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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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Postwesen im churfürstlichen Project der Wahlcapitulation be-
griffen sei, beschwere in vielen Dingen die Stände, in deren
Gebiet der Reichspostmeister die Posten anordne; denn warum
sollen die Postbedienten von Personaldiensten, von Accise und
andern dergleichen Abgaben befreit sein?

Warum soll der Reichspostmeister in den Territorien der
Stände Posten nach Belieben anstellen können und die Stände
gehalten sein, ihm hiezu Wohnungen und andere Bequemlich-
keiten zu verschaffen? Warum soll der Landeshoheit ein solcher
Eintrag geschehen, daß die Reichsstände das Stadt- und Land-
botenwesen, welches doch dem gemeinen Besten so nützlich und
den Reisenden so nöthig sei, nicht gehörig zu ordnen vermögen?
Warum soll ein Stand des Reiches leiden müssen, daß sich
in seinem Gebiete Leute und Körperschaften setzen, welche seine
Gerichtsbarkeit nicht anerkennen, sondern unter dem Schutze
und der Autorität eines ausländischen, in Brüssel sitzenden
Grafen oder Fürsten ihr eigenes Wesen haben und gleichsam
einen Staat im Staate bilden? Warum soll man zusehen
und geschehen lassen, daß der Reichspostmeister nach seinem
eigenen Belieben die Briefe taxire und so den Ständen und
ihren Unterthanen gleichsam eine Steuer auflege und solche
schätze1)?

Zur Beseitigung dieser Beschwerden machten die welt-
lichen
Stände den Vorschlag, daß der Artikel 29 der Wahl-
capitulation in folgender Weise gefaßt werde: "Der Kaiser
will keineswegs gestatten, daß den von Churfürsten, Fürsten
und Ständen in ihren Ländern der Posten halber gemachten

1) Stängel, das deutsche Postwesen. Stuttgart 1844 pag. 56. 57.

Poſtweſen im churfürſtlichen Project der Wahlcapitulation be-
griffen ſei, beſchwere in vielen Dingen die Stände, in deren
Gebiet der Reichspoſtmeiſter die Poſten anordne; denn warum
ſollen die Poſtbedienten von Perſonaldienſten, von Acciſe und
andern dergleichen Abgaben befreit ſein?

Warum ſoll der Reichspoſtmeiſter in den Territorien der
Stände Poſten nach Belieben anſtellen können und die Stände
gehalten ſein, ihm hiezu Wohnungen und andere Bequemlich-
keiten zu verſchaffen? Warum ſoll der Landeshoheit ein ſolcher
Eintrag geſchehen, daß die Reichsſtände das Stadt- und Land-
botenweſen, welches doch dem gemeinen Beſten ſo nützlich und
den Reiſenden ſo nöthig ſei, nicht gehörig zu ordnen vermögen?
Warum ſoll ein Stand des Reiches leiden müſſen, daß ſich
in ſeinem Gebiete Leute und Körperſchaften ſetzen, welche ſeine
Gerichtsbarkeit nicht anerkennen, ſondern unter dem Schutze
und der Autorität eines ausländiſchen, in Brüſſel ſitzenden
Grafen oder Fürſten ihr eigenes Weſen haben und gleichſam
einen Staat im Staate bilden? Warum ſoll man zuſehen
und geſchehen laſſen, daß der Reichspoſtmeiſter nach ſeinem
eigenen Belieben die Briefe taxire und ſo den Ständen und
ihren Unterthanen gleichſam eine Steuer auflege und ſolche
ſchätze1)?

Zur Beſeitigung dieſer Beſchwerden machten die welt-
lichen
Stände den Vorſchlag, daß der Artikel 29 der Wahl-
capitulation in folgender Weiſe gefaßt werde: „Der Kaiſer
will keineswegs geſtatten, daß den von Churfürſten, Fürſten
und Ständen in ihren Ländern der Poſten halber gemachten

1) Stängel, das deutſche Poſtweſen. Stuttgart 1844 pag. 56. 57.
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[342/0355] Poſtweſen im churfürſtlichen Project der Wahlcapitulation be- griffen ſei, beſchwere in vielen Dingen die Stände, in deren Gebiet der Reichspoſtmeiſter die Poſten anordne; denn warum ſollen die Poſtbedienten von Perſonaldienſten, von Acciſe und andern dergleichen Abgaben befreit ſein? Warum ſoll der Reichspoſtmeiſter in den Territorien der Stände Poſten nach Belieben anſtellen können und die Stände gehalten ſein, ihm hiezu Wohnungen und andere Bequemlich- keiten zu verſchaffen? Warum ſoll der Landeshoheit ein ſolcher Eintrag geſchehen, daß die Reichsſtände das Stadt- und Land- botenweſen, welches doch dem gemeinen Beſten ſo nützlich und den Reiſenden ſo nöthig ſei, nicht gehörig zu ordnen vermögen? Warum ſoll ein Stand des Reiches leiden müſſen, daß ſich in ſeinem Gebiete Leute und Körperſchaften ſetzen, welche ſeine Gerichtsbarkeit nicht anerkennen, ſondern unter dem Schutze und der Autorität eines ausländiſchen, in Brüſſel ſitzenden Grafen oder Fürſten ihr eigenes Weſen haben und gleichſam einen Staat im Staate bilden? Warum ſoll man zuſehen und geſchehen laſſen, daß der Reichspoſtmeiſter nach ſeinem eigenen Belieben die Briefe taxire und ſo den Ständen und ihren Unterthanen gleichſam eine Steuer auflege und ſolche ſchätze 1)? Zur Beſeitigung dieſer Beſchwerden machten die welt- lichen Stände den Vorſchlag, daß der Artikel 29 der Wahl- capitulation in folgender Weiſe gefaßt werde: „Der Kaiſer will keineswegs geſtatten, daß den von Churfürſten, Fürſten und Ständen in ihren Ländern der Poſten halber gemachten 1) Stängel, das deutſche Poſtweſen. Stuttgart 1844 pag. 56. 57.

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/355>, abgerufen am 23.11.2024.