Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.selbe scheiterte an äußern Umständen; zugleich wurde er überdies von einem Vermögensverluste betroffen, den er mit gewohnter heiterer Fassung ertrug. Im Herbst 1868 kam er nach Wien, am Feuilleton der Neuen freien Presse eine hervorragende Stellung einzunehmen berufen. Schon brachte er jedoch den Keim der Krankheit mit, die bald reißend um sich greifen und die noch übrigen kurzen Jahre dieses reichen Lebens zu einer langen Tragödie gestalten sollte, in deren Heldenthum der unvergleichliche Dulder und seine durch keine Anstrengung der Pflege zu ermüdende Lebensgenossin sich theilten. Er starb am 13. Mai 1872, "ein Klaglied im Mund der Geliebten". Denn er war eine Erscheinung, die Keiner, der ihm auch nur kurz begegnete, vergessen wird: bezaubernd durch Anmuth und unbewußte Würde; großherzig, ehrenhaft, durch und durch gediegen, freundlich, aufopfernd, streng gegen sich selbst und mild gegen Andere, unbeugsam in seinen Ueberzeugungen; ein Mensch im schönsten Sinn des Wortes, aus südlichen und nördlichen Elementen in seltener Harmonie gemischt. Von Hartmann's Erzählungen unstreitig die beste (mehr jedoch den Umfang eines Romans als einer Novelle einnehmend) ist: "Der Krieg um den Wald", aus Erinnerungen seines Heimathsortes Duschnik geschöpft und mit täuschender Einfachheit vorgetragen, so daß man beinahe einen schlichten Geschichtsbericht zu lesen meint. Aus seinen kleineren Novellen haben wir die nachfolgende ausgewählt, die zu seinen gelungensten zählen dürfte und zugleich in ihrer lächelnden Humanität die Persönlichkeit des Erzählers liebenswürdig durchblicken läßt. selbe scheiterte an äußern Umständen; zugleich wurde er überdies von einem Vermögensverluste betroffen, den er mit gewohnter heiterer Fassung ertrug. Im Herbst 1868 kam er nach Wien, am Feuilleton der Neuen freien Presse eine hervorragende Stellung einzunehmen berufen. Schon brachte er jedoch den Keim der Krankheit mit, die bald reißend um sich greifen und die noch übrigen kurzen Jahre dieses reichen Lebens zu einer langen Tragödie gestalten sollte, in deren Heldenthum der unvergleichliche Dulder und seine durch keine Anstrengung der Pflege zu ermüdende Lebensgenossin sich theilten. Er starb am 13. Mai 1872, „ein Klaglied im Mund der Geliebten“. Denn er war eine Erscheinung, die Keiner, der ihm auch nur kurz begegnete, vergessen wird: bezaubernd durch Anmuth und unbewußte Würde; großherzig, ehrenhaft, durch und durch gediegen, freundlich, aufopfernd, streng gegen sich selbst und mild gegen Andere, unbeugsam in seinen Ueberzeugungen; ein Mensch im schönsten Sinn des Wortes, aus südlichen und nördlichen Elementen in seltener Harmonie gemischt. Von Hartmann's Erzählungen unstreitig die beste (mehr jedoch den Umfang eines Romans als einer Novelle einnehmend) ist: „Der Krieg um den Wald“, aus Erinnerungen seines Heimathsortes Duschnik geschöpft und mit täuschender Einfachheit vorgetragen, so daß man beinahe einen schlichten Geschichtsbericht zu lesen meint. 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Denn er war eine Erscheinung, die Keiner, der ihm auch nur kurz begegnete, vergessen wird: bezaubernd durch Anmuth und unbewußte Würde; großherzig, ehrenhaft, durch und durch gediegen, freundlich, aufopfernd, streng gegen sich selbst und mild gegen Andere, unbeugsam in seinen Ueberzeugungen; ein Mensch im schönsten Sinn des Wortes, aus südlichen und nördlichen Elementen in seltener Harmonie gemischt.</p><lb/> <p>Von Hartmann's Erzählungen unstreitig die beste (mehr jedoch den Umfang eines Romans als einer Novelle einnehmend) ist: „Der Krieg um den Wald“, aus Erinnerungen seines Heimathsortes Duschnik geschöpft und mit täuschender Einfachheit vorgetragen, so daß man beinahe einen schlichten Geschichtsbericht zu lesen meint. Aus seinen kleineren Novellen haben wir die nachfolgende ausgewählt, die zu seinen gelungensten zählen dürfte und zugleich in ihrer lächelnden Humanität die Persönlichkeit des Erzählers liebenswürdig durchblicken läßt.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0007]
selbe scheiterte an äußern Umständen; zugleich wurde er überdies von einem Vermögensverluste betroffen, den er mit gewohnter heiterer Fassung ertrug. Im Herbst 1868 kam er nach Wien, am Feuilleton der Neuen freien Presse eine hervorragende Stellung einzunehmen berufen. Schon brachte er jedoch den Keim der Krankheit mit, die bald reißend um sich greifen und die noch übrigen kurzen Jahre dieses reichen Lebens zu einer langen Tragödie gestalten sollte, in deren Heldenthum der unvergleichliche Dulder und seine durch keine Anstrengung der Pflege zu ermüdende Lebensgenossin sich theilten. Er starb am 13. Mai 1872, „ein Klaglied im Mund der Geliebten“. Denn er war eine Erscheinung, die Keiner, der ihm auch nur kurz begegnete, vergessen wird: bezaubernd durch Anmuth und unbewußte Würde; großherzig, ehrenhaft, durch und durch gediegen, freundlich, aufopfernd, streng gegen sich selbst und mild gegen Andere, unbeugsam in seinen Ueberzeugungen; ein Mensch im schönsten Sinn des Wortes, aus südlichen und nördlichen Elementen in seltener Harmonie gemischt.
Von Hartmann's Erzählungen unstreitig die beste (mehr jedoch den Umfang eines Romans als einer Novelle einnehmend) ist: „Der Krieg um den Wald“, aus Erinnerungen seines Heimathsortes Duschnik geschöpft und mit täuschender Einfachheit vorgetragen, so daß man beinahe einen schlichten Geschichtsbericht zu lesen meint. Aus seinen kleineren Novellen haben wir die nachfolgende ausgewählt, die zu seinen gelungensten zählen dürfte und zugleich in ihrer lächelnden Humanität die Persönlichkeit des Erzählers liebenswürdig durchblicken läßt.
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Zitationshilfe: | Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_gebirge_1910/7>, abgerufen am 16.02.2025. |