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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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Tugend leisten konnte, das ward durch die Entartung desselben,
durch die tollen, verbrecherischen Auswüchse des Raubritterthums
wieder paralisirt, was Handel und Verkehr, was Gewerbe und
städtisches Zusammenleben an Aufklärung gewonnen, das wußte
die Hierarchie jener Zeiten mit dem, wenn auch poesie- und
thatenreichen, dennoch mißlungenen Unternehmen der Kreuzzüge
wieder in den vorigen Schlummer zu lullen.

Glücklicherweise brach der natürliche, gesunde, nach Freiheit
sich sehnende Sinn der Völker die ihm neu aufgezwungenen
Fesseln, und wenn die Kreuzzüge sonst keinen moralischen Vor-
theil brachten, so hatten sie doch den, daß sie die Nationen aus
ihrer Jsolirung rissen, daß sie die Völker Europa's aus jener
traurigen Stagnation in's Feld der gemeinsamen Thätigkeit
riefen, daß sie dieselben unter einander gewürfelt und auf un-
zähligen Berührungspunkten in Wechselwirkung gesetzt hat.

Jn Folge dieser Wirkungen der Kreuzzüge begann auch
mit dem Schlusse derselben ein neuer Umschwung und wenn auch
noch viel Barbarei zurückgeblieben war, wenn noch immer
keine Rechtssicherheit den Verkehr zu beleben versprach, wenn
im Gegentheil gerade noch im und nach dem 13. Jahrhundert
die Ordalien, der Zweikampf, die schreckliche Tortur und vor Allem
das furchtbarste aller Gerichte, die Vehme, den Boden zur Ge-
nüge kennzeichnet, auf welchem sich Recht und Gesetz bewegte, wenn
trotz des geheimnißvollen Schleiers der Vehme, die ganz Deutsch-
land mit Angst, Beunruhigung und dem Gefühl der Unsicher-
heit überzog, wenn trotz solcher barbarischer Sitten und Zustände
dennoch der Verkehr sich im Allgemeinen erhielt, wenn trotz
der vielen Beschwerungen in Folge von roher Privatleidenschaft,
Raubsucht und Neid, meist vom Ritterstande ausgehend, dennoch

Tugend leiſten konnte, das ward durch die Entartung deſſelben,
durch die tollen, verbrecheriſchen Auswüchſe des Raubritterthums
wieder paraliſirt, was Handel und Verkehr, was Gewerbe und
ſtädtiſches Zuſammenleben an Aufklärung gewonnen, das wußte
die Hierarchie jener Zeiten mit dem, wenn auch poeſie- und
thatenreichen, dennoch mißlungenen Unternehmen der Kreuzzüge
wieder in den vorigen Schlummer zu lullen.

Glücklicherweiſe brach der natürliche, geſunde, nach Freiheit
ſich ſehnende Sinn der Völker die ihm neu aufgezwungenen
Feſſeln, und wenn die Kreuzzüge ſonſt keinen moraliſchen Vor-
theil brachten, ſo hatten ſie doch den, daß ſie die Nationen aus
ihrer Jſolirung riſſen, daß ſie die Völker Europa's aus jener
traurigen Stagnation in's Feld der gemeinſamen Thätigkeit
riefen, daß ſie dieſelben unter einander gewürfelt und auf un-
zähligen Berührungspunkten in Wechſelwirkung geſetzt hat.

Jn Folge dieſer Wirkungen der Kreuzzüge begann auch
mit dem Schluſſe derſelben ein neuer Umſchwung und wenn auch
noch viel Barbarei zurückgeblieben war, wenn noch immer
keine Rechtsſicherheit den Verkehr zu beleben verſprach, wenn
im Gegentheil gerade noch im und nach dem 13. Jahrhundert
die Ordalien, der Zweikampf, die ſchreckliche Tortur und vor Allem
das furchtbarſte aller Gerichte, die Vehme, den Boden zur Ge-
nüge kennzeichnet, auf welchem ſich Recht und Geſetz bewegte, wenn
trotz des geheimnißvollen Schleiers der Vehme, die ganz Deutſch-
land mit Angſt, Beunruhigung und dem Gefühl der Unſicher-
heit überzog, wenn trotz ſolcher barbariſcher Sitten und Zuſtände
dennoch der Verkehr ſich im Allgemeinen erhielt, wenn trotz
der vielen Beſchwerungen in Folge von roher Privatleidenſchaft,
Raubſucht und Neid, meiſt vom Ritterſtande ausgehend, dennoch

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[178/0191] Tugend leiſten konnte, das ward durch die Entartung deſſelben, durch die tollen, verbrecheriſchen Auswüchſe des Raubritterthums wieder paraliſirt, was Handel und Verkehr, was Gewerbe und ſtädtiſches Zuſammenleben an Aufklärung gewonnen, das wußte die Hierarchie jener Zeiten mit dem, wenn auch poeſie- und thatenreichen, dennoch mißlungenen Unternehmen der Kreuzzüge wieder in den vorigen Schlummer zu lullen. Glücklicherweiſe brach der natürliche, geſunde, nach Freiheit ſich ſehnende Sinn der Völker die ihm neu aufgezwungenen Feſſeln, und wenn die Kreuzzüge ſonſt keinen moraliſchen Vor- theil brachten, ſo hatten ſie doch den, daß ſie die Nationen aus ihrer Jſolirung riſſen, daß ſie die Völker Europa's aus jener traurigen Stagnation in's Feld der gemeinſamen Thätigkeit riefen, daß ſie dieſelben unter einander gewürfelt und auf un- zähligen Berührungspunkten in Wechſelwirkung geſetzt hat. Jn Folge dieſer Wirkungen der Kreuzzüge begann auch mit dem Schluſſe derſelben ein neuer Umſchwung und wenn auch noch viel Barbarei zurückgeblieben war, wenn noch immer keine Rechtsſicherheit den Verkehr zu beleben verſprach, wenn im Gegentheil gerade noch im und nach dem 13. Jahrhundert die Ordalien, der Zweikampf, die ſchreckliche Tortur und vor Allem das furchtbarſte aller Gerichte, die Vehme, den Boden zur Ge- nüge kennzeichnet, auf welchem ſich Recht und Geſetz bewegte, wenn trotz des geheimnißvollen Schleiers der Vehme, die ganz Deutſch- land mit Angſt, Beunruhigung und dem Gefühl der Unſicher- heit überzog, wenn trotz ſolcher barbariſcher Sitten und Zuſtände dennoch der Verkehr ſich im Allgemeinen erhielt, wenn trotz der vielen Beſchwerungen in Folge von roher Privatleidenſchaft, Raubſucht und Neid, meiſt vom Ritterſtande ausgehend, dennoch

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/191>, abgerufen am 22.11.2024.