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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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schätzen und man erkannte, von welcher Bedeutung es wäre,
wenn die Postanstalten, statt sich gegenseitig zu befehden und
zu belästigen, gemeinsam auf die besten Mittel dächten, ihrem
gemeinsamen Zwecke am besten zu dienen.

Der Vertrag zu Wesel vom Jahre 1722, welchen Preußen
mit dem Fürsten Anselm von Thurn und Taxis geschlossen
hatte, gibt ein beredtes Zeugniß hiefür; denn als Princip dieses
Postvertrags wurde an die Spitze gestellt: Beständiges gutes
Einvernehmen, Beförderung des Verkehrs, gemeinschaftliche
Maßregeln gegen feindselige Vorgänge, wenn diese zum Schaden
der beiden Posten gereichen sollten. Stephan sagt1): "Dieser
Vertrag bewies zugleich, daß das Nebeneinanderbestehen
der Reichs- und der Territorialposten mit der Vervollkommnung
des deutschen Postwesens nicht unverträglich sei. -- Jn seinen
Motiven liegt sogar das Zugeständniß der Nothwendigkeit eines
die kleineren deutschen Staatsgebiete gemeinsam umfassenden
Postinstitutes, das, unter einheitliche Leitung gestellt, die droh-
ende Zersplitterung des nationalen Postwesens abzuwenden ver-
mochte." --

Die günstige Folge, welche der Vertrag zu Wesel auf das
ruhige Fortschreiten des Postwesens übte, dauerte länger als
30 Jahre, und der durch ihn geschaffene Standpunkt der Reichs-
postanstalt inmitten zwischen der preußischen Staatspost und
der österreichischen Landespost würde selbst bis zu der folgen-
schweren Umgestaltung, welcher die deutschen Staatsrechts-
Territorial- und Verfassungszustände im Anfange des 19. Jahr-
hunderts seit dem Lüneviller Frieden unterlagen, derselbe ge-

1) Stephan, a. a. O. pag. 177.

ſchätzen und man erkannte, von welcher Bedeutung es wäre,
wenn die Poſtanſtalten, ſtatt ſich gegenſeitig zu befehden und
zu beläſtigen, gemeinſam auf die beſten Mittel dächten, ihrem
gemeinſamen Zwecke am beſten zu dienen.

Der Vertrag zu Weſel vom Jahre 1722, welchen Preußen
mit dem Fürſten Anſelm von Thurn und Taxis geſchloſſen
hatte, gibt ein beredtes Zeugniß hiefür; denn als Princip dieſes
Poſtvertrags wurde an die Spitze geſtellt: Beſtändiges gutes
Einvernehmen, Beförderung des Verkehrs, gemeinſchaftliche
Maßregeln gegen feindſelige Vorgänge, wenn dieſe zum Schaden
der beiden Poſten gereichen ſollten. Stephan ſagt1): „Dieſer
Vertrag bewies zugleich, daß das Nebeneinanderbeſtehen
der Reichs- und der Territorialpoſten mit der Vervollkommnung
des deutſchen Poſtweſens nicht unverträglich ſei. — Jn ſeinen
Motiven liegt ſogar das Zugeſtändniß der Nothwendigkeit eines
die kleineren deutſchen Staatsgebiete gemeinſam umfaſſenden
Poſtinſtitutes, das, unter einheitliche Leitung geſtellt, die droh-
ende Zerſplitterung des nationalen Poſtweſens abzuwenden ver-
mochte.“ —

Die günſtige Folge, welche der Vertrag zu Weſel auf das
ruhige Fortſchreiten des Poſtweſens übte, dauerte länger als
30 Jahre, und der durch ihn geſchaffene Standpunkt der Reichs-
poſtanſtalt inmitten zwiſchen der preußiſchen Staatspoſt und
der öſterreichiſchen Landespoſt würde ſelbſt bis zu der folgen-
ſchweren Umgeſtaltung, welcher die deutſchen Staatsrechts-
Territorial- und Verfaſſungszuſtände im Anfange des 19. Jahr-
hunderts ſeit dem Lüneviller Frieden unterlagen, derſelbe ge-

1) Stephan, a. a. O. pag. 177.
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[350/0363] ſchätzen und man erkannte, von welcher Bedeutung es wäre, wenn die Poſtanſtalten, ſtatt ſich gegenſeitig zu befehden und zu beläſtigen, gemeinſam auf die beſten Mittel dächten, ihrem gemeinſamen Zwecke am beſten zu dienen. Der Vertrag zu Weſel vom Jahre 1722, welchen Preußen mit dem Fürſten Anſelm von Thurn und Taxis geſchloſſen hatte, gibt ein beredtes Zeugniß hiefür; denn als Princip dieſes Poſtvertrags wurde an die Spitze geſtellt: Beſtändiges gutes Einvernehmen, Beförderung des Verkehrs, gemeinſchaftliche Maßregeln gegen feindſelige Vorgänge, wenn dieſe zum Schaden der beiden Poſten gereichen ſollten. Stephan ſagt 1): „Dieſer Vertrag bewies zugleich, daß das Nebeneinanderbeſtehen der Reichs- und der Territorialpoſten mit der Vervollkommnung des deutſchen Poſtweſens nicht unverträglich ſei. — Jn ſeinen Motiven liegt ſogar das Zugeſtändniß der Nothwendigkeit eines die kleineren deutſchen Staatsgebiete gemeinſam umfaſſenden Poſtinſtitutes, das, unter einheitliche Leitung geſtellt, die droh- ende Zerſplitterung des nationalen Poſtweſens abzuwenden ver- mochte.“ — Die günſtige Folge, welche der Vertrag zu Weſel auf das ruhige Fortſchreiten des Poſtweſens übte, dauerte länger als 30 Jahre, und der durch ihn geſchaffene Standpunkt der Reichs- poſtanſtalt inmitten zwiſchen der preußiſchen Staatspoſt und der öſterreichiſchen Landespoſt würde ſelbſt bis zu der folgen- ſchweren Umgeſtaltung, welcher die deutſchen Staatsrechts- Territorial- und Verfaſſungszuſtände im Anfange des 19. Jahr- hunderts ſeit dem Lüneviller Frieden unterlagen, derſelbe ge- 1) Stephan, a. a. O. pag. 177.

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/363>, abgerufen am 24.11.2024.