Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.V. Der Lea triefend Aug:Jn dem ich ausspatziert die Töchter zubesehen/ hat mich ein Fürst geschwächt/ (ach nun ist es geschehen!) Ein unbedachter Gang. Wer geht aus dem Beruf/ begegnet manche Sünden/ er lustert nach Gefahr und wird die Reue finden/ Die ihm lässt keine Ruh! Ach wär ich im Gezelt und bey der Herd geblieben (so hätte Sichem mich nicht mögen so betrüben: Jch gab Ursach darzu. Wen klag' ich aber an? mich/ mich und euch ihr Augen die ihr mit Threnen trieft die scharffe Zehren Lau- gen voll Hertzens Bitterkeit/ "nicht könnet waschen ab so grosse Missethaten/ "Es ist nach solchem Fall und Fehler nicht zu rahten/ als durch die Hochzeit Freud: Jn dem mich Sichem liebt/ einschließ ich mich zu leben/ der Ehstand kan die Ehr/ ohn Nachtheil wieder- geben/ als ein geraubtes Gut. Der Titel eines Manns kan meine Schmach bedecken/ der
V. Der Lea triefend Aug:Jn dem ich ausſpatziert die Toͤchter zubeſehen/ hat mich ein Fuͤrſt geſchwaͤcht/ (ach nun iſt es geſchehen!) Ein unbedachter Gang. Wer geht aus dem Beruf/ begegnet manche Suͤnden/ er luſtert nach Gefahr und wird die Reue finden/ Die ihm laͤſſt keine Ruh! Ach waͤr ich im Gezelt und bey der Herd geblieben (ſo haͤtte Sichem mich nicht moͤgen ſo betruͤben: Jch gab Urſach darzu. Wen klag’ ich aber an? mich/ mich und euch ihr Augen die ihr mit Threnen trieft die ſcharffe Zehren Lau- gen voll Hertzens Bitterkeit/ „nicht koͤnnet waſchen ab ſo groſſe Miſſethaten/ „Es iſt nach ſolchem Fall und Fehler nicht zu rahten/ als durch die Hochzeit Freud: Jn dem mich Sichem liebt/ einſchließ ich mich zu leben/ der Ehſtand kan die Ehr/ ohn Nachtheil wieder- geben/ als ein geraubtes Gut. Der Titel eines Manns kan meine Schmach bedecken/ der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0076" n="44"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">V.</hi> </fw><lb/> <l>Der Lea triefend Aug:</l><lb/> <l>Jn dem ich ausſpatziert die Toͤchter zubeſehen/</l><lb/> <l>hat mich ein Fuͤrſt geſchwaͤcht/ (ach nun iſt es</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">geſchehen!)</hi> </l><lb/> <l>Ein unbedachter Gang.</l><lb/> <l>Wer geht aus dem Beruf/ begegnet manche</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Suͤnden/</hi> </l><lb/> <l>er luſtert nach Gefahr und wird die Reue finden/</l><lb/> <l>Die ihm laͤſſt keine Ruh!</l><lb/> <l>Ach waͤr ich im Gezelt und bey der Herd geblieben</l><lb/> <l>(ſo haͤtte Sichem mich nicht moͤgen ſo betruͤben:</l><lb/> <l>Jch gab <hi rendition="#fr">U</hi>rſach darzu.</l><lb/> <l>Wen klag’ ich aber an? mich/ mich und euch ihr</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Augen</hi> </l><lb/> <l>die ihr mit Threnen trieft die ſcharffe Zehren Lau-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen</hi> </l><lb/> <l>voll Hertzens Bitterkeit/</l><lb/> <l>„nicht koͤnnet waſchen ab ſo groſſe Miſſethaten/</l><lb/> <l>„Es iſt nach ſolchem Fall und Fehler nicht zu</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">rahten/</hi> </l><lb/> <l>als durch die Hochzeit Freud:</l><lb/> <l>Jn dem mich <hi rendition="#fr">Sichem</hi> liebt/ einſchließ ich mich</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">zu leben/</hi> </l><lb/> <l>der Ehſtand kan die Ehr/ ohn Nachtheil wieder-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">geben/</hi> </l><lb/> <l>als ein geraubtes Gut.</l><lb/> <l>Der Titel eines Manns kan meine Schmach</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">bedecken/</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0076]
V.
Der Lea triefend Aug:
Jn dem ich ausſpatziert die Toͤchter zubeſehen/
hat mich ein Fuͤrſt geſchwaͤcht/ (ach nun iſt es
geſchehen!)
Ein unbedachter Gang.
Wer geht aus dem Beruf/ begegnet manche
Suͤnden/
er luſtert nach Gefahr und wird die Reue finden/
Die ihm laͤſſt keine Ruh!
Ach waͤr ich im Gezelt und bey der Herd geblieben
(ſo haͤtte Sichem mich nicht moͤgen ſo betruͤben:
Jch gab Urſach darzu.
Wen klag’ ich aber an? mich/ mich und euch ihr
Augen
die ihr mit Threnen trieft die ſcharffe Zehren Lau-
gen
voll Hertzens Bitterkeit/
„nicht koͤnnet waſchen ab ſo groſſe Miſſethaten/
„Es iſt nach ſolchem Fall und Fehler nicht zu
rahten/
als durch die Hochzeit Freud:
Jn dem mich Sichem liebt/ einſchließ ich mich
zu leben/
der Ehſtand kan die Ehr/ ohn Nachtheil wieder-
geben/
als ein geraubtes Gut.
Der Titel eines Manns kan meine Schmach
bedecken/
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |