Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

lassen, die voraussichtlich ein trauriges und sieches
Leben herbeiführen müssen.

Aber indem wir durch eine richtige Leitung
das Kind mit dem köstlichen Gute der körperlichen
Gesundheit bereichern, geben wir ihm zugleich jene
heitere fröhliche Stimmung, die der Tugend so zu-
träglich ist und das Aufwachsen in allem Guten so
sehr unterstützt. Der gewöhnliche Gemüthszustand
eines gesunden Kindes ist wohlwollend, liebenswürdig
und vergnügt; im Vollgefühl seines Glücks ist es
freundlich gegen Jedermann; eine gleichmäßige, heitere
Stimmung wird ihm zur Gewohnheit. Gegen das
Ueberhandnehmen wie vieler verderblichen Affecte
wird es nicht durch diese glückliche Grundstimmung
geschützt!

Wenn ein heftiger Zornanfall die Verdauung
plötzlich stört und den Menschen aller Vernunft beraubt,
so macht anderseits eine besondere Reizbarkeit des
Nervensystems zu diesem Affecte vorzüglich geneigt.

Reizbare Nerven können aber bei einer vernünftig
geleiteten physischen Erziehung durchaus nicht vor-
kommen, und somit wird der verderblichen Lei-
denschaft des Zornes die stärkste Wurzel abge-
schnitten.

Neid und Mißgunst können sich nur bei einem
kränklichen Kinde zeigen. Wie! dieser muntere, roth-
wangige Knabe, dieses fröhliche, gesunde Mädchen

laſſen, die vorausſichtlich ein trauriges und ſieches
Leben herbeifuͤhren muͤſſen.

Aber indem wir durch eine richtige Leitung
das Kind mit dem koͤſtlichen Gute der koͤrperlichen
Geſundheit bereichern, geben wir ihm zugleich jene
heitere froͤhliche Stimmung, die der Tugend ſo zu-
traͤglich iſt und das Aufwachſen in allem Guten ſo
ſehr unterſtuͤtzt. Der gewoͤhnliche Gemuͤthszuſtand
eines geſunden Kindes iſt wohlwollend, liebenswuͤrdig
und vergnuͤgt; im Vollgefuͤhl ſeines Gluͤcks iſt es
freundlich gegen Jedermann; eine gleichmaͤßige, heitere
Stimmung wird ihm zur Gewohnheit. Gegen das
Ueberhandnehmen wie vieler verderblichen Affecte
wird es nicht durch dieſe gluͤckliche Grundſtimmung
geſchuͤtzt!

Wenn ein heftiger Zornanfall die Verdauung
ploͤtzlich ſtoͤrt und den Menſchen aller Vernunft beraubt,
ſo macht anderſeits eine beſondere Reizbarkeit des
Nervenſyſtems zu dieſem Affecte vorzuͤglich geneigt.

Reizbare Nerven koͤnnen aber bei einer vernünftig
geleiteten phyſiſchen Erziehung durchaus nicht vor-
kommen, und ſomit wird der verderblichen Lei-
denſchaft des Zornes die ſtaͤrkſte Wurzel abge-
ſchnitten.

