Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

nungen und Gesetze, die der neuen Zeit auch neue Verkehrs-
anstalten gebracht hätten. Es gab keine weitausgreifenden Ver-
bindungen, die durch ein gleiches System in eine und dieselbe
Form gegossen waren, es gab keine eigens für den Verkehr er-
haltenen Stationen, es gab keine bestimmten Mansionen, es
gab kein Personale, das ausschließlich für den Dienst des Ver-
kehrs, wie bei den Römern aufgestellt und für den geregelten
Gang der Anstalt zu sorgen beauftragt war; -- sondern es
gab nur noch verödete Straßen und die verfallenden Brücken;
geblieben war das Princip, die Leistungen der Unterthanen,
wenigstens so weit es nothwendig, in Anspruch zu nehmen.

Die Erinnerung und das Herkommen sagte, wer, wessen
Haus und Hof früher die Leistungen zu tragen hatte, -- Kai-
ser Karl verordnete -- wo und von von wem jeher (antiquitus)
die Vorspannsdienste und Beherbergung zu leisten waren, an
demselben Ort und von dem gleichen resp. vererbten Besitzer
und Eigenthümer sollen auch jetzt die Leistungen erfolgen. --

So erhielten sich Beförderungs-Gelegenheiten, wie sie eben
dem Bedürfniß jener Zeiten entsprachen; von einer Schnellig-
keit derselben, von einem unmittelbaren Anschluß der einen
Route an die andere, sehen wir nichts, wenn auch Verord-
nungen häufig darauf hinweisen, daß an den gewohnten
Orten Alles zu jeder Zeit in Bereitschaft gesetzt sei, um Ver-
zögerungen zu vermeiden.

Es gebrach an der einheitlichen Leitung und man brauchte
auch nicht mehr Verkehrswege und Verkehrsanstalten, denn es
fehlte das gemeinsame Bedürfniß.

Die Greuel der Verwüstung, die im Geleite der wandern-
den barbarischen Völkerschwärme über Europa gekommen waren,

nungen und Geſetze, die der neuen Zeit auch neue Verkehrs-
anſtalten gebracht hätten. Es gab keine weitausgreifenden Ver-
bindungen, die durch ein gleiches Syſtem in eine und dieſelbe
Form gegoſſen waren, es gab keine eigens für den Verkehr er-
haltenen Stationen, es gab keine beſtimmten Manſionen, es
gab kein Perſonale, das ausſchließlich für den Dienſt des Ver-
kehrs, wie bei den Römern aufgeſtellt und für den geregelten
Gang der Anſtalt zu ſorgen beauftragt war; — ſondern es
gab nur noch verödete Straßen und die verfallenden Brücken;
geblieben war das Princip, die Leiſtungen der Unterthanen,
wenigſtens ſo weit es nothwendig, in Anſpruch zu nehmen.

Die Erinnerung und das Herkommen ſagte, wer, weſſen
Haus und Hof früher die Leiſtungen zu tragen hatte, — Kai-
ſer Karl verordnete — wo und von von wem jeher (antiquitus)
die Vorſpannsdienſte und Beherbergung zu leiſten waren, an
demſelben Ort und von dem gleichen resp. vererbten Beſitzer
und Eigenthümer ſollen auch jetzt die Leiſtungen erfolgen. —

So erhielten ſich Beförderungs-Gelegenheiten, wie ſie eben
dem Bedürfniß jener Zeiten entſprachen; von einer Schnellig-
keit derſelben, von einem unmittelbaren Anſchluß der einen
Route an die andere, ſehen wir nichts, wenn auch Verord-
nungen häufig darauf hinweiſen, daß an den gewohnten
Orten Alles zu jeder Zeit in Bereitſchaft geſetzt ſei, um Ver-
zögerungen zu vermeiden.

Es gebrach an der einheitlichen Leitung und man brauchte
auch nicht mehr Verkehrswege und Verkehrsanſtalten, denn es
fehlte das gemeinſame Bedürfniß.

