Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

Bild:
<< vorherige Seite

Die zwölffte Stund.
ser/ Burgershäuser/ Bauren/ und dergleichen.
Alles nach des Jnhalts Beschaffenheit.

9. Das Hirtenspiel/ welches vor Alters Sa-
tyra genennet worden/ hat solchen Namen daher/
dieweil an stat der Heydnischen Satyren/ Faunen
und Waldgötter/ heut zu Tage Hirten/ Schäfer/
Schäferinne und Bauersleute/ unter welchen
auch Fischer/ Vogler/ Zeitler/ etc. verstanden/ ein-
geführet werden. Sonsten hat das Wörtlein
Satyra auch die Deutung eines Schimff-Sta-
chel-oder Straffgedichts/ wann in demselben die
Laster auf sonderliche Arten anzüchig berühret
werden. Von diesem handlen wir hier nicht/
und waltet noch ein Zweiffel/ ob auch solche unter
die Gedichte zu rechnen/ weil ihr Jnhalt nicht er-
dichtet/ sondern in der Wahrheit befindlich ist.*

10. Es sind aber die Hirtenspiele solcher ge-
stalt von den Hirtengedichten unterschieden/ daß
jene auf dem Schauplatz vorgestellet/ diese allein
beschrieben werden. Nach der Jtaliäner Art sol-
len alle solche Gedichte gantz in Reimen verfasset
seyn/ und benebens einer Theorbaklang vernem-
lichst gesungen werden/ wie unsre Seelewig/ in
dem IV. Theil der Gesprächspiele. Von diesen

rüh-
* Causab. de Satyrica Poesi in fine. l. 2. cap. alt.
H

Die zwoͤlffte Stund.
ſer/ Burgershaͤuſer/ Bauren/ und dergleichen.
Alles nach des Jnhalts Beſchaffenheit.

9. Das Hirtenſpiel/ welches vor Alters Sa-
tyra genennet worden/ hat ſolchen Namen daher/
dieweil an ſtat der Heydniſchen Satyren/ Faunen
und Waldgoͤtter/ heut zu Tage Hirten/ Schaͤfer/
Schaͤferinne und Bauersleute/ unter welchen
auch Fiſcher/ Vogler/ Zeitler/ etc. verſtanden/ ein-
gefuͤhret werden. Sonſten hat das Woͤrtlein
Satyra auch die Deutung eines Schimff-Sta-
chel-oder Straffgedichts/ wann in demſelben die
Laſter auf ſonderliche Arten anzuͤchig beruͤhret
werden. Von dieſem handlen wir hier nicht/
und waltet noch ein Zweiffel/ ob auch ſolche unter
die Gedichte zu rechnen/ weil ihr Jnhalt nicht er-
dichtet/ ſondern in der Wahrheit befindlich iſt.*

10. Es ſind aber die Hirtenſpiele ſolcher ge-
ſtalt von den Hirtengedichten unterſchieden/ daß
jene auf dem Schauplatz vorgeſtellet/ dieſe allein
beſchrieben werden. Nach der Jtaliaͤner Art ſol-
len alle ſolche Gedichte gantz in Reimen verfaſſet
ſeyn/ und benebens einer Theorbaklang vernem-
lichſt geſungen werden/ wie unſre Seelewig/ in
dem IV. Theil der Geſpraͤchſpiele. Von dieſen