Neid und Mißgunſt koͤnnen ſich nur bei einem
kraͤnklichen Kinde zeigen. Wie! dieſer muntere, roth-
wangige Knabe, dieſes froͤhliche, geſunde Maͤdchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0112" n="102"/>
la&#x017F;&#x017F;en, die voraus&#x017F;ichtlich ein trauriges und &#x017F;ieches<lb/>
Leben herbeifu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Aber indem wir durch eine richtige Leitung<lb/>
das Kind mit dem ko&#x0364;&#x017F;tlichen Gute der ko&#x0364;rperlichen<lb/>
Ge&#x017F;undheit bereichern, geben wir ihm zugleich jene<lb/>
heitere fro&#x0364;hliche Stimmung, die der Tugend &#x017F;o zu-<lb/>
tra&#x0364;glich i&#x017F;t und das Aufwach&#x017F;en in allem Guten &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr unter&#x017F;tu&#x0364;tzt. Der gewo&#x0364;hnliche Gemu&#x0364;thszu&#x017F;tand<lb/>
eines ge&#x017F;unden Kindes i&#x017F;t wohlwollend, liebenswu&#x0364;rdig<lb/>
und vergnu&#x0364;gt; im Vollgefu&#x0364;hl &#x017F;eines Glu&#x0364;cks i&#x017F;t es<lb/>
freundlich gegen Jedermann; eine gleichma&#x0364;ßige, heitere<lb/>
Stimmung wird ihm zur Gewohnheit. Gegen das<lb/>
Ueberhandnehmen wie vieler verderblichen Affecte<lb/>
wird es nicht durch die&#x017F;e glu&#x0364;ckliche Grund&#x017F;timmung<lb/>
ge&#x017F;chu&#x0364;tzt!</p><lb/>
        <p>Wenn ein heftiger Zornanfall die Verdauung<lb/>
plo&#x0364;tzlich &#x017F;to&#x0364;rt und den Men&#x017F;chen aller Vernunft beraubt,<lb/>
&#x017F;o macht ander&#x017F;eits eine be&#x017F;ondere Reizbarkeit des<lb/>
Nerven&#x017F;y&#x017F;tems zu die&#x017F;em Affecte vorzu&#x0364;glich geneigt.</p><lb/>
        <p>Reizbare Nerven ko&#x0364;nnen aber bei einer vernünftig<lb/>
geleiteten phy&#x017F;i&#x017F;chen Erziehung durchaus nicht vor-<lb/>
kommen, und &#x017F;omit wird der verderblichen Lei-<lb/>
den&#x017F;chaft des Zornes die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;te Wurzel abge-<lb/>
&#x017F;chnitten.</p><lb/>
        <p>Neid und Mißgun&#x017F;t ko&#x0364;nnen &#x017F;ich nur bei einem<lb/>
kra&#x0364;nklichen Kinde zeigen. Wie! die&#x017F;er muntere, roth-<lb/>
wangige Knabe, die&#x017F;es fro&#x0364;hliche, ge&#x017F;unde Ma&#x0364;dchen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0112] laſſen, die vorausſichtlich ein trauriges und ſieches Leben herbeifuͤhren muͤſſen. Aber indem wir durch eine richtige Leitung das Kind mit dem koͤſtlichen Gute der koͤrperlichen Geſundheit bereichern, geben wir ihm zugleich jene heitere froͤhliche Stimmung, die der Tugend ſo zu- traͤglich iſt und das Aufwachſen in allem Guten ſo ſehr unterſtuͤtzt. Der gewoͤhnliche Gemuͤthszuſtand eines geſunden Kindes iſt wohlwollend, liebenswuͤrdig und vergnuͤgt; im Vollgefuͤhl ſeines Gluͤcks iſt es freundlich gegen Jedermann; eine gleichmaͤßige, heitere Stimmung wird ihm zur Gewohnheit. Gegen das Ueberhandnehmen wie vieler verderblichen Affecte wird es nicht durch dieſe gluͤckliche Grundſtimmung geſchuͤtzt! Wenn ein heftiger Zornanfall die Verdauung ploͤtzlich ſtoͤrt und den Menſchen aller Vernunft beraubt, ſo macht anderſeits eine beſondere Reizbarkeit des Nervenſyſtems zu dieſem Affecte vorzuͤglich geneigt. Reizbare Nerven koͤnnen aber bei einer vernünftig geleiteten phyſiſchen Erziehung durchaus nicht vor- kommen, und ſomit wird der verderblichen Lei- denſchaft des Zornes die ſtaͤrkſte Wurzel abge- ſchnitten. Neid und Mißgunſt koͤnnen ſich nur bei einem kraͤnklichen Kinde zeigen. Wie! dieſer muntere, roth- wangige Knabe, dieſes froͤhliche, geſunde Maͤdchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/112
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/112>, abgerufen am 23.11.2024.