Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Sterben. scharffen Zahn hingerissen/ deß Grabes Tunkel-heit ergeben. Dem Weg aller Welte folgen/ von dem Lebensfeind hingerafft und weg geschafft/ von den Sensenmann erhaschet/ von der Erden hin geruckt/ und mit Erdenstaub bedruckt/ man kan nicht an der Stirne lesen/ wer der Todenkopf gewesen. Von der Welte Unglücks zinnen ge- stürtzet/ da fällt alle Hoffnung mit. Der Todes Weg ist ausgebahnt/ daran uns manche Krank- heit mahnt. Die Toden werden eingesarkt/ aufge- bart/ zu Grab getragen/ beerdet/ betrauret und be- klagt. Das Angesicht erblasst/ die Glieder sind ge- Die Todenlieder sind in den Sonntags An- Der Cypreß/ welcher einen schwartzen Safft Ast
Sterben. ſcharffen Zahn hingeriſſen/ deß Grabes Tunkel-heit ergeben. Dem Weg aller Welte folgen/ von dem Lebensfeind hingerafft und weg geſchafft/ von den Senſenmann erhaſchet/ von der Erden hin geruckt/ und mit Erdenſtaub bedruckt/ man kan nicht an der Stirne leſen/ wer der Todenkopf geweſen. Von der Welte Ungluͤcks zinnen ge- ſtuͤrtzet/ da faͤllt alle Hoffnung mit. Der Todes Weg iſt ausgebahnt/ daran uns manche Krank- heit mahnt. Die Toden werden eingeſarkt/ aufge- bart/ zu Grab getragen/ beerdet/ betrauret und be- klagt. Das Angeſicht erblaſſt/ die Glieder ſind ge- Die Todenlieder ſind in den Sonntags An- Der Cypreß/ welcher einen ſchwartzen Safft Aſt
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Sterben.
ſcharffen Zahn hingeriſſen/ deß Grabes Tunkel-
heit ergeben. Dem Weg aller Welte folgen/ von
dem Lebensfeind hingerafft und weg geſchafft/
von den Senſenmann erhaſchet/ von der Erden
hin geruckt/ und mit Erdenſtaub bedruckt/ man
kan nicht an der Stirne leſen/ wer der Todenkopf
geweſen. Von der Welte Ungluͤcks zinnen ge-
ſtuͤrtzet/ da faͤllt alle Hoffnung mit. Der Todes
Weg iſt ausgebahnt/ daran uns manche Krank-
heit mahnt. Die Toden werden eingeſarkt/ aufge-
bart/ zu Grab getragen/ beerdet/ betrauret und be-
klagt.
Das Angeſicht erblaſſt/ die Glieder ſind ge-
ſchwaͤcht/ kein Bein iſt/ das nicht kracht/ der un-
ſer Leben haſſt/ kommt uns hinweg zurucken/ die
Todesſchmertzen drucken/ der Puls iſt nicht zu
ſpuͤhren/ die Kraͤfften ſich verlieren/ der Odem
bleibet aus. Es iſt dergleichen Truͤbſal nie/ in aller
unſrer Lebens Muͤh’/ in dem das ſchwache Leben
iſt mit dem Tod umgeben/ geaͤngſtigt und be-
drengt. Ein Chriſt kan gar nicht/ ſein Elend aber
ſterben: Dann durch deß Lebens End/ kan man
das Leben erben. Der nimmt ab die ſuͤndenvolle
Sterblichkeit und gibet uns deß Lebens Kleid.
Die Todenlieder ſind in den Sonntags An-
dachten aufzuſuchen.
Der Cypreß/ welcher einen ſchwartzen Safft
von ſich giebet/ und den einmahl abgebrochnen
Aſt
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Zitationshilfe: | Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 438[436]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/468>, abgerufen am 16.02.2025. |