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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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)Vorrede.(
als Cicero, welcher nur einen und zwar
sehr schlechten gemachet haben soll:

O fortunatam, natam me Consule Romam.

Dieser Unterscheid hat keinen Grund
in genauer Betrachtung ermelder beeden
mit einander verbundenen Redarten;
Massen sie in ihren Erfindungen zu wei-
len gleichständig/ in ihrer Auszierung/
Figuren/ allen Vrsachen zu bereden und
die Gemüter zubewegen vereinbaret/ und
allein die befindliche Unterscheidung der
Jugend beyzumessen/ welche zu einer
Sache mehr Beliebung träget/ auch sol-
cher mehrern Fleiß beyleget/ als der an-
dren. Jst der Lehrmeister ein Poet/ so wird
er seine Lehrlinge darzu anhalten: ist er
ein Redner/ so wird er der Redkunst trei-
ben/ und worzu man den Knaben einen
Lust machet/ darbey beharren sie biß in
das Alter.

Wann man aber diese Frage genauer
betrachtet/ so ist gewiß/ daß so viel mehr
natürlicher Neigung zu einer Sache er-

fordert
)( ij

)Vorrede.(
als Cicero, welcher nur einen und zwar
ſehr ſchlechten gemachet haben ſoll:

O fortunatam, natam me Conſule Romam.

Dieſer Unterſcheid hat keinen Grund
in genauer Betrachtung ermelder beeden
mit einander verbundenen Redarten;
Maſſen ſie in ihren Erfindungen zu wei-
len gleichſtaͤndig/ in ihrer Auszierung/
Figuren/ allen Vrſachen zu bereden und
die Gemuͤter zubewegen vereinbaret/ und
allein die befindliche Unterſcheidung der
Jugend beyzumeſſen/ welche zu einer
Sache mehr Beliebung traͤget/ auch ſol-
cher mehrern Fleiß beyleget/ als der an-
drẽ. Jſt der Lehrmeiſter ein Poët/ ſo wird
er ſeine Lehrlinge darzu anhalten: iſt er
ein Redner/ ſo wird er der Redkunſt trei-
ben/ und worzu man den Knaben einen
Luſt machet/ darbey beharren ſie biß in
das Alter.

Wann man aber dieſe Frage genauer
betrachtet/ ſo iſt gewiß/ daß ſo viel mehr
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fordert
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[0019] )Vorrede.( als Cicero, welcher nur einen und zwar ſehr ſchlechten gemachet haben ſoll: O fortunatam, natam me Conſule Romam. Dieſer Unterſcheid hat keinen Grund in genauer Betrachtung ermelder beeden mit einander verbundenen Redarten; Maſſen ſie in ihren Erfindungen zu wei- len gleichſtaͤndig/ in ihrer Auszierung/ Figuren/ allen Vrſachen zu bereden und die Gemuͤter zubewegen vereinbaret/ und allein die befindliche Unterſcheidung der Jugend beyzumeſſen/ welche zu einer Sache mehr Beliebung traͤget/ auch ſol- cher mehrern Fleiß beyleget/ als der an- drẽ. Jſt der Lehrmeiſter ein Poët/ ſo wird er ſeine Lehrlinge darzu anhalten: iſt er ein Redner/ ſo wird er der Redkunſt trei- ben/ und worzu man den Knaben einen Luſt machet/ darbey beharren ſie biß in das Alter. Wann man aber dieſe Frage genauer betrachtet/ ſo iſt gewiß/ daß ſo viel mehr natuͤrlicher Neigung zu einer Sache er- fordert )( ij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/19>, abgerufen am 23.11.2024.