Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Wollust. seines Leibes Stärk zu GOTtes Greuel miß-braucht/ nicht lang auf Erden taucht. Die Wol- lust ist das verborgne Schwert Joabs/ welches uns unerwartet ermordet. Sie ist die Delila/ welche uns unsre Stärke mit List abraubt/ sie ist die falsche Jael/ welche den Milchbecher reicht und eben mit der Hand den Nagel durch das Haubt schläget: Sie ist die verführische Schlan- ge/ welche Evam und alle ihre Töchter verführet. Die Wollüster stürtzen sich in ewigen Unlust. Lust: Stul. Es ist ein schöner Stul/ darauf man nicht langsitzet/ und nach verwichner Zeit/ mit Reue/ Threnen schwitzet: viel wünschen dann zu spat deß Stules zuver- gessen/ weil sie nur kurtze Jahr auf solchen sind geses- sen. Die Wollust wird gebildet/ in Gestalt einer 520. Wolthat. Die milde/ gütige/ wolgemeinte/ mitleidige/ liche H h vj
Wolluſt. ſeines Leibes Staͤrk zu GOTtes Greuel miß-braucht/ nicht lang auf Erden taucht. Die Wol- luſt iſt das verborgne Schwert Joabs/ welches uns unerwartet ermordet. Sie iſt die Delila/ welche uns unſre Staͤrke mit Liſt abraubt/ ſie iſt die falſche Jaël/ welche den Milchbecher reicht und eben mit der Hand den Nagel durch das Haubt ſchlaͤget: Sie iſt die verfuͤhriſche Schlan- ge/ welche Evam und alle ihre Toͤchter verfuͤhret. Die Wolluͤſter ſtuͤrtzen ſich in ewigen Unluſt. Luſt: Stul. Es iſt ein ſchoͤner Stul/ darauf man nicht langſitzet/ und nach verwichner Zeit/ mit Reue/ Threnen ſchwitzet: viel wuͤnſchen dann zu ſpat deß Stules zuveꝛ- geſſen/ weil ſie nur kurtze Jahr auf ſolchen ſind geſeſ- ſen. Die Wolluſt wird gebildet/ in Geſtalt einer 520. Wolthat. Die milde/ guͤtige/ wolgemeinte/ mitleidige/ liche H h vj
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Wolluſt.
ſeines Leibes Staͤrk zu GOTtes Greuel miß-
braucht/ nicht lang auf Erden taucht. Die Wol-
luſt iſt das verborgne Schwert Joabs/ welches
uns unerwartet ermordet. Sie iſt die Delila/
welche uns unſre Staͤrke mit Liſt abraubt/ ſie iſt
die falſche Jaël/ welche den Milchbecher reicht
und eben mit der Hand den Nagel durch das
Haubt ſchlaͤget: Sie iſt die verfuͤhriſche Schlan-
ge/ welche Evam und alle ihre Toͤchter verfuͤhret.
Die Wolluͤſter ſtuͤrtzen ſich in ewigen Unluſt.
Luſt: Stul.
Es iſt ein ſchoͤner Stul/ darauf man nicht lang
ſitzet/
und nach verwichner Zeit/ mit Reue/ Threnen
ſchwitzet:
viel wuͤnſchen dann zu ſpat deß Stules zuveꝛ-
geſſen/
weil ſie nur kurtze Jahr auf ſolchen ſind geſeſ-
ſen.
Die Wolluſt wird gebildet/ in Geſtalt einer
jungen geilen Metzen/ in einer Hand tragend eine
Kugel mit zweyen Fluͤgeln/ gehend auf einen mit
Blumenbeſtreuten Weg/ an dẽ Fuͤſſen befluͤgelt/
fuͤr ſich habend einen tieffen Abgrund.
520. Wolthat.
Die milde/ guͤtige/ wolgemeinte/ mitleidige/
barmhertzige/ angeneme/ GOTT gefaͤllige/ von
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liche
H h vj
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Zitationshilfe: | Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 493[491]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/523>, abgerufen am 22.02.2025. |