Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.Anhang. scheidet I. die kurtzen Gleichnisse: Wie dieLockvögel andere/ in ihrem Gefängniß/ zum Verderben ruffen; also verführen die Bösen den einfältigen Jüngling. II. dienet das; in dem Gegenstand unterschiedlicher Sa- chen/ als: Du hast an mich geschrieben Gu- tes und Böses; Neues und Altes; die Lü- gen und die Warheit: wer es glaubt/ muß sich betrogen finden. III. wann die Mei- nung durch etliche Dopelpunct gesondert wird/ und selbe widerüm zertheilet werden/ so hat das Strichpünctlein statt/ also: Man sol in Un- glück nicht zusehr trauren; wie die Hey- den/ so keinen Trost haben: Jn Glück sich nicht zusehr freuen; wie die Weltkinder/ die ihres Gottes vergessen; ja vermeinen/ es müsse ihnen alles/ nach Wunsch/ hin- ausgehen. Der Poet sol sich hüten/ daß er kei- ne so langschweiffige Meinung binde; weil solche sonderlich in den kurtzen Liederreimen den Jn- halt schwer/ und dem Zuhörer unvernemlich machen. Je kürtzer er seine Meinung schliessen kan/ ie lieblicher/ und leichter ist das Lied/ und das Gedicht. Mit dem Redner hat es eine andere Meinung. §. 17. Der Dopelpunct (:) bindet I. eine gantze Mei-
Anhang. ſcheidet I. die kurtzen Gleichniſſe: Wie dieLockvoͤgel andere/ in ihrem Gefaͤngniß/ zum Verderben ruffen; alſo verfuͤhren die Boͤſen den einfaͤltigen Juͤngling. II. dienet das; in dem Gegenſtand unterſchiedlicher Sa- chen/ als: Du haſt an mich geſchrieben Gu- tes und Boͤſes; Neues und Altes; die Luͤ- gen und die Warheit: wer es glaubt/ muß ſich betrogen finden. III. wann die Mei- nung durch etliche Dopelpunct geſondert wird/ und ſelbe wideruͤm zertheilet werden/ ſo hat das Strichpuͤnctlein ſtatt/ alſo: Man ſol in Un- gluͤck nicht zuſehr trauren; wie die Hey- den/ ſo keinen Troſt haben: Jn Gluͤck ſich nicht zuſehr freuen; wie die Weltkinder/ die ihres Gottes vergeſſen; ja vermeinen/ es muͤſſe ihnen alles/ nach Wunſch/ hin- ausgehen. Der Poet ſol ſich huͤten/ daß er kei- ne ſo langſchweiffige Meinung binde; weil ſolche ſonderlich in den kurtzen Liederreimen den Jn- halt ſchwer/ und dem Zuhoͤrer unvernemlich machen. Je kuͤrtzer er ſeine Meinung ſchlieſſen kan/ ie lieblicher/ und leichter iſt das Lied/ und das Gedicht. Mit dem Redner hat es eine andere Meinung. §. 17. Der Dopelpunct (:) bindet I. eine gantze Mei-
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Lockvoͤgel andere/ in ihrem Gefaͤngniß/
zum Verderben ruffen; alſo verfuͤhren die
Boͤſen den einfaͤltigen Juͤngling. II. dienet
das; in dem Gegenſtand unterſchiedlicher Sa-
chen/ als: Du haſt an mich geſchrieben Gu-
tes und Boͤſes; Neues und Altes; die Luͤ-
gen und die Warheit: wer es glaubt/ muß
ſich betrogen finden. III. wann die Mei-
nung durch etliche Dopelpunct geſondert wird/
und ſelbe wideruͤm zertheilet werden/ ſo hat das
Strichpuͤnctlein ſtatt/ alſo: Man ſol in Un-
gluͤck nicht zuſehr trauren; wie die Hey-
den/ ſo keinen Troſt haben: Jn Gluͤck ſich
nicht zuſehr freuen; wie die Weltkinder/
die ihres Gottes vergeſſen; ja vermeinen/
es muͤſſe ihnen alles/ nach Wunſch/ hin-
ausgehen. Der Poet ſol ſich huͤten/ daß er kei-
ne ſo langſchweiffige Meinung binde; weil ſolche
ſonderlich in den kurtzen Liederreimen den Jn-
halt ſchwer/ und dem Zuhoͤrer unvernemlich
machen. Je kuͤrtzer er ſeine Meinung ſchlieſſen
kan/ ie lieblicher/ und leichter iſt das Lied/ und das
Gedicht. Mit dem Redner hat es eine andere
Meinung.
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