Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

erscheinen und so verlieren sie endlich die Fähigkeit,
ferne Gegenstände zu erkennen. Aber auch bei gutem
Lichte ist es nicht möglich, daß ein Kind so viele
Stunden des Tages immerfort auf Buchstaben sehe,
ohne kurzsichtig zu werden. Schüler, die ihr gutes
Gesicht behalten, sind fast immer solche, die während
der Schulzeit weit eher an's Spielen als an das
Auswendiglernen denken, und statt ihre Exercitien
selbst zu machen, den einfachern Weg wählen, sie
von einem Kameraden abzuschreiben.

Die Kurzsichtigkeit erreicht nicht auf einmal
einen hohen Grad, sondern verkleinert allmälig den
sichtbaren Horizont.

Es wäre daher sehr zu wünschen, daß Eltern
von Zeit zu Zeit Proben mit den Augen ihrer Kinder
anstellten, um die ersten Spuren eines Fehlers auf-
zufinden, der gewöhnlich durch Unachtsamkeit erst
dann entdeckt wird, wenn er schon eine bedeutende
Höhe erreicht hat. Gewöhnlich, da dieselben Ursachen
beide Uebel mit sich führen, meldet sich die Kurz-
sichtigkeit zugleich mit Augenschwäche; das Kind be-
kommt thränende röthliche Augen, besonders Abends,
und klagt über Schmerzen, vorzüglich wenn es bei
Licht lesen oder schreiben soll. Zeigen sich diese
Symptome, dann ist es hohe Zeit einzuschreiten und
den Augen die nöthige Ruhe zu gönnen. Von nun
an, bis das Gesicht völlig wieder hergestellt ist,

erſcheinen und ſo verlieren ſie endlich die Faͤhigkeit,
ferne Gegenſtaͤnde zu erkennen. Aber auch bei gutem
Lichte iſt es nicht moͤglich, daß ein Kind ſo viele
Stunden des Tages immerfort auf Buchſtaben ſehe,
ohne kurzſichtig zu werden. Schuͤler, die ihr gutes
Geſicht behalten, ſind faſt immer ſolche, die waͤhrend
der Schulzeit weit eher an’s Spielen als an das
Auswendiglernen denken, und ſtatt ihre Exercitien
ſelbſt zu machen, den einfachern Weg waͤhlen, ſie
von einem Kameraden abzuſchreiben.

Die Kurzſichtigkeit erreicht nicht auf einmal
einen hohen Grad, ſondern verkleinert allmaͤlig den
ſichtbaren Horizont.

