Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.Die dritte Stund. tapfere Männer/ welche kein Gedicht/ wann essonsten lobwürdig/ wegen etlicher strittigen Buch- staben verwerffen werden; in Betrachtung/ daß auch bey den Griechen ein ieglicher Poet nach seiner Mundart geschrieben: ob- wol eine besser und zierlicher/ als die ande- re gewesen. Also hat Opitz nach der Schlesi- schen Ausrede geschrieben/ Flemming nach der Metsnischen/ Melissus nach der Fränkischen/ Rist nach der Holsteinischen/ Schneuber nach der Rheinländifchen etc. 9. Gleichwie in der Music die Mißstim- III. 10. Hierauß ist leichtlich zu ersehen/ was ist/
Die dritte Stund. tapfere Maͤnner/ welche kein Gedicht/ wann esſonſten lobwuͤrdig/ wegen etlicher ſtrittigẽ Buch- ſtaben verwerffen werden; in Betrachtung/ daß auch bey den Griechen ein ieglicher Poet nach ſeiner Mundart geſchrieben: ob- wol eine beſſer und zierlicher/ als die ande- re geweſen. Alſo hat Opitz nach der Schleſi- ſchen Ausrede geſchrieben/ Flemming nach der Metſniſchen/ Meliſſus nach der Fraͤnkiſchen/ Riſt nach der Holſteiniſchen/ Schneuber nach der Rheinlaͤndifchen ꝛc. 9. Gleichwie in der Muſic die Mißſtim- III. 10. Hierauß iſt leichtlich zu erſehen/ was iſt/
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Die dritte Stund.
tapfere Maͤnner/ welche kein Gedicht/ wann es
ſonſten lobwuͤrdig/ wegen etlicher ſtrittigẽ Buch-
ſtaben verwerffen werden; in Betrachtung/ daß
auch bey den Griechen ein ieglicher Poet
nach ſeiner Mundart geſchrieben: ob-
wol eine beſſer und zierlicher/ als die ande-
re geweſen. Alſo hat Opitz nach der Schleſi-
ſchen Ausrede geſchrieben/ Flemming nach der
Metſniſchen/ Meliſſus nach der Fraͤnkiſchen/
Riſt nach der Holſteiniſchen/ Schneuber nach
der Rheinlaͤndifchen ꝛc.
9. Gleichwie in der Muſic die Mißſtim-
mung auch von einem ieden Bauren kan beob-
achtet werden/ der die Kunſt nicht verſtehet: alſo
kan auch ein unpoetiſches Ohr von den Reimen
urtheilen/ ob er richtig oder růhrend/ das iſt:
ſolche Reimſyllben hat/ welche nicht reinlich und
gleichlautend eintreffen/ ſondern ſich reimſtim-
mig ruͤhren/ doch alſo/ daß es fuͤr eine zulaͤſſige
Reimung gelten kan.
III.
10. Hierauß iſt leichtlich zu erſehen/ was
falſche Reimen ſind; Wann nemlich die Reim-
ſyllben ungleich/ und nicht ruͤhret: Als da ſind in
den einſyllbigẽ o und u/ als Gold/ uñ Schuld/
g/ und k/ Klang und Dank/ weil zwiſchen ſol-
chen Buchſtaben keine ruͤhrende Verwandſchaft
iſt/
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