ruͤh-
* Cauſab. de Satyrica Poeſi in fine. l. 2. cap. alt.
H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="99"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die zwo&#x0364;lffte Stund.</hi></fw><lb/>
&#x017F;er/ Burgersha&#x0364;u&#x017F;er/ Bauren/ und dergleichen.<lb/>
Alles nach des Jnhalts Be&#x017F;chaffenheit.</p><lb/>
        <p>9. Das Hirten&#x017F;piel/ welches vor Alters Sa-<lb/>
tyra genennet worden/ hat &#x017F;olchen Namen daher/<lb/>
dieweil an &#x017F;tat der Heydni&#x017F;chen Satyren/ Faunen<lb/>
und Waldgo&#x0364;tter/ heut zu Tage Hirten/ Scha&#x0364;fer/<lb/>
Scha&#x0364;ferinne und Bauersleute/ unter welchen<lb/>
auch Fi&#x017F;cher/ Vogler/ Zeitler/ etc. ver&#x017F;tanden/ ein-<lb/>
gefu&#x0364;hret werden. Son&#x017F;ten hat das Wo&#x0364;rtlein<lb/>
Satyra auch die Deutung eines Schimff-Sta-<lb/>
chel-oder Straffgedichts/ wann in dem&#x017F;elben die<lb/>
La&#x017F;ter auf &#x017F;onderliche Arten anzu&#x0364;chig beru&#x0364;hret<lb/>
werden. Von die&#x017F;em handlen wir hier nicht/<lb/>
und waltet noch ein Zweiffel/ ob auch &#x017F;olche unter<lb/>
die Gedichte zu rechnen/ weil ihr Jnhalt nicht er-<lb/>
dichtet/ &#x017F;ondern in der Wahrheit befindlich i&#x017F;t.<note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cau&#x017F;ab. de Satyrica Poe&#x017F;i in fine. l. 2. cap. alt.</hi></hi></note></p><lb/>
        <p>10. Es &#x017F;ind aber die Hirten&#x017F;piele &#x017F;olcher ge-<lb/>
&#x017F;talt von den Hirtengedichten unter&#x017F;chieden/ daß<lb/>
jene auf dem Schauplatz vorge&#x017F;tellet/ die&#x017F;e allein<lb/>
be&#x017F;chrieben werden. Nach der Jtalia&#x0364;ner Art &#x017F;ol-<lb/>
len alle &#x017F;olche Gedichte gantz in Reimen verfa&#x017F;&#x017F;et<lb/>
&#x017F;eyn/ und benebens einer Theorbaklang vernem-<lb/>
lich&#x017F;t ge&#x017F;ungen werden/ wie un&#x017F;re <hi rendition="#fr">Seelewig/</hi> in<lb/>
dem <hi rendition="#aq">IV.</hi> Theil der Ge&#x017F;pra&#x0364;ch&#x017F;piele. Von die&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H</fw><fw place="bottom" type="catch">ru&#x0364;h-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0113] Die zwoͤlffte Stund. ſer/ Burgershaͤuſer/ Bauren/ und dergleichen. Alles nach des Jnhalts Beſchaffenheit. 9. Das Hirtenſpiel/ welches vor Alters Sa- tyra genennet worden/ hat ſolchen Namen daher/ dieweil an ſtat der Heydniſchen Satyren/ Faunen und Waldgoͤtter/ heut zu Tage Hirten/ Schaͤfer/ Schaͤferinne und Bauersleute/ unter welchen auch Fiſcher/ Vogler/ Zeitler/ etc. verſtanden/ ein- gefuͤhret werden. Sonſten hat das Woͤrtlein Satyra auch die Deutung eines Schimff-Sta- chel-oder Straffgedichts/ wann in demſelben die Laſter auf ſonderliche Arten anzuͤchig beruͤhret werden. Von dieſem handlen wir hier nicht/ und waltet noch ein Zweiffel/ ob auch ſolche unter die Gedichte zu rechnen/ weil ihr Jnhalt nicht er- dichtet/ ſondern in der Wahrheit befindlich iſt. * 10. Es ſind aber die Hirtenſpiele ſolcher ge- ſtalt von den Hirtengedichten unterſchieden/ daß jene auf dem Schauplatz vorgeſtellet/ dieſe allein beſchrieben werden. Nach der Jtaliaͤner Art ſol- len alle ſolche Gedichte gantz in Reimen verfaſſet ſeyn/ und benebens einer Theorbaklang vernem- lichſt geſungen werden/ wie unſre Seelewig/ in dem IV. Theil der Geſpraͤchſpiele. Von dieſen ruͤh- * Cauſab. de Satyrica Poeſi in fine. l. 2. cap. alt. H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/113
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/113>, abgerufen am 24.12.2024.