Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.Die zweyte Stund. IV. Von den verdopelten oder (wie sie HerrLutherus nennet) Zwillingswörtern/ und derselben Kunstart. 2. Daß man in unsrer Sprache alles/ was 3. Es ist auch ein unbescheidner Wahn/ wann 4. Der Poet sol die Wort meistern können/ tig/ B
Die zweyte Stund. IV. Von den verdopelten oder (wie ſie HerrLutherus nennet) Zwillingswoͤrtern/ und derſelben Kunſtart. 2. Daß man in unſrer Sprache alles/ was 3. Es iſt auch ein unbeſcheidner Wahn/ wann 4. Der Poet ſol die Wort meiſtern koͤnnen/ tig/ B
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Die zweyte Stund.
IV. Von den verdopelten oder (wie ſie Herr
Lutherus nennet) Zwillingswoͤrtern/ und
derſelben Kunſtart.
2. Daß man in unſrer Sprache alles/ was
zu richtiger Vernunft nohtwendig iſt/ ſagen koͤn-
ne/ habẽ viel hochgelehꝛte Leute mit ihren Schrif-
ten beglaubt/ und zeuget auch ſolches die taͤgliche
Erfahrung/ daß deß Menſchen Verſtand nicht
an eine gewiſſe Sprache gebunden iſt/ wiewol et-
liche Sachen zu teutſchen faſt ſchwer ſcheinen;
doch iſt ſolches nicht der Sprache/ welche genug-
ſame Wort hat/ ſondern der Unwiſſenheit deß
Lehrers/ oder der Ungeſchicklichkeit des Zuhoͤ-
rers/ oder dem Unfleiß/ in dem wir bißhero ver-
harret/ beyzumeſſen.
3. Es iſt auch ein unbeſcheidner Wahn/ wann
ich darvorhalte/ man koͤnne dieſes oder jenes
nicht geben oder nicht recht teutſchen/ weil ich es
nicht weiß: Meine Unwiſſenheit kan von eines
andern wolvermoͤgendem Verſtaͤndniß nicht ur-
theilen/ und iſt kein Menſch in der Welt/ der
nicht noch ſolte zu lernen haben/ er ſey in ſeiner
Mutterſprache ſo gelehrter wolle.
4. Der Poet ſol die Wort meiſtern koͤnnen/
und keines der Reimung zu gefallen verſetzen/ o-
der es anderſt/ als in gebundner Redart/ gebrau-
chen: ſolches zu leiſten/ iſt unſre Sprache maͤch-
tig/
B
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