Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.Anhang. sachen nicht kan beurtheilet werden/ so sihet manauf die gewöhnliche Schreibung/ deren Grund ist die wolausgesprochne Rede/ od' Mund- art/ welche von vielen allen Vrsachen vorgezo- gen wird: Daher dann leichtlich zu mutmassen/ warüm man sich in dieser Sache so gar nicht ver- gleichen kan. Der Schlesier schreibt/ wie er redet/ und reimet a und o wie H. Opitz sel. weil er Kunst und sonst gleich ausspricht: der Meisner schreibt/ wie er zu reden pfleget/ zärtlich und reinlich: der Braunschweiger stark und männlich: Doch sind alle in diesem einig/ daß die Schrift die Rede bil- den sol: gleichwie die Rede die Gedanken: nem- lich noch mit zuviel Worten/ noch überflüssigen Buchstaben; daher findet man fast in allen neu- en Büchern aus/ auf/ üm/ damit in den zusam- mengesetzten Wörtern nicht zuviel mitlautende Buchstaben gehäuffet/ und die Sprache rau/ schwer und grob gemacht werde. als: ausschro- ten/ auffahren/ ümringen/ nicht außschro- ten/ aufffahren/ ümbringen. Hierinnen aber wollen wir niemand Gesetze geben. §. 11. Es ist auch bißhero in den Druckereyen/ aus ei- den/
Anhang. ſachen nicht kan beurtheilet werden/ ſo ſihet manauf die gewoͤhnliche Schreibung/ deren Grund iſt die wolausgeſprochne Rede/ od’ Mund- art/ welche von vielen allen Vrſachen vorgezo- gen wird: Daher dann leichtlich zu mutmaſſen/ waruͤm man ſich in dieſer Sache ſo gar nicht ver- gleichen kan. Der Schleſier ſchreibt/ wie er redet/ uñ reimet a uñ o wie H. Opitz ſel. weil er Kunſt uñ ſonſt gleich ausſpricht: der Meiſner ſchreibt/ wie er zu reden pfleget/ zaͤrtlich und reinlich: der Braunſchweiger ſtark und maͤnnlich: Doch ſind alle in dieſem einig/ daß die Schrift die Rede bil- den ſol: gleichwie die Rede die Gedanken: nem- lich noch mit zuviel Worten/ noch uͤberfluͤſſigen Buchſtaben; daher findet man faſt in allen neu- en Buͤchern aus/ auf/ uͤm/ damit in den zuſam- mengeſetzten Woͤrtern nicht zuviel mitlautende Buchſtaben gehaͤuffet/ und die Sprache rau/ ſchwer und grob gemacht werde. als: ausſchro- ten/ auffahren/ uͤmringen/ nicht außſchro- ten/ aufffahren/ uͤmbringen. Hierinnen aber wollen wir niemand Geſetze geben. §. 11. Es iſt auch bißhero in den Druckereyen/ aus ei- den/
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Anhang.
ſachen nicht kan beurtheilet werden/ ſo ſihet man
auf die gewoͤhnliche Schreibung/ deren Grund
iſt die wolausgeſprochne Rede/ od’ Mund-
art/ welche von vielen allen Vrſachen vorgezo-
gen wird: Daher dann leichtlich zu mutmaſſen/
waruͤm man ſich in dieſer Sache ſo gar nicht ver-
gleichen kan. Der Schleſier ſchreibt/ wie er redet/
uñ reimet a uñ o wie H. Opitz ſel. weil er Kunſt
uñ ſonſt gleich ausſpricht: der Meiſner ſchreibt/
wie er zu reden pfleget/ zaͤrtlich und reinlich: der
Braunſchweiger ſtark und maͤnnlich: Doch ſind
alle in dieſem einig/ daß die Schrift die Rede bil-
den ſol: gleichwie die Rede die Gedanken: nem-
lich noch mit zuviel Worten/ noch uͤberfluͤſſigen
Buchſtaben; daher findet man faſt in allen neu-
en Buͤchern aus/ auf/ uͤm/ damit in den zuſam-
mengeſetzten Woͤrtern nicht zuviel mitlautende
Buchſtaben gehaͤuffet/ und die Sprache rau/
ſchwer und grob gemacht werde. als: ausſchro-
ten/ auffahren/ uͤmringen/ nicht außſchro-
ten/ aufffahren/ uͤmbringen. Hierinnen aber
wollen wir niemand Geſetze geben.
§. 11.
Es iſt auch bißhero in den Druckereyen/ aus ei-
nem beliebten Mißbrauch/ bey allen ſelbſtſtaͤn-
digen Nennwoͤrtern (Nominibus ſubſtantivis)
ein groſſer Buchſtab Anfangs gebrauchet wor-
den/
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