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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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VIII.
Riemen sind/ durch welche das Gedicht ver-
bunden und zusamen gezogen wird; so erleichtert
die volle Wahl solcher Reimwörter deß Gedich-
tes Kunstschluß/ wie die vielfaltigen schickliche
Wörter und Red-Arten desselben Verabfassung.
Zu solchem zugelangen muß man wissen/ wie al-
le Reimung zu untersuchen/ und zwar erstlich
verstehen/ was die Reimsylben/ der Reim-
schluß/
der Reimbuchstab/ etc. Von welchem
allen in der dritten Stunde deß Poetischen Trich-
ters umständige Meldung beschehen. Etliche
sind der Meinung daß die Reimsylben für sich
nicht gebrauchet und zu einem vollstimmigen
Reimschluß diene. Es ist aber solches falsch und
behalten sie alle andre Sprachen gleichsfals/
wann sie anderst eine Deutung hat/ die zu dem
Jnhalt kan gezogen werde. Zum Exempel/ Ertz/
oder Aertz (metallum) hat folgende Reimbuch-
staben

[Spaltenumbruch]
H
ertz.
Wann aber die Reimsyl-
ben für sich keine Deutung
hat/ so verstehet es sich vor-
hin/ daß solche blinde Wör-
ter nicht in das Gedicht
dienen.
K
M
Sch
Schm
Schw
St
W

Also reimet der H. von Bartas/ wie in dem

Dictio-

VIII.
Riemen ſind/ durch welche das Gedicht ver-
bunden und zuſamen gezogen wird; ſo erleichtert
die volle Wahl ſolcher Reimwoͤrter deß Gedich-
tes Kunſtſchluß/ wie die vielfaltigen ſchickliche
Woͤrter und Red-Arten deſſelben Verabfaſſung.
Zu ſolchem zugelangen muß man wiſſen/ wie al-
le Reimung zu unterſuchen/ und zwar erſtlich
verſtehen/ was die Reimſylben/ der Reim-
ſchluß/
der Reimbuchſtab/ ꝛc. Von welchem
allen in der dritten Stunde deß Poëtiſchen Trich-
ters umſtaͤndige Meldung beſchehen. Etliche
ſind der Meinung daß die Reimſylben fuͤr ſich
nicht gebrauchet und zu einem vollſtimmigen
Reimſchluß diene. Es iſt aber ſolches falſch und
behalten ſie alle andre Sprachen gleichsfals/
wann ſie anderſt eine Deutung hat/ die zu dem
Jnhalt kan gezogen weꝛdë. Zum Exempel/ Ertz/
oder Aertz (metallum) hat folgende Reimbuch-
ſtaben

[Spaltenumbruch]
H
ertz.
Wann aber die Reimſyl-
ben fuͤr ſich keine Deutung
hat/ ſo verſtehet es ſich vor-
hin/ daß ſolche blinde Woͤr-
ter nicht in das Gedicht
dienen.
K
M
Sch
Schm
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St
W

Alſo reimet der H. von Bartas/ wie in dem

Dictio-
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[76/0108] VIII. Riemen ſind/ durch welche das Gedicht ver- bunden und zuſamen gezogen wird; ſo erleichtert die volle Wahl ſolcher Reimwoͤrter deß Gedich- tes Kunſtſchluß/ wie die vielfaltigen ſchickliche Woͤrter und Red-Arten deſſelben Verabfaſſung. Zu ſolchem zugelangen muß man wiſſen/ wie al- le Reimung zu unterſuchen/ und zwar erſtlich verſtehen/ was die Reimſylben/ der Reim- ſchluß/ der Reimbuchſtab/ ꝛc. Von welchem allen in der dritten Stunde deß Poëtiſchen Trich- ters umſtaͤndige Meldung beſchehen. Etliche ſind der Meinung daß die Reimſylben fuͤr ſich nicht gebrauchet und zu einem vollſtimmigen Reimſchluß diene. Es iſt aber ſolches falſch und behalten ſie alle andre Sprachen gleichsfals/ wann ſie anderſt eine Deutung hat/ die zu dem Jnhalt kan gezogen weꝛdë. Zum Exempel/ Ertz/ oder Aertz (metallum) hat folgende Reimbuch- ſtaben H ertz. Wann aber die Reimſyl- ben fuͤr ſich keine Deutung hat/ ſo verſtehet es ſich vor- hin/ daß ſolche blinde Woͤr- ter nicht in das Gedicht dienen. K M Sch Schm Schw St W Alſo reimet der H. von Bartas/ wie in dem Dictio-

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/108>, abgerufen am 24.11.2024.