Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.daß ich in die Armee gesteckt und nach Oesterreich oder Spanien geschickt werde -- er werde dann freien Spielraum haben, sich an mir rächen und mit Louison am Ende doch fertig werden. Aber ich war schon am nächsten Tage frei und wurde auch nicht in die Armee gesteckt -- und Beides dankte ich den Bemühungen des Marquis. Ja er hatte sogar alle mögliche Mühe, um mich vom Soldatenthum zu befreien, denn damals war es üblich, daß die Polizei, wo sie ihre Hand auf einen jungen Mann legte, die Gelegenheit benutzte, um die Armee Sr. Majestät zu vergrößern. Der Marquis mußte von Pontius zu Pilatus laufen, um Louison ihren Geliebten zu retten. Sehen Sie, er war eigentlich immer ein guter Mann! Er war eigentlich immer ein guter Mann! wiederholte der Marquis trauernd, als spräche er von einem Todten. Ich hatte auch wenig Lust, mich mit Oesterreichern und Spaniern zu schlagen, die mir kein Leides gethan hatten; wohl aber verließ der Marquis bald nach jener Geschichte das Hofleben und trat in die Armee, wo er sich auch tapfer schlug, als ein echter Savoyarde, der er ist. Ich empfand das dringendste Bedürfniß, der Gefahr, ein solches Mädchen wie Louison zu verlieren, ein für alle Mal ein Ende zu machen -- und wir verheiratheten uns kurzweg, ich mit wenigen Sous, sie mit etwas mehr Franken in der Tasche. Nun, mein Herr, beginnt ein arbeitsvolles Leben, daß ich in die Armee gesteckt und nach Oesterreich oder Spanien geschickt werde — er werde dann freien Spielraum haben, sich an mir rächen und mit Louison am Ende doch fertig werden. Aber ich war schon am nächsten Tage frei und wurde auch nicht in die Armee gesteckt — und Beides dankte ich den Bemühungen des Marquis. Ja er hatte sogar alle mögliche Mühe, um mich vom Soldatenthum zu befreien, denn damals war es üblich, daß die Polizei, wo sie ihre Hand auf einen jungen Mann legte, die Gelegenheit benutzte, um die Armee Sr. Majestät zu vergrößern. Der Marquis mußte von Pontius zu Pilatus laufen, um Louison ihren Geliebten zu retten. Sehen Sie, er war eigentlich immer ein guter Mann! Er war eigentlich immer ein guter Mann! wiederholte der Marquis trauernd, als spräche er von einem Todten. Ich hatte auch wenig Lust, mich mit Oesterreichern und Spaniern zu schlagen, die mir kein Leides gethan hatten; wohl aber verließ der Marquis bald nach jener Geschichte das Hofleben und trat in die Armee, wo er sich auch tapfer schlug, als ein echter Savoyarde, der er ist. Ich empfand das dringendste Bedürfniß, der Gefahr, ein solches Mädchen wie Louison zu verlieren, ein für alle Mal ein Ende zu machen — und wir verheiratheten uns kurzweg, ich mit wenigen Sous, sie mit etwas mehr Franken in der Tasche. Nun, mein Herr, beginnt ein arbeitsvolles Leben, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0040"/> daß ich in die Armee gesteckt und nach Oesterreich oder Spanien geschickt werde — er werde dann freien Spielraum haben, sich an mir rächen und mit Louison am Ende doch fertig werden. Aber ich war schon am nächsten Tage frei und wurde auch nicht in die Armee gesteckt — und Beides dankte ich den Bemühungen des Marquis. Ja er hatte sogar alle mögliche Mühe, um mich vom Soldatenthum zu befreien, denn damals war es üblich, daß die Polizei, wo sie ihre Hand auf einen jungen Mann legte, die Gelegenheit benutzte, um die Armee Sr. Majestät zu vergrößern. Der Marquis mußte von Pontius zu Pilatus laufen, um Louison ihren Geliebten zu retten. Sehen Sie, er war eigentlich immer ein guter Mann!</p><lb/> <p>Er war eigentlich immer ein guter Mann! wiederholte der Marquis trauernd, als spräche er von einem Todten.</p><lb/> <p>Ich hatte auch wenig Lust, mich mit Oesterreichern und Spaniern zu schlagen, die mir kein Leides gethan hatten; wohl aber verließ der Marquis bald nach jener Geschichte das Hofleben und trat in die Armee, wo er sich auch tapfer schlug, als ein echter Savoyarde, der er ist. Ich empfand das dringendste Bedürfniß, der Gefahr, ein solches Mädchen wie Louison zu verlieren, ein für alle Mal ein Ende zu machen — und wir verheiratheten uns kurzweg, ich mit wenigen Sous, sie mit etwas mehr Franken in der Tasche.</p><lb/> <p>Nun, mein Herr, beginnt ein arbeitsvolles Leben,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
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Er war eigentlich immer ein guter Mann! wiederholte der Marquis trauernd, als spräche er von einem Todten.
Ich hatte auch wenig Lust, mich mit Oesterreichern und Spaniern zu schlagen, die mir kein Leides gethan hatten; wohl aber verließ der Marquis bald nach jener Geschichte das Hofleben und trat in die Armee, wo er sich auch tapfer schlug, als ein echter Savoyarde, der er ist. Ich empfand das dringendste Bedürfniß, der Gefahr, ein solches Mädchen wie Louison zu verlieren, ein für alle Mal ein Ende zu machen — und wir verheiratheten uns kurzweg, ich mit wenigen Sous, sie mit etwas mehr Franken in der Tasche.
Nun, mein Herr, beginnt ein arbeitsvolles Leben,
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Zitationshilfe: | Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_gebirge_1910/40>, abgerufen am 16.07.2024. |