Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

Bild:
<< vorherige Seite
Die fünffte Stund.

Gekürtztlang:

Das nichtige Wesen vergeht/ die Tugend
bestehet allein.

5. Also kan man auch einen Abschnitt nach
der dritten Syllben machen:

Wann der Fried )( alle Waffen machte
rosten
fielen sie )( von den alterfaulten Pfosten.

Wie nun der erste Satz Anfangs geordnet
wird/ müssen alle andere auch gebunden werden.

II.

6. Ferners werden die Gebände von unter-
schiedlichen Reimmassen zusammengefüget/ un-
ter welchen die zierlichsten von kurtzlangen und
gekürtztlangen/ oder Jambischen und Anapästi-
schen geschlossen werden/ dann diese beede @ und
@@ eine grosse Verwandschaft haben; nemlich
nur mit Vorsetzung einer kurtzen Syllben unter-
schieden werden/ wie oben gemeldet.

7. Gleichergestalt sol man zu den langkur-
tzen -@ die langgekürtzten -@@ setzen/ wegen besag-
ter Ursache/ weil nur eine kurtze * Syllbe ange-
füget wird. Daß aber etliche ohne Unterscheid"
@- zu -@ setzen/ beschicht sonder Grund/ und ist"
dergleichen noch in den Haubtsprachen/ noch"
in allen andern befindlich. Es stehet mir frey in"

eine
* Scal. l. 2. Poet. c. 34.
E v
Die fuͤnffte Stund.

Gekuͤrtztlang:

Das nichtige Weſen vergeht/ die Tugend
beſtehet allein.

5. Alſo kan man auch einen Abſchnitt nach
der dritten Syllben machen:

Wann der Fried )( alle Waffen machte
roſten
fielen ſie )( von den alterfaulten Pfoſten.

Wie nun der erſte Satz Anfangs geordnet
wird/ muͤſſen alle andere auch gebunden werden.

II.

6. Ferners werden die Gebaͤnde von unter-
ſchiedlichen Reimmaſſen zuſammengefuͤget/ un-
ter welchen die zierlichſten von kurtzlangen und
gekuͤrtztlangen/ oder Jambiſchen und Anapaͤſti-
ſchen geſchloſſen werden/ dann dieſe beede  und
 eine groſſe Verwandſchaft haben; nemlich
nur mit Vorſetzung einer kurtzen Syllben unter-
ſchieden werden/ wie oben gemeldet.

7. Gleichergeſtalt ſol man zu den langkur-
tzen - die langgekuͤrtzten - ſetzen/ wegen beſag-
ter Urſache/ weil nur eine kurtze * Syllbe ange-
fuͤget wird. Daß aber etliche ohne Unterſcheid„
- zu - ſetzen/ beſchicht ſonder Grund/ und iſt„
dergleichen noch in den Haubtſprachen/ noch„
in allen andern befindlich. Es ſtehet mir frey in„

eine
* Scal. l. 2. Poët. c. 34.
E v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0091" n="77[73]"/>
        <fw place="top" type="header">Die fu&#x0364;nffte Stund.</fw><lb/>
        <p>Geku&#x0364;rtztlang:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Das nichtige We&#x017F;en vergeht/ die Tugend</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">be&#x017F;tehet allein.</hi> </hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>5. Al&#x017F;o kan man auch einen Ab&#x017F;chnitt nach<lb/>
der dritten Syllben machen:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Wann der Fried )( alle Waffen machte</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">ro&#x017F;ten</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">fielen &#x017F;ie )( von den alterfaulten Pfo&#x017F;ten.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Wie nun der er&#x017F;te Satz Anfangs geordnet<lb/>
wird/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle andere auch gebunden werden.</p><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi> </head><lb/>
          <p>6. Ferners werden die Geba&#x0364;nde von unter-<lb/>
&#x017F;chiedlichen Reimma&#x017F;&#x017F;en zu&#x017F;ammengefu&#x0364;get/ un-<lb/>
ter welchen die zierlich&#x017F;ten von kurtzlangen und<lb/>
geku&#x0364;rtztlangen/ oder Jambi&#x017F;chen und Anapa&#x0364;&#x017F;ti-<lb/>
&#x017F;chen ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden/ dann die&#x017F;e beede &#xFFFC; und<lb/>
&#xFFFC;&#xFFFC; eine gro&#x017F;&#x017F;e Verwand&#x017F;chaft haben; nemlich<lb/>
nur mit Vor&#x017F;etzung einer kurtzen Syllben unter-<lb/>
&#x017F;chieden werden/ wie oben gemeldet.</p><lb/>
          <p>7. Gleicherge&#x017F;talt &#x017F;ol man zu den langkur-<lb/>
tzen -&#xFFFC; die langgeku&#x0364;rtzten -&#xFFFC;&#xFFFC; &#x017F;etzen/ wegen be&#x017F;ag-<lb/>
ter <hi rendition="#fr">U</hi>r&#x017F;ache/ weil nur eine kurtze <note place="foot" n="*"><hi rendition="#aq">Scal. l. 2. Poët. c.</hi> 34.</note> Syllbe ange-<lb/>
fu&#x0364;get wird. Daß aber etliche ohne <hi rendition="#fr">U</hi>nter&#x017F;cheid&#x201E;<lb/>
&#xFFFC;- zu -&#xFFFC; &#x017F;etzen/ be&#x017F;chicht &#x017F;onder Grund/ und i&#x017F;t&#x201E;<lb/>
dergleichen noch in den Haubt&#x017F;prachen/ noch&#x201E;<lb/>
in allen andern befindlich. Es &#x017F;tehet mir frey in&#x201E;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E v</fw><fw place="bottom" type="catch">eine</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77[73]/0091] Die fuͤnffte Stund. Gekuͤrtztlang: Das nichtige Weſen vergeht/ die Tugend beſtehet allein. 5. Alſo kan man auch einen Abſchnitt nach der dritten Syllben machen: Wann der Fried )( alle Waffen machte roſten fielen ſie )( von den alterfaulten Pfoſten. Wie nun der erſte Satz Anfangs geordnet wird/ muͤſſen alle andere auch gebunden werden. II. 6. Ferners werden die Gebaͤnde von unter- ſchiedlichen Reimmaſſen zuſammengefuͤget/ un- ter welchen die zierlichſten von kurtzlangen und gekuͤrtztlangen/ oder Jambiſchen und Anapaͤſti- ſchen geſchloſſen werden/ dann dieſe beede  und  eine groſſe Verwandſchaft haben; nemlich nur mit Vorſetzung einer kurtzen Syllben unter- ſchieden werden/ wie oben gemeldet. 7. Gleichergeſtalt ſol man zu den langkur- tzen - die langgekuͤrtzten - ſetzen/ wegen beſag- ter Urſache/ weil nur eine kurtze * Syllbe ange- fuͤget wird. Daß aber etliche ohne Unterſcheid„ - zu - ſetzen/ beſchicht ſonder Grund/ und iſt„ dergleichen noch in den Haubtſprachen/ noch„ in allen andern befindlich. Es ſtehet mir frey in„ eine * Scal. l. 2. Poët. c. 34. E v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/91
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 77[73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/91>, abgerufen am 20.11.2024.