Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

läßt sich durchaus nicht entschuldigen, da das zugleich
mit den übrigen Organen geschwächte Auge eine
solche Behandlung, (wobei auch ein gesundes zu
Grunde geht) noch weniger verträgt. Zu den schäd-
lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch
noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf
wohl keines Beweises, daß die Gesundheit dieser
Organe eben so wie die Gesundheit aller übrigen
Körpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation
bestehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde
stockt, entsteht zuerst Hemmung seiner Function und
zuletzt förmliche Desorganisation seines Gewebes
oder Paralyse seiner Kräfte. Manche Gesichtsschwäche,
mancher schwarze Staar wurzelt einzig und allein in
dem verderblichen Gebrauch der Schnürleiber.

Fehler des Gehöres sind fast eben so häufig als
Gesichtsmängel und beruhen ebenfalls zum größten
Theile auf einer schlechten physischen Erziehung,
Scropheln sind diesem Sinne sehr oft verderblich
(eine kleine Erkältung auf einen scrophulösen Boden
gepflanzt, hat schon manch armes Kind fürs Leben
taub gemacht). Gegen unmittelbare Schädlichkeiten
ist das Ohr wohl besser als das Auge geschützt, weil
es nicht so ununterbrochen thätig ist, und in der
Regel nicht so sehr angestrengt wird. Dennoch ist
es nicht selten, daß starke Erschütterungen und Ex-
plosionen die Reizbarkeit des Gehörs auf dieselbe Weise

laͤßt ſich durchaus nicht entſchuldigen, da das zugleich
mit den übrigen Organen geſchwaͤchte Auge eine
ſolche Behandlung, (wobei auch ein geſundes zu
Grunde geht) noch weniger vertraͤgt. Zu den ſchaͤd-
lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch
noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf
wohl keines Beweiſes, daß die Geſundheit dieſer
Organe eben ſo wie die Geſundheit aller uͤbrigen
Koͤrpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation
beſtehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde
ſtockt, entſteht zuerſt Hemmung ſeiner Function und
zuletzt förmliche Desorganiſation ſeines Gewebes
oder Paralyſe ſeiner Kraͤfte. Manche Geſichtsſchwaͤche,
mancher ſchwarze Staar wurzelt einzig und allein in
dem verderblichen Gebrauch der Schnuͤrleiber.