Die Greuel der Verwüſtung, die im Geleite der wandern-
den barbariſchen Völkerſchwärme über Europa gekommen waren,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0170" n="157"/>
nungen und Ge&#x017F;etze, die der neuen Zeit auch neue Verkehrs-<lb/>
an&#x017F;talten gebracht hätten. Es gab keine weitausgreifenden Ver-<lb/>
bindungen, die durch ein gleiches Sy&#x017F;tem in eine und die&#x017F;elbe<lb/>
Form gego&#x017F;&#x017F;en waren, es gab keine eigens für den Verkehr er-<lb/>
haltenen Stationen, es gab keine be&#x017F;timmten Man&#x017F;ionen, es<lb/>
gab kein Per&#x017F;onale, das aus&#x017F;chließlich für den Dien&#x017F;t des Ver-<lb/>
kehrs, wie bei den Römern aufge&#x017F;tellt und für den geregelten<lb/>
Gang der An&#x017F;talt zu &#x017F;orgen beauftragt war; &#x2014; &#x017F;ondern es<lb/>
gab nur noch verödete Straßen und die verfallenden Brücken;<lb/>
geblieben war das Princip, die Lei&#x017F;tungen der Unterthanen,<lb/>
wenig&#x017F;tens &#x017F;o weit es nothwendig, in An&#x017F;pruch zu nehmen.</p><lb/>
            <p>Die Erinnerung und das Herkommen &#x017F;agte, wer, we&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Haus und Hof früher die Lei&#x017F;tungen zu tragen hatte, &#x2014; Kai-<lb/>
&#x017F;er Karl verordnete &#x2014; wo und von von wem jeher (<hi rendition="#aq">antiquitus</hi>)<lb/>
die Vor&#x017F;pannsdien&#x017F;te und Beherbergung zu lei&#x017F;ten waren, an<lb/>
dem&#x017F;elben Ort und von dem gleichen <hi rendition="#aq">resp</hi>. vererbten Be&#x017F;itzer<lb/>
und Eigenthümer &#x017F;ollen auch jetzt die Lei&#x017F;tungen erfolgen. &#x2014;</p><lb/>
            <p>So erhielten &#x017F;ich Beförderungs-Gelegenheiten, wie &#x017F;ie eben<lb/>
dem Bedürfniß jener Zeiten ent&#x017F;prachen; von einer Schnellig-<lb/>
keit der&#x017F;elben, von einem unmittelbaren An&#x017F;chluß der einen<lb/>
Route an die andere, &#x017F;ehen wir nichts, wenn auch Verord-<lb/>
nungen häufig darauf hinwei&#x017F;en, daß an den <hi rendition="#g">gewohnten</hi><lb/>
Orten Alles zu jeder Zeit in Bereit&#x017F;chaft ge&#x017F;etzt &#x017F;ei, um Ver-<lb/>
zögerungen zu vermeiden.</p><lb/>
            <p>Es gebrach an der einheitlichen Leitung und man brauchte<lb/>
auch nicht <hi rendition="#g">mehr</hi> Verkehrswege und Verkehrsan&#x017F;talten, denn es<lb/>
fehlte das gemein&#x017F;ame Bedürfniß.</p><lb/>
            <p>Die Greuel der Verwü&#x017F;tung, die im Geleite der wandern-<lb/>
den barbari&#x017F;chen Völker&#x017F;chwärme über Europa gekommen waren,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0170] nungen und Geſetze, die der neuen Zeit auch neue Verkehrs- anſtalten gebracht hätten. Es gab keine weitausgreifenden Ver- bindungen, die durch ein gleiches Syſtem in eine und dieſelbe Form gegoſſen waren, es gab keine eigens für den Verkehr er- haltenen Stationen, es gab keine beſtimmten Manſionen, es gab kein Perſonale, das ausſchließlich für den Dienſt des Ver- kehrs, wie bei den Römern aufgeſtellt und für den geregelten Gang der Anſtalt zu ſorgen beauftragt war; — ſondern es gab nur noch verödete Straßen und die verfallenden Brücken; geblieben war das Princip, die Leiſtungen der Unterthanen, wenigſtens ſo weit es nothwendig, in Anſpruch zu nehmen. Die Erinnerung und das Herkommen ſagte, wer, weſſen Haus und Hof früher die Leiſtungen zu tragen hatte, — Kai- ſer Karl verordnete — wo und von von wem jeher (antiquitus) die Vorſpannsdienſte und Beherbergung zu leiſten waren, an demſelben Ort und von dem gleichen resp. vererbten Beſitzer und Eigenthümer ſollen auch jetzt die Leiſtungen erfolgen. — So erhielten ſich Beförderungs-Gelegenheiten, wie ſie eben dem Bedürfniß jener Zeiten entſprachen; von einer Schnellig- keit derſelben, von einem unmittelbaren Anſchluß der einen Route an die andere, ſehen wir nichts, wenn auch Verord- nungen häufig darauf hinweiſen, daß an den gewohnten Orten Alles zu jeder Zeit in Bereitſchaft geſetzt ſei, um Ver- zögerungen zu vermeiden. Es gebrach an der einheitlichen Leitung und man brauchte auch nicht mehr Verkehrswege und Verkehrsanſtalten, denn es fehlte das gemeinſame Bedürfniß. Die Greuel der Verwüſtung, die im Geleite der wandern- den barbariſchen Völkerſchwärme über Europa gekommen waren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/170
Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/170>, abgerufen am 24.11.2024.