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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

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Zuschrift.
che leicht erweißlich: Jn dem Werke aber
befinden sich nicht wenig Hinderniß/ mas-
sen ihrer etliche geklagt/ der Trichter
sey viel zu eng/ und daß etliche Stücke
zwar angeführt/ aber nicht gnugsam aus-
geführet.

Andre klagen/ daß sie keine Poeten
worden/ ob sie zwar den Trichter gelesen/
und könten so wenig ein Gedicht verabfas-
sen als zuvor: So viel/ sagen sie/ wer ihnen
in dem Gedächtniß geblieben/ daß sie nach
Anleitung der natürlichen Eigenschaften
unsrer Sprache wüssten/ welche Sylben
lang oder kurtz/ welche reimten/ oder nicht
reimten; allein könten sie noch den Anfang
noch das Ende eines wolklingenden Ver-
ses zu Papier setzen/ und mangle es allezeit
an der Erfindung/ von welcher in der ersten
Stunde gar zu kurtze Anregung beschehen.

Solchen Mangel nun zu ersetzen/ hab
ich nicht ümgehen sollen/ meine Wenigkeit
noch ferner an Tag zu geben/ und die verspro-
chenen sechs Stunden/ jedoch wegen Kür-
tze der Zeit/ nicht mit endlicher Vollkom-

menheit/
A iik

Zuſchrift.
che leicht erweißlich: Jn dem Werke aber
befinden ſich nicht wenig Hinderniß/ maſ-
ſen ihrer etliche geklagt/ der Trichter
ſey viel zu eng/ und daß etliche Stuͤcke
zwar angefuͤhrt/ aber nicht gnugſam aus-
gefuͤhret.

Andre klagen/ daß ſie keine Poeten
worden/ ob ſie zwar den Trichter geleſen/
und koͤnten ſo wenig ein Gedicht verabfaſ-
ſen als zuvor: So viel/ ſagen ſie/ wer ihnen
in dem Gedaͤchtniß geblieben/ daß ſie nach
Anleitung der natuͤrlichen Eigenſchaften
unſrer Sprache wuͤſſten/ welche Sylben
lang oder kurtz/ welche reimten/ oder nicht
reimten; allein koͤntẽ ſie noch den Anfang
noch das Ende eines wolklingenden Ver-
ſes zu Papier ſetzen/ und mangle es allezeit
an der Erfindung/ von welcher in der erſten
Stunde gar zu kurtze Anregung beſchehẽ.

Solchen Mangel nun zu erſetzen/ hab
ich nicht uͤmgehen ſollen/ meine Wenigkeit
noch ferner an Tag zu gebẽ/ und die verſpro-
chenen ſechs Stunden/ jedoch wegen Kuͤr-
tze der Zeit/ nicht mit endlicher Vollkom-

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A iik
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[0005] Zuſchrift. che leicht erweißlich: Jn dem Werke aber befinden ſich nicht wenig Hinderniß/ maſ- ſen ihrer etliche geklagt/ der Trichter ſey viel zu eng/ und daß etliche Stuͤcke zwar angefuͤhrt/ aber nicht gnugſam aus- gefuͤhret. Andre klagen/ daß ſie keine Poeten worden/ ob ſie zwar den Trichter geleſen/ und koͤnten ſo wenig ein Gedicht verabfaſ- ſen als zuvor: So viel/ ſagen ſie/ wer ihnen in dem Gedaͤchtniß geblieben/ daß ſie nach Anleitung der natuͤrlichen Eigenſchaften unſrer Sprache wuͤſſten/ welche Sylben lang oder kurtz/ welche reimten/ oder nicht reimten; allein koͤntẽ ſie noch den Anfang noch das Ende eines wolklingenden Ver- ſes zu Papier ſetzen/ und mangle es allezeit an der Erfindung/ von welcher in der erſten Stunde gar zu kurtze Anregung beſchehẽ. Solchen Mangel nun zu erſetzen/ hab ich nicht uͤmgehen ſollen/ meine Wenigkeit noch ferner an Tag zu gebẽ/ und die verſpro- chenen ſechs Stunden/ jedoch wegen Kuͤr- tze der Zeit/ nicht mit endlicher Vollkom- menheit/ A iik

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/5>, abgerufen am 24.11.2024.