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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Von Veränderung der Sprachen.
fernung erkältet: Die Erde mit ihren obhaben-
den Gewächsen tauschet das grüne Jägers-
Kleid bald mit den gelben ähren Rock/ bald mit
der falben und endlich grauen Wintermutzen.
Sonderlich aber ist der Mensch an seinem Lei-
be und seinem Gemüte vielen Aenderung un-
terworffen/ und mit zuwachsenden Jahren/ o-
der abnehmenden Kräfften so wandelbar/ als
die Zeit selbsten/ welche deßwegen mit einer Ku-
gel vergliechen wird/ die wegen ihrer ringrech-
ten Rundungen gleichsam auff einem Pünct-
lein stehet/ gehet/ sich drähet und wendet.

2. Was Wunder ist es dann/ wann die
Sprache deß Menschen/ welche in einem be-
wegten Lufft dahinwallet/ sich der durchgehen-
den Veränderung und wandelbaren Fügniß
nicht entziehen kan? Etliche Unberichte wol-
len dieses flüchtige Quecksilber mit einem Di-
amantnem Nagel anhafften/ und dem Fluß
der Vergessenheit/ welcher mit Verlauff der Zei-
ten/ alles überschwemmet/ einen berghohen Damm
setzen; werden aber darüber zu Schanden/ wie
dorten die Bauleute/ welche nach der Bley-
waage ihres Unverstandes/ den Babilonischen
Thurnbau frevelich unternommen/ und mit
Schanden unterlassen müssen.

3. Sind

Von Veraͤnderung der Sprachen.
fernung erkaͤltet: Die Erde mit ihren obhaben-
den Gewaͤchſen tauſchet das gruͤne Jaͤgers-
Kleid bald mit den gelben aͤhren Rock/ bald mit
der falben und endlich grauen Wintermutzen.
Sonderlich aber iſt der Menſch an ſeinem Lei-
be und ſeinem Gemuͤte vielen Aenderung un-
terworffen/ und mit zuwachſenden Jahren/ o-
der abnehmenden Kraͤfften ſo wandelbar/ als
die Zeit ſelbſten/ welche deßwegen mit einer Ku-
gel vergliechen wird/ die wegen ihrer ringrech-
ten Rundungen gleichſam auff einem Puͤnct-
lein ſtehet/ gehet/ ſich draͤhet und wendet.

2. Was Wunder iſt es dann/ wann die
Sprache deß Menſchen/ welche in einem be-
wegten Lufft dahinwallet/ ſich der durchgehen-
den Veraͤnderung und wandelbaren Fuͤgniß
nicht entziehen kan? Etliche Unberichte wol-
len dieſes fluͤchtige Queckſilber mit einem Di-
amantnem Nagel anhafften/ und dem Fluß
der Vergeſſenheit/ welcher mit Verlauff der Zei-
ten/ alles uͤberſchwemmet/ einen berghohẽ Dam̃
ſetzen; werden aber daruͤber zu Schanden/ wie
dorten die Bauleute/ welche nach der Bley-
waage ihres Unverſtandes/ den Babiloniſchen
Thurnbau frevelich unternommen/ und mit
Schanden unterlaſſen muͤſſen.

3. Sind
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[2/0034] Von Veraͤnderung der Sprachen. fernung erkaͤltet: Die Erde mit ihren obhaben- den Gewaͤchſen tauſchet das gruͤne Jaͤgers- Kleid bald mit den gelben aͤhren Rock/ bald mit der falben und endlich grauen Wintermutzen. Sonderlich aber iſt der Menſch an ſeinem Lei- be und ſeinem Gemuͤte vielen Aenderung un- terworffen/ und mit zuwachſenden Jahren/ o- der abnehmenden Kraͤfften ſo wandelbar/ als die Zeit ſelbſten/ welche deßwegen mit einer Ku- gel vergliechen wird/ die wegen ihrer ringrech- ten Rundungen gleichſam auff einem Puͤnct- lein ſtehet/ gehet/ ſich draͤhet und wendet. 2. Was Wunder iſt es dann/ wann die Sprache deß Menſchen/ welche in einem be- wegten Lufft dahinwallet/ ſich der durchgehen- den Veraͤnderung und wandelbaren Fuͤgniß nicht entziehen kan? Etliche Unberichte wol- len dieſes fluͤchtige Queckſilber mit einem Di- amantnem Nagel anhafften/ und dem Fluß der Vergeſſenheit/ welcher mit Verlauff der Zei- ten/ alles uͤberſchwemmet/ einen berghohẽ Dam̃ ſetzen; werden aber daruͤber zu Schanden/ wie dorten die Bauleute/ welche nach der Bley- waage ihres Unverſtandes/ den Babiloniſchen Thurnbau frevelich unternommen/ und mit Schanden unterlaſſen muͤſſen. 3. Sind

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/34>, abgerufen am 23.11.2024.