Fehler des Gehoͤres ſind faſt eben ſo haͤufig als
Geſichtsmaͤngel und beruhen ebenfalls zum groͤßten
Theile auf einer ſchlechten phyſiſchen Erziehung,
Scropheln ſind dieſem Sinne ſehr oft verderblich
(eine kleine Erkaͤltung auf einen ſcrophuloͤſen Boden
gepflanzt, hat ſchon manch armes Kind fuͤrs Leben
taub gemacht). Gegen unmittelbare Schaͤdlichkeiten
iſt das Ohr wohl beſſer als das Auge geſchuͤtzt, weil
es nicht ſo ununterbrochen thaͤtig iſt, und in der
Regel nicht ſo ſehr angeſtrengt wird. Dennoch iſt
es nicht ſelten, daß ſtarke Erſchütterungen und Ex-
ploſionen die Reizbarkeit des Gehoͤrs auf dieſelbe Weiſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0163" n="153"/>
la&#x0364;ßt &#x017F;ich durchaus nicht ent&#x017F;chuldigen, da das zugleich<lb/>
mit den übrigen Organen ge&#x017F;chwa&#x0364;chte Auge eine<lb/>
&#x017F;olche Behandlung, (wobei auch ein ge&#x017F;undes zu<lb/>
Grunde geht) noch weniger vertra&#x0364;gt. Zu den &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch<lb/>
noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf<lb/>
wohl keines Bewei&#x017F;es, daß die Ge&#x017F;undheit die&#x017F;er<lb/>
Organe eben &#x017F;o wie die Ge&#x017F;undheit aller u&#x0364;brigen<lb/>
Ko&#x0364;rpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation<lb/>
be&#x017F;tehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde<lb/>
&#x017F;tockt, ent&#x017F;teht zuer&#x017F;t Hemmung &#x017F;einer Function und<lb/>
zuletzt förmliche Desorgani&#x017F;ation &#x017F;eines Gewebes<lb/>
oder Paraly&#x017F;e &#x017F;einer Kra&#x0364;fte. Manche Ge&#x017F;ichts&#x017F;chwa&#x0364;che,<lb/>
mancher &#x017F;chwarze Staar wurzelt einzig und allein in<lb/>
dem verderblichen Gebrauch der Schnu&#x0364;rleiber.</p><lb/>
        <p>Fehler des Geho&#x0364;res &#x017F;ind fa&#x017F;t eben &#x017F;o ha&#x0364;ufig als<lb/>
Ge&#x017F;ichtsma&#x0364;ngel und beruhen ebenfalls zum gro&#x0364;ßten<lb/>
Theile auf einer &#x017F;chlechten phy&#x017F;i&#x017F;chen Erziehung,<lb/>
Scropheln &#x017F;ind die&#x017F;em Sinne &#x017F;ehr oft verderblich<lb/>
(eine kleine Erka&#x0364;ltung auf einen &#x017F;crophulo&#x0364;&#x017F;en Boden<lb/>
gepflanzt, hat &#x017F;chon manch armes Kind fu&#x0364;rs Leben<lb/>
taub gemacht). Gegen unmittelbare Scha&#x0364;dlichkeiten<lb/>
i&#x017F;t das Ohr wohl be&#x017F;&#x017F;er als das Auge ge&#x017F;chu&#x0364;tzt, weil<lb/>
es nicht &#x017F;o ununterbrochen tha&#x0364;tig i&#x017F;t, und in der<lb/>
Regel nicht &#x017F;o &#x017F;ehr ange&#x017F;trengt wird. Dennoch i&#x017F;t<lb/>
es nicht &#x017F;elten, daß &#x017F;tarke Er&#x017F;chütterungen und Ex-<lb/>
plo&#x017F;ionen die Reizbarkeit des Geho&#x0364;rs auf die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0163] laͤßt ſich durchaus nicht entſchuldigen, da das zugleich mit den übrigen Organen geſchwaͤchte Auge eine ſolche Behandlung, (wobei auch ein geſundes zu Grunde geht) noch weniger vertraͤgt. Zu den ſchaͤd- lichen Folgen einer zu engen Kleidung muß ich auch noch ihren Einfluß auf die Augen rechnen. Es bedarf wohl keines Beweiſes, daß die Geſundheit dieſer Organe eben ſo wie die Geſundheit aller uͤbrigen Koͤrpertheile, nur bei ungehemmter Blutcirculation beſtehen kann, denn wo das Blut in einem Gebilde ſtockt, entſteht zuerſt Hemmung ſeiner Function und zuletzt förmliche Desorganiſation ſeines Gewebes oder Paralyſe ſeiner Kraͤfte. Manche Geſichtsſchwaͤche, mancher ſchwarze Staar wurzelt einzig und allein in dem verderblichen Gebrauch der Schnuͤrleiber. Fehler des Gehoͤres ſind faſt eben ſo haͤufig als Geſichtsmaͤngel und beruhen ebenfalls zum groͤßten Theile auf einer ſchlechten phyſiſchen Erziehung, Scropheln ſind dieſem Sinne ſehr oft verderblich (eine kleine Erkaͤltung auf einen ſcrophuloͤſen Boden gepflanzt, hat ſchon manch armes Kind fuͤrs Leben taub gemacht). Gegen unmittelbare Schaͤdlichkeiten iſt das Ohr wohl beſſer als das Auge geſchuͤtzt, weil es nicht ſo ununterbrochen thaͤtig iſt, und in der Regel nicht ſo ſehr angeſtrengt wird. Dennoch iſt es nicht ſelten, daß ſtarke Erſchütterungen und Ex- ploſionen die Reizbarkeit des Gehoͤrs auf dieſelbe Weiſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/163
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/163>, abgerufen am 22.11.2024.