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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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V.
che nicht zweydeutig ist/ so muß der Dolmetscher
ein anders suchen/ daß dergleichen Verstand zu
seinem Jnhalt bringet. Zum Exempel sagt Si-
reno von der Diana

Bien pensava ijo cabellos
que no fuera otro pastor,
digno de verse cab ellos

cab'ellos heisst bey ihnen cabellos heissen Haa-
re/ der Dolmetscher hat dieses also gegeben:

Jch muß ob euch erstarren
Jhr Haar auf diesen Band'
es nennt euch von be harren
der euch nicht hat erkant. etc.

Hiervon ist ein feines Exempel in dem Wort
überwinden zu ersehen in der Göttlichen Lie-
besflamme deß hochbegabten und Geistreichen
Mannes H. J. M. Dilherrens wie auch in den
LXXXII. Gesprächspiele etc. daß also der Dol-
metscher zu weilen ein Erklärer und Ausleger mit
"seyn muß/ wann er besagter Massen seinen ob-
"habenden Ambt ein Genügen thun will. Jm
Fall sich auch kein solches zweydeutiges Wort
in unsrer Sprache finden solte/ sol der Dolmet-
scher lieber solches auslassen oder gleichmässig
austauschen als etwas unverständliches ein-
flechten: als in folgendem Verse/ da ein Mutter-
Mörder mit dem AEnea verglichen wird:

Sustulit hic patrem, sustulit ille matrem.
Weil

V.
che nicht zweydeutig iſt/ ſo muß der Dolmetſcher
ein anders ſuchen/ daß dergleichen Verſtand zu
ſeinem Jnhalt bringet. Zum Exempel ſagt Si-
reno von der Diana

Bien penſava ijo cabellos
que no fuera otro paſtor,
digno de verſe cab ellos

cab’ellos heiſſt bey ihnen cabellos heiſſen Haa-
re/ der Dolmetſcher hat dieſes alſo gegeben:

Jch muß ob euch erſtarren
Jhr Haar auf dieſen Band’
es nennt euch von be harren
der euch nicht hat erkant. ꝛc.

Hiervon iſt ein feines Exempel in dem Wort
uͤberwinden zu erſehen in der Goͤttlichen Lie-
besflamme deß hochbegabten und Geiſtreichen
Mannes H. J. M. Dilherrens wie auch in den
LXXXII. Geſpraͤchſpiele ꝛc. daß alſo der Dol-
metſcher zu weilen ein Erklaͤrer und Ausleger mit
„ſeyn muß/ wann er beſagter Maſſen ſeinen ob-
„habenden Ambt ein Genuͤgen thun will. Jm
Fall ſich auch kein ſolches zweydeutiges Wort
in unſrer Sprache finden ſolte/ ſol der Dolmet-
ſcher lieber ſolches auslaſſen oder gleichmaͤſſig
austauſchen als etwas unverſtaͤndliches ein-
flechten: als in folgendem Verſe/ da ein Mutter-
Moͤrder mit dem Ænea verglichen wird:

Suſtulit hic patrem, ſuſtulit ille matrem.
Weil
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[40/0072] V. che nicht zweydeutig iſt/ ſo muß der Dolmetſcher ein anders ſuchen/ daß dergleichen Verſtand zu ſeinem Jnhalt bringet. Zum Exempel ſagt Si- reno von der Diana Bien penſava ijo cabellos que no fuera otro paſtor, digno de verſe cab ellos cab’ellos heiſſt bey ihnen cabellos heiſſen Haa- re/ der Dolmetſcher hat dieſes alſo gegeben: Jch muß ob euch erſtarren Jhr Haar auf dieſen Band’ es nennt euch von be harren der euch nicht hat erkant. ꝛc. Hiervon iſt ein feines Exempel in dem Wort uͤberwinden zu erſehen in der Goͤttlichen Lie- besflamme deß hochbegabten und Geiſtreichen Mannes H. J. M. Dilherrens wie auch in den LXXXII. Geſpraͤchſpiele ꝛc. daß alſo der Dol- metſcher zu weilen ein Erklaͤrer und Ausleger mit „ſeyn muß/ wann er beſagter Maſſen ſeinen ob- „habenden Ambt ein Genuͤgen thun will. Jm Fall ſich auch kein ſolches zweydeutiges Wort in unſrer Sprache finden ſolte/ ſol der Dolmet- ſcher lieber ſolches auslaſſen oder gleichmaͤſſig austauſchen als etwas unverſtaͤndliches ein- flechten: als in folgendem Verſe/ da ein Mutter- Moͤrder mit dem Ænea verglichen wird: Suſtulit hic patrem, ſuſtulit ille matrem. Weil

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/72>, abgerufen am 25.11.2024.