Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

diger Anstalten entstanden, welche, wenn auch jede für sich in
beschränkten Kreisen wirkend und erst nach und nach und sehr
langsam zu allgemeinen Verbindungen sich ausdehnend, die
Postanstalten der Römer ersetzten. --

Die Mannigfaltigkeit der Anstalten ist freilich so zersplittert,
daß man nur schwer den Faden findet, der sich von denselben
das ganze Mittelalter hindurch, bis herein in die neue Zeit
fortzieht. -- Aber doch ist es eine ununterbrochene Kette, wenn
auch die Geschichte des Mittelalters, namentlich in den ersten
Jahrhunderten desselben uns nur spärliche Anhaltspunkte über-
liefert hat.

Jn Deutschland vornehmlich war der antiquirten Verpflicht-
ung, paratas zu stellen und nach dem Gebote der Tractorien
für Unterkunft und Herberge königlicher Beamten und Diener
zu sorgen, die ächt germanische Sitte zuvorgekommen, den Kö-
nigen und Kaisern auf den Reisen, welche sie in öffentlichen
Angelegenheiten unternahmen, alle jene Bedürfnisse, welche die
Reise mit sich brachte, freiwillig darzubieten.

Jndeß war trotz der Völkerwanderung von den römischen
Einrichtungen doch immerhin eine so lebendige Erinnerung zu-
rückgeblieben, daß Fürsten und Könige aus dieser Freiwilligkeit
eine Uebung und aus der Uebung ein Recht zu machen wußten.
Seitdem namentlich Karl der Große durch alle seine Einricht-
ungen die römische Zeit lebhafter in das Bewußtsein zurück-
gerufen hatte, verbanden sich die strengen Ueberlieferungen der
römischen Kaisergewalt mit den hergebrachten Uebungen des
deutschen Königthums.

So entwickelte sich allgemach das Recht der Hoffolge1).

1) Flegler, zur Geschichte der Posten.
11

diger Anſtalten entſtanden, welche, wenn auch jede für ſich in
beſchränkten Kreiſen wirkend und erſt nach und nach und ſehr
langſam zu allgemeinen Verbindungen ſich ausdehnend, die
Poſtanſtalten der Römer erſetzten. —

Die Mannigfaltigkeit der Anſtalten iſt freilich ſo zerſplittert,
daß man nur ſchwer den Faden findet, der ſich von denſelben
das ganze Mittelalter hindurch, bis herein in die neue Zeit
fortzieht. — Aber doch iſt es eine ununterbrochene Kette, wenn
auch die Geſchichte des Mittelalters, namentlich in den erſten
Jahrhunderten deſſelben uns nur ſpärliche Anhaltspunkte über-
liefert hat.

Jn Deutſchland vornehmlich war der antiquirten Verpflicht-
ung, paratas zu ſtellen und nach dem Gebote der Tractorien
für Unterkunft und Herberge königlicher Beamten und Diener
zu ſorgen, die ächt germaniſche Sitte zuvorgekommen, den Kö-
nigen und Kaiſern auf den Reiſen, welche ſie in öffentlichen
Angelegenheiten unternahmen, alle jene Bedürfniſſe, welche die
Reiſe mit ſich brachte, freiwillig darzubieten.

Jndeß war trotz der Völkerwanderung von den römiſchen
Einrichtungen doch immerhin eine ſo lebendige Erinnerung zu-
rückgeblieben, daß Fürſten und Könige aus dieſer Freiwilligkeit
eine Uebung und aus der Uebung ein Recht zu machen wußten.
Seitdem namentlich Karl der Große durch alle ſeine Einricht-
ungen die römiſche Zeit lebhafter in das Bewußtſein zurück-
gerufen hatte, verbanden ſich die ſtrengen Ueberlieferungen der
römiſchen Kaiſergewalt mit den hergebrachten Uebungen des
deutſchen Königthums.

So entwickelte ſich allgemach das Recht der Hoffolge1).

1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten.
11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0174" n="161"/>
diger An&#x017F;talten ent&#x017F;tanden, welche, wenn auch jede für &#x017F;ich in<lb/>
be&#x017F;chränkten Krei&#x017F;en wirkend und er&#x017F;t nach und nach und &#x017F;ehr<lb/>
lang&#x017F;am zu allgemeinen Verbindungen &#x017F;ich ausdehnend, die<lb/>
Po&#x017F;tan&#x017F;talten der Römer er&#x017F;etzten. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Die Mannigfaltigkeit der An&#x017F;talten i&#x017F;t freilich &#x017F;o zer&#x017F;plittert,<lb/>
daß man nur &#x017F;chwer den Faden findet, der &#x017F;ich von den&#x017F;elben<lb/>
das ganze Mittelalter hindurch, bis herein in die neue Zeit<lb/>
fortzieht. &#x2014; Aber doch i&#x017F;t es eine ununterbrochene Kette, wenn<lb/>
auch die Ge&#x017F;chichte des Mittelalters, namentlich in den er&#x017F;ten<lb/>
Jahrhunderten de&#x017F;&#x017F;elben uns nur &#x017F;pärliche Anhaltspunkte über-<lb/>
liefert hat.</p><lb/>
            <p>Jn Deut&#x017F;chland vornehmlich war der antiquirten Verpflicht-<lb/>
ung, <hi rendition="#aq">paratas</hi> zu &#x017F;tellen und nach dem Gebote der Tractorien<lb/>
für Unterkunft und Herberge königlicher Beamten und Diener<lb/>
zu &#x017F;orgen, die ächt germani&#x017F;che Sitte zuvorgekommen, den Kö-<lb/>
nigen und Kai&#x017F;ern auf den Rei&#x017F;en, welche &#x017F;ie in öffentlichen<lb/>
Angelegenheiten unternahmen, alle jene Bedürfni&#x017F;&#x017F;e, welche die<lb/>
Rei&#x017F;e mit &#x017F;ich brachte, <hi rendition="#g">freiwillig</hi> darzubieten.</p><lb/>
            <p>Jndeß war trotz der Völkerwanderung von den römi&#x017F;chen<lb/>
Einrichtungen doch immerhin eine &#x017F;o lebendige Erinnerung zu-<lb/>
rückgeblieben, daß Für&#x017F;ten und Könige aus die&#x017F;er Freiwilligkeit<lb/>
eine Uebung und aus der Uebung ein Recht zu machen wußten.<lb/>
Seitdem namentlich Karl der Große durch alle &#x017F;eine Einricht-<lb/>
ungen die römi&#x017F;che Zeit lebhafter in das Bewußt&#x017F;ein zurück-<lb/>
gerufen hatte, verbanden &#x017F;ich die &#x017F;trengen Ueberlieferungen der<lb/>
römi&#x017F;chen Kai&#x017F;ergewalt mit den hergebrachten Uebungen des<lb/>
deut&#x017F;chen Königthums.</p><lb/>
            <p>So entwickelte &#x017F;ich allgemach das Recht der Hoffolge<note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Flegler</hi>, zur Ge&#x017F;chichte der Po&#x017F;ten.</note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">11</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0174] diger Anſtalten entſtanden, welche, wenn auch jede für ſich in beſchränkten Kreiſen wirkend und erſt nach und nach und ſehr langſam zu allgemeinen Verbindungen ſich ausdehnend, die Poſtanſtalten der Römer erſetzten. — Die Mannigfaltigkeit der Anſtalten iſt freilich ſo zerſplittert, daß man nur ſchwer den Faden findet, der ſich von denſelben das ganze Mittelalter hindurch, bis herein in die neue Zeit fortzieht. — Aber doch iſt es eine ununterbrochene Kette, wenn auch die Geſchichte des Mittelalters, namentlich in den erſten Jahrhunderten deſſelben uns nur ſpärliche Anhaltspunkte über- liefert hat. Jn Deutſchland vornehmlich war der antiquirten Verpflicht- ung, paratas zu ſtellen und nach dem Gebote der Tractorien für Unterkunft und Herberge königlicher Beamten und Diener zu ſorgen, die ächt germaniſche Sitte zuvorgekommen, den Kö- nigen und Kaiſern auf den Reiſen, welche ſie in öffentlichen Angelegenheiten unternahmen, alle jene Bedürfniſſe, welche die Reiſe mit ſich brachte, freiwillig darzubieten. Jndeß war trotz der Völkerwanderung von den römiſchen Einrichtungen doch immerhin eine ſo lebendige Erinnerung zu- rückgeblieben, daß Fürſten und Könige aus dieſer Freiwilligkeit eine Uebung und aus der Uebung ein Recht zu machen wußten. Seitdem namentlich Karl der Große durch alle ſeine Einricht- ungen die römiſche Zeit lebhafter in das Bewußtſein zurück- gerufen hatte, verbanden ſich die ſtrengen Ueberlieferungen der römiſchen Kaiſergewalt mit den hergebrachten Uebungen des deutſchen Königthums. So entwickelte ſich allgemach das Recht der Hoffolge 1). 1) Flegler, zur Geſchichte der Poſten. 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/174
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/174>, abgerufen am 25.11.2024.