Es waͤre daher ſehr zu wünſchen, daß Eltern
von Zeit zu Zeit Proben mit den Augen ihrer Kinder
anſtellten, um die erſten Spuren eines Fehlers auf-
zufinden, der gewoͤhnlich durch Unachtſamkeit erſt
dann entdeckt wird, wenn er ſchon eine bedeutende
Hoͤhe erreicht hat. Gewoͤhnlich, da dieſelben Urſachen
beide Uebel mit ſich fuͤhren, meldet ſich die Kurz-
ſichtigkeit zugleich mit Augenſchwaͤche; das Kind be-
kommt thraͤnende roͤthliche Augen, beſonders Abends,
und klagt über Schmerzen, vorzuͤglich wenn es bei
Licht leſen oder ſchreiben ſoll. Zeigen ſich dieſe
Symptome, dann iſt es hohe Zeit einzuſchreiten und
den Augen die noͤthige Ruhe zu goͤnnen. Von nun
an, bis das Geſicht voͤllig wieder hergeſtellt iſt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0160" n="150"/>
er&#x017F;cheinen und &#x017F;o verlieren &#x017F;ie endlich die Fa&#x0364;higkeit,<lb/>
ferne Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde zu erkennen. Aber auch bei gutem<lb/>
Lichte i&#x017F;t es nicht mo&#x0364;glich, daß ein Kind &#x017F;o viele<lb/>
Stunden des Tages immerfort auf Buch&#x017F;taben &#x017F;ehe,<lb/>
ohne kurz&#x017F;ichtig zu werden. Schu&#x0364;ler, die ihr gutes<lb/>
Ge&#x017F;icht behalten, &#x017F;ind fa&#x017F;t immer &#x017F;olche, die wa&#x0364;hrend<lb/>
der Schulzeit weit eher an&#x2019;s Spielen als an das<lb/>
Auswendiglernen denken, und &#x017F;tatt ihre Exercitien<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zu machen, den einfachern Weg wa&#x0364;hlen, &#x017F;ie<lb/>
von einem Kameraden abzu&#x017F;chreiben.</p><lb/>
        <p>Die Kurz&#x017F;ichtigkeit erreicht nicht auf einmal<lb/>
einen hohen Grad, &#x017F;ondern verkleinert allma&#x0364;lig den<lb/>
&#x017F;ichtbaren Horizont.</p><lb/>
        <p>Es wa&#x0364;re daher &#x017F;ehr zu wün&#x017F;chen, daß Eltern<lb/>
von Zeit zu Zeit Proben mit den Augen ihrer Kinder<lb/>
an&#x017F;tellten, um die er&#x017F;ten Spuren eines Fehlers auf-<lb/>
zufinden, der gewo&#x0364;hnlich durch Unacht&#x017F;amkeit er&#x017F;t<lb/>
dann entdeckt wird, wenn er &#x017F;chon eine bedeutende<lb/>
Ho&#x0364;he erreicht hat. Gewo&#x0364;hnlich, da die&#x017F;elben Ur&#x017F;achen<lb/>
beide Uebel mit &#x017F;ich fu&#x0364;hren, meldet &#x017F;ich die Kurz-<lb/>
&#x017F;ichtigkeit zugleich mit Augen&#x017F;chwa&#x0364;che; das Kind be-<lb/>
kommt thra&#x0364;nende ro&#x0364;thliche Augen, be&#x017F;onders Abends,<lb/>
und klagt über Schmerzen, vorzu&#x0364;glich wenn es bei<lb/>
Licht le&#x017F;en oder &#x017F;chreiben &#x017F;oll. Zeigen &#x017F;ich die&#x017F;e<lb/>
Symptome, dann i&#x017F;t es hohe Zeit einzu&#x017F;chreiten und<lb/>
den Augen die no&#x0364;thige Ruhe zu go&#x0364;nnen. Von nun<lb/>
an, bis das Ge&#x017F;icht vo&#x0364;llig wieder herge&#x017F;tellt i&#x017F;t,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0160] erſcheinen und ſo verlieren ſie endlich die Faͤhigkeit, ferne Gegenſtaͤnde zu erkennen. Aber auch bei gutem Lichte iſt es nicht moͤglich, daß ein Kind ſo viele Stunden des Tages immerfort auf Buchſtaben ſehe, ohne kurzſichtig zu werden. Schuͤler, die ihr gutes Geſicht behalten, ſind faſt immer ſolche, die waͤhrend der Schulzeit weit eher an’s Spielen als an das Auswendiglernen denken, und ſtatt ihre Exercitien ſelbſt zu machen, den einfachern Weg waͤhlen, ſie von einem Kameraden abzuſchreiben. Die Kurzſichtigkeit erreicht nicht auf einmal einen hohen Grad, ſondern verkleinert allmaͤlig den ſichtbaren Horizont. Es waͤre daher ſehr zu wünſchen, daß Eltern von Zeit zu Zeit Proben mit den Augen ihrer Kinder anſtellten, um die erſten Spuren eines Fehlers auf- zufinden, der gewoͤhnlich durch Unachtſamkeit erſt dann entdeckt wird, wenn er ſchon eine bedeutende Hoͤhe erreicht hat. Gewoͤhnlich, da dieſelben Urſachen beide Uebel mit ſich fuͤhren, meldet ſich die Kurz- ſichtigkeit zugleich mit Augenſchwaͤche; das Kind be- kommt thraͤnende roͤthliche Augen, beſonders Abends, und klagt über Schmerzen, vorzuͤglich wenn es bei Licht leſen oder ſchreiben ſoll. Zeigen ſich dieſe Symptome, dann iſt es hohe Zeit einzuſchreiten und den Augen die noͤthige Ruhe zu goͤnnen. Von nun an, bis das Geſicht voͤllig wieder hergeſtellt iſt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/160
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/160>, abgerufen am 25.11.2024.