Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Bauch.
33. Bauch.

Deß Weltlings voller Götz/ Bauchknecht ist
das gröst Geschlecht. Der stets wie Judas fragt:
was ihr mir geben wolt/ das sagt etc. Der Bauch
wird nie lang vergnüget/ ist ein Bad- und Wir-
teshaus/ da man stets gehet ein und aus. Der
grosse Wannenbauch ist seines Trägers Last/ ge-
mästet ohne Rast/ ein Schuldner welcher heischt
durch stetem Hungertrieb fast täglich seine
Schuld. Jst ein grosser Unflat Schlauch wehrt
und veracht in dem Gebrauch. Der Bauch hat
keine Ohren/ speist sich mit Worten nicht. Wird
nie beständig satt. Wird letzlich der Maden Speiß-
kammer/ und der Leib ein Sack voll dörrer Beine.

34. Die Baumwollen.
Jch bin ein weisses Haar/ fast keine Frucht zu
heissen/
dieweil mich niemand isst; ob gleich die Zähne beis-
sen*
mein weiches Eingeweid. Bin ich dann Sei-
den rein/
so muß ich nach und nach ein langer Faden
seyn.
35. Baum.

Lebhaffte Seulen welche hochaufgewelbt sind
gleich dem Palast/ der doch trägt einen leichten
Last/ und manches kleines Vogel-nest. Der gros-

sen
* durch das Hecheln oder Kartetschen.
J vj
Bauch.
33. Bauch.

Deß Weltlings voller Goͤtz/ Bauchknecht iſt
das groͤſt Geſchlecht. Der ſtets wie Judas fragt:
was ihr mir geben wolt/ das ſagt ꝛc. Der Bauch
wird nie lang vergnuͤget/ iſt ein Bad- und Wir-
teshaus/ da man ſtets gehet ein und aus. Der
groſſe Wannenbauch iſt ſeines Traͤgers Laſt/ ge-
maͤſtet ohne Raſt/ ein Schuldner welcher heiſcht
durch ſtetem Hungertrieb faſt taͤglich ſeine
Schuld. Jſt ein groſſer Unflat Schlauch wehrt
und veracht in dem Gebrauch. Der Bauch hat
keine Ohren/ ſpeiſt ſich mit Worten nicht. Wird
nie beſtaͤndig ſatt. Wird letzlich der Madẽ Speiß-
kammer/ und der Leib ein Sack voll doͤrrer Beine.

34. Die Baumwollen.
Jch bin ein weiſſes Haar/ faſt keine Frucht zu
heiſſen/
dieweil mich niemand iſſt; ob gleich die Zaͤhne beiſ-
ſen*
mein weiches Eingeweid. Bin ich dann Sei-
den rein/
ſo muß ich nach und nach ein langer Faden
ſeyn.
35. Baum.

Lebhaffte Seulen welche hochaufgewelbt ſind
gleich dem Palaſt/ der doch traͤgt einen leichten
Laſt/ und manches kleines Vogel-neſt. Der groſ-

ſen
* durch das Hecheln oder Kartetſchen.
J vj
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0171" n="139"/>
          <fw place="top" type="header">Bauch.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">33. Bauch.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Deß Weltlings voller Go&#x0364;tz/ Bauchknecht i&#x017F;t<lb/>
das gro&#x0364;&#x017F;t Ge&#x017F;chlecht. Der &#x017F;tets wie Judas fragt:<lb/>
was ihr mir geben wolt/ das &#x017F;agt &#xA75B;c. Der Bauch<lb/>
wird nie lang vergnu&#x0364;get/ i&#x017F;t ein Bad- und Wir-<lb/>
teshaus/ da man &#x017F;tets gehet ein und aus. Der<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Wannenbauch i&#x017F;t &#x017F;eines Tra&#x0364;gers La&#x017F;t/ ge-<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;tet ohne Ra&#x017F;t/ ein Schuldner welcher hei&#x017F;cht<lb/>
durch &#x017F;tetem Hungertrieb fa&#x017F;t ta&#x0364;glich &#x017F;eine<lb/>
Schuld. J&#x017F;t ein gro&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">U</hi>nflat Schlauch wehrt<lb/>
und veracht in dem Gebrauch. Der Bauch hat<lb/>
keine Ohren/ &#x017F;pei&#x017F;t &#x017F;ich mit Worten nicht. Wird<lb/>
nie be&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;att. Wird letzlich der Mad&#x1EBD; Speiß-<lb/>
kammer/ und der Leib ein Sack voll do&#x0364;rrer Beine.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">34. Die Baumwollen.</hi> </hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Jch bin ein wei&#x017F;&#x017F;es Haar/ fa&#x017F;t keine Frucht zu</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">hei&#x017F;&#x017F;en/</hi> </l><lb/>
              <l>dieweil mich niemand i&#x017F;&#x017F;t; ob gleich die Za&#x0364;hne bei&#x017F;-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;en<note place="foot" n="*">durch das Hecheln oder Kartet&#x017F;chen.</note></hi> </l><lb/>
              <l>mein weiches Eingeweid. Bin ich dann Sei-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">den rein/</hi> </l><lb/>
              <l>&#x017F;o muß ich nach und nach ein langer Faden</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eyn.</hi> </l>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>35. <hi rendition="#b">Baum.</hi></head><lb/>
            <p>Lebhaffte Seulen welche hochaufgewelbt &#x017F;ind<lb/>
gleich dem Pala&#x017F;t/ der doch tra&#x0364;gt einen leichten<lb/>
La&#x017F;t/ und manches kleines Vogel-ne&#x017F;t. Der gro&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J vj</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0171] Bauch. 33. Bauch. Deß Weltlings voller Goͤtz/ Bauchknecht iſt das groͤſt Geſchlecht. Der ſtets wie Judas fragt: was ihr mir geben wolt/ das ſagt ꝛc. Der Bauch wird nie lang vergnuͤget/ iſt ein Bad- und Wir- teshaus/ da man ſtets gehet ein und aus. Der groſſe Wannenbauch iſt ſeines Traͤgers Laſt/ ge- maͤſtet ohne Raſt/ ein Schuldner welcher heiſcht durch ſtetem Hungertrieb faſt taͤglich ſeine Schuld. Jſt ein groſſer Unflat Schlauch wehrt und veracht in dem Gebrauch. Der Bauch hat keine Ohren/ ſpeiſt ſich mit Worten nicht. Wird nie beſtaͤndig ſatt. Wird letzlich der Madẽ Speiß- kammer/ und der Leib ein Sack voll doͤrrer Beine. 34. Die Baumwollen. Jch bin ein weiſſes Haar/ faſt keine Frucht zu heiſſen/ dieweil mich niemand iſſt; ob gleich die Zaͤhne beiſ- ſen * mein weiches Eingeweid. Bin ich dann Sei- den rein/ ſo muß ich nach und nach ein langer Faden ſeyn. 35. Baum. Lebhaffte Seulen welche hochaufgewelbt ſind gleich dem Palaſt/ der doch traͤgt einen leichten Laſt/ und manches kleines Vogel-neſt. Der groſ- ſen * durch das Hecheln oder Kartetſchen. J vj

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/171
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/171>, abgerufen am 20.11.2024.