Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Nüchtern.
329. Nüchtern.

Ohn Speis und Trank vergnügt/ die Nüch-
ternkeit verzehret die bössen Dämpfe/ stärket den
Magen/ erhält die Gesundheit/ ermundert zum
Gebet/ fordert die Andacht/ gleichet den Engeln.
Durch Fasten haben alle Heiligen ihr Gebet bey
GOTT angenehm gemachet/ und durch Fraß
und Brast haben die Weltling alle Straffen ü-
ber sich gezogen.

Die Nüchterkeit wird gebildet gleich dem
Fasten.

330. Nutz.

Der Nutz ist die Zauberkunst unsre Gemüter
zu befangen/ unsre Gedanken zu verblenden/ un-
ser Thun zu schänden/ unsren Sinn zu wenden/
unser Absehen zu verrucken/ den Guten Vorsatz
zu verdrucken/ unsre Meinung zu entzucken. Wo
der Nutz eintritt/ da gehet mehrmahls die Red-
lichkeit aus. Der Nutz ist deß gemeinen Manns
Religion und stets gesuchter Lohn. Eigner Nutz/
ein bösser Butz/ ein Trutz ohn Schutz.

Der Nutz wird gestaltet wie ein Weib das
mit guldnem Gewand angethan/ haltend in ei-
ner Hand einen Eichenzweig/ mit seiner Frucht/
welche die erste Nahrung sol gewesen seyn/ gekrönt
mit ähren/ in der andern Hand hält sie einen Fisch/
und neben ihr Laufft ein Schafe. Man kan auch
einen Jmmenkorb darzu stellen/ nach dem Sprich-

wort:
Nuͤchtern.
329. Nuͤchtern.

Ohn Speis und Trank vergnuͤgt/ die Nuͤch-
ternkeit verzehret die boͤſſen Daͤmpfe/ ſtaͤrket den
Magen/ erhaͤlt die Geſundheit/ ermundert zum
Gebet/ fordert die Andacht/ gleichet den Engeln.
Durch Faſten haben alle Heiligen ihr Gebet bey
GOTT angenehm gemachet/ und durch Fraß
und Braſt haben die Weltling alle Straffen uͤ-
ber ſich gezogen.

Die Nuͤchterkeit wird gebildet gleich dem
Faſten.

330. Nutz.

Der Nutz iſt die Zauberkunſt unſre Gemuͤter
zu befangen/ unſre Gedanken zu verblenden/ un-
ſer Thun zu ſchaͤnden/ unſren Sinn zu wenden/
unſer Abſehen zu verrucken/ den Guten Vorſatz
zu verdrucken/ unſre Meinung zu entzuckẽ. Wo
der Nutz eintritt/ da gehet mehrmahls die Red-
lichkeit aus. Der Nutz iſt deß gemeinen Manns
Religion und ſtets geſuchter Lohn. Eigner Nutz/
ein boͤſſer Butz/ ein Trutz ohn Schutz.

Der Nutz wird geſtaltet wie ein Weib das
mit guldnem Gewand angethan/ haltend in ei-
ner Hand einen Eichenzweig/ mit ſeiner Frucht/
welche die erſte Nahrung ſol geweſẽ ſeyn/ gekroͤnt
mit aͤhren/ in der andern Hand haͤlt ſie einẽ Fiſch/
und neben ihr Laufft ein Schafe. Man kan auch
einen Jm̃enkorb darzu ſtellen/ nach dem Sprich-

wort:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0394" n="364[362]"/>
          <fw place="top" type="header">Nu&#x0364;chtern.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">329. Nu&#x0364;chtern.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Ohn Speis und Trank vergnu&#x0364;gt/ die Nu&#x0364;ch-<lb/>
ternkeit verzehret die bo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Da&#x0364;mpfe/ &#x017F;ta&#x0364;rket den<lb/>
Magen/ erha&#x0364;lt die Ge&#x017F;undheit/ ermundert zum<lb/>
Gebet/ fordert die Andacht/ gleichet den Engeln.<lb/>
Durch Fa&#x017F;ten haben alle Heiligen ihr Gebet bey<lb/>
GOTT angenehm gemachet/ und durch Fraß<lb/>
und Bra&#x017F;t haben die Weltling alle Straffen u&#x0364;-<lb/>
ber &#x017F;ich gezogen.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Nu&#x0364;chterkeit</hi> wird gebildet gleich dem<lb/>
Fa&#x017F;ten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">330. Nutz.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Der Nutz i&#x017F;t die Zauberkun&#x017F;t un&#x017F;re Gemu&#x0364;ter<lb/>
zu befangen/ un&#x017F;re Gedanken zu verblenden/ un-<lb/>
&#x017F;er Thun zu &#x017F;cha&#x0364;nden/ un&#x017F;ren Sinn zu wenden/<lb/>
un&#x017F;er Ab&#x017F;ehen zu verrucken/ den Guten Vor&#x017F;atz<lb/>
zu verdrucken/ un&#x017F;re Meinung zu entzuck&#x1EBD;. Wo<lb/>
der Nutz eintritt/ da gehet mehrmahls die Red-<lb/>
lichkeit aus. Der Nutz i&#x017F;t deß gemeinen Manns<lb/>
Religion und &#x017F;tets ge&#x017F;uchter Lohn. Eigner Nutz/<lb/>
ein bo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Butz/ ein Trutz ohn Schutz.</p><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#fr">Nutz</hi> wird ge&#x017F;taltet wie ein Weib das<lb/>
mit guldnem Gewand angethan/ haltend in ei-<lb/>
ner Hand einen Eichenzweig/ mit &#x017F;einer Frucht/<lb/>
welche die er&#x017F;te Nahrung &#x017F;ol gewe&#x017F;&#x1EBD; &#x017F;eyn/ gekro&#x0364;nt<lb/>
mit a&#x0364;hren/ in der andern Hand ha&#x0364;lt &#x017F;ie ein&#x1EBD; Fi&#x017F;ch/<lb/>
und neben ihr Laufft ein Schafe. Man kan auch<lb/>
einen Jm&#x0303;enkorb darzu &#x017F;tellen/ nach dem Sprich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wort:</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364[362]/0394] Nuͤchtern. 329. Nuͤchtern. Ohn Speis und Trank vergnuͤgt/ die Nuͤch- ternkeit verzehret die boͤſſen Daͤmpfe/ ſtaͤrket den Magen/ erhaͤlt die Geſundheit/ ermundert zum Gebet/ fordert die Andacht/ gleichet den Engeln. Durch Faſten haben alle Heiligen ihr Gebet bey GOTT angenehm gemachet/ und durch Fraß und Braſt haben die Weltling alle Straffen uͤ- ber ſich gezogen. Die Nuͤchterkeit wird gebildet gleich dem Faſten. 330. Nutz. Der Nutz iſt die Zauberkunſt unſre Gemuͤter zu befangen/ unſre Gedanken zu verblenden/ un- ſer Thun zu ſchaͤnden/ unſren Sinn zu wenden/ unſer Abſehen zu verrucken/ den Guten Vorſatz zu verdrucken/ unſre Meinung zu entzuckẽ. Wo der Nutz eintritt/ da gehet mehrmahls die Red- lichkeit aus. Der Nutz iſt deß gemeinen Manns Religion und ſtets geſuchter Lohn. Eigner Nutz/ ein boͤſſer Butz/ ein Trutz ohn Schutz. Der Nutz wird geſtaltet wie ein Weib das mit guldnem Gewand angethan/ haltend in ei- ner Hand einen Eichenzweig/ mit ſeiner Frucht/ welche die erſte Nahrung ſol geweſẽ ſeyn/ gekroͤnt mit aͤhren/ in der andern Hand haͤlt ſie einẽ Fiſch/ und neben ihr Laufft ein Schafe. Man kan auch einen Jm̃enkorb darzu ſtellen/ nach dem Sprich- wort:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/394
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 364[362]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/394>, abgerufen am 20.11.2024.