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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die sechste Stund.
die sprachen Menschenwort. Der Hund sagt:
höre zu/
ich/ ich bin meinem Freund getreuer/ als
nicht du
dem/ der dir Gutes thut. Das Pferd beginnt zu
sagen:
Der mir schaft meine Kost/ pfleg' ich auf mir zu
tragen/
gehorsam' auch der Hand/ die mich mit Lust
regiert:
du widerstrebest Gott/ der dir dz Hertz gerührt/
und dich ernehret hat. Deßgleichen sprach die
Kuh':
ich bin/ nie satter Mensch/ viel baß vergnügt
als du.
Für wenig grünes Gras pfleg' ich viel Milch
zu geben/
und du strebst/ Tag und Nacht/ nach deines
Nechsten Leben/
nach seinem Haab und Gut/ der Arme für der
Thür
bejammert deinen Geitz/ sein Geld trägst du jhm
für/
sein ist dein Uberfluß. Der Esel sagt' ohn
Fragen:
Jch Esel bin so klug/ wann man mich tod solt
schlagen/
gieng
Die ſechſte Stund.
die ſprachen Menſchenwort. Der Hund ſagt:
hoͤre zu/
ich/ ich bin meinem Freund getreuer/ als
nicht du
dem/ der dir Gutes thut. Das Pferd beginnt zu
ſagen:
Der mir ſchaft meine Koſt/ pfleg’ ich auf mir zu
tragen/
gehorſam’ auch der Hand/ die mich mit Luſt
regiert:
du widerſtrebeſt Gott/ der dir dz Hertz geruͤhrt/
und dich ernehret hat. Deßgleichen ſprach die
Kuh’:
ich bin/ nie ſatter Menſch/ viel baß vergnuͤgt
als du.
Fuͤr wenig gruͤnes Gras pfleg’ ich viel Milch
zu geben/
und du ſtrebſt/ Tag und Nacht/ nach deines
Nechſten Leben/
nach ſeinem Haab und Gut/ der Arme fuͤr der
Thuͤr
bejammert deinen Geitz/ ſein Geld traͤgſt du jhm
fuͤr/
ſein iſt dein Uberfluß. Der Eſel ſagt’ ohn
Fragen:
Jch Eſel bin ſo klug/ wann man mich tod ſolt
ſchlagen/
gieng
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[104[100]/0118] Die ſechſte Stund. die ſprachen Menſchenwort. Der Hund ſagt: hoͤre zu/ ich/ ich bin meinem Freund getreuer/ als nicht du dem/ der dir Gutes thut. Das Pferd beginnt zu ſagen: Der mir ſchaft meine Koſt/ pfleg’ ich auf mir zu tragen/ gehorſam’ auch der Hand/ die mich mit Luſt regiert: du widerſtrebeſt Gott/ der dir dz Hertz geruͤhrt/ und dich ernehret hat. Deßgleichen ſprach die Kuh’: ich bin/ nie ſatter Menſch/ viel baß vergnuͤgt als du. Fuͤr wenig gruͤnes Gras pfleg’ ich viel Milch zu geben/ und du ſtrebſt/ Tag und Nacht/ nach deines Nechſten Leben/ nach ſeinem Haab und Gut/ der Arme fuͤr der Thuͤr bejammert deinen Geitz/ ſein Geld traͤgſt du jhm fuͤr/ ſein iſt dein Uberfluß. Der Eſel ſagt’ ohn Fragen: Jch Eſel bin ſo klug/ wann man mich tod ſolt ſchlagen/ gieng

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 104[100]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/118>, abgerufen am 27.11.2024.