das Leſen nach demſelben und zwar aus denſelben Gruͤnden. Die Wahl einer Wohnung iſt auch in Bezug auf das Ohr nicht gleichguͤltig. Jch moͤchte keinem, der viel auf ein feines Gehoͤr haͤlt, rathen, ſich in der Naͤhe eines Glockenſpieles einzumiethen, oder auf einem geraͤuſchvollen Markte, oder in einer Straße wo viel gefahren wird. Aehnliche Bemerkungen laſſen ſich auch über die uͤbrigen Sinne, den Taſt-, Geruchs- und Geſchmacksſinn machen.
Der in vielen Profeſſionen ſo noͤthige Taſtſinn bildet ſich durch Uebung erſtaunlich aus und wird ebenfalls durch Ueberreizung leiden müſſen, z. B. wenn man grobe Handarbeiten verrichtet.
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Muſiker. Dieſe fein organiſirten Kuͤnſtlernaturen
ſind ſchon an und fuͤr ſich ſehr empfindlich und reizbar;
ihr Gehoͤr insbeſondere hat eine bedeutende Senſibi-
litaͤt; ſie kommen oft in den Fall, es zu ſehr anzu-
ſtrengen. Sie muͤſſen daher ihren Eifer maͤßigen,
und niemals im Dienſte der Harmonie, die Pflichten,
die ſie ihrem Koͤrper ſchuldig ſind, vergeſſen. Je
mehr ſie fuͤr ihre Geſundheit ſorgen, deſto beſſer wird
es nicht nur um ihr Gehoͤr, ſondern auch um ihre
Fortſchritte in der Kunſt ſtehen, in welcher ſie allein
leben und weben.
Unmittelbar nach dem Eſſen muſicaliſche Uebungen
vorzunehmen, iſt eben ſo ſchaͤdlich wie das Leſen
nach demſelben und zwar aus denſelben Gruͤnden.
Die Wahl einer Wohnung iſt auch in Bezug auf
das Ohr nicht gleichguͤltig. Jch moͤchte keinem, der
viel auf ein feines Gehoͤr haͤlt, rathen, ſich in der
Naͤhe eines Glockenſpieles einzumiethen, oder auf
einem geraͤuſchvollen Markte, oder in einer Straße
wo viel gefahren wird. Aehnliche Bemerkungen
laſſen ſich auch über die uͤbrigen Sinne, den Taſt-,
Geruchs- und Geſchmacksſinn machen.
Der in vielen Profeſſionen ſo noͤthige Taſtſinn
bildet ſich durch Uebung erſtaunlich aus und wird
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/165>, abgerufen am 16.02.2025.
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