Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.Werck-Zeuge, wie auch durch die Gebehrden der sich schier toll stellenden Priester, ausser sich gesetzet wurden? HORATIVS vergleicht den Zorn, wodurch man ausser sich selbst kommt, mit diesen Zustande der feyrenden, und räumet der Wuht der Zornigen einen geringen Vorzug ein. Er sagt Lib. I. Carm. Od. XVI. Non Dindymene, non adytis quatit Mentem sacerdotum incola Pythius, Non liber aeque: non acuta Sic geminant Corybantes aera, Tristes ut irae. Die Thone gewisser Lieder und musicalischer Instrumenten haben in einige Gemühter solchen Eindruck, dergleichen die Lieder und Verse ohne die Melodeyen nimmermehr haben würden. Die alten Lacedemonier hatten dieserwegen fast alle Music verbohten, damit nemlich ihre Unterthanen nicht zur veränderlichen und beweglichen Phantasey gewehnet werden mögten. Was eine lebhafte und fliessende Vorstellung ungescheuter und artiger Redner durch ihre Eindrückungen vermöge, ist alzubekannt. Es giebet Leute, welche mit grosser Hertzhaftigkeit und eindringender Gebehrden beten können, und dadurch gantze Schaaren an sich ziehen, und mit Irrthümern anstecken. Die Phantasey hat eine grosse Kraft auf beyden Seiten, zm guten (aa) und zum bösen, und lassen (aa) Dieses siehet man bey den lebhaften Vorstellungen
Werck-Zeuge, wie auch durch die Gebehrden der sich schier toll stellenden Priester, ausser sich gesetzet wurden? HORATIVS vergleicht den Zorn, wodurch man ausser sich selbst kommt, mit diesen Zustande der feyrenden, und räumet der Wuht der Zornigen einen geringen Vorzug ein. Er sagt Lib. I. Carm. Od. XVI. Non Dindymene, non adytis quatit Mentem sacerdotum incola Pythius, Non liber aeque: non acuta Sic geminant Corybantes aera, Tristes ut irae. Die Thone gewisser Lieder und musicalischer Instrumenten haben in einige Gemühter solchen Eindruck, dergleichen die Lieder und Verse ohne die Melodeyen nimmermehr haben würden. Die alten Lacedemonier hatten dieserwegen fast alle Music verbohten, damit nemlich ihre Unterthanen nicht zur veränderlichen und beweglichen Phantasey gewehnet werden mögten. Was eine lebhafte und fliessende Vorstellung ungescheuter und artiger Redner durch ihre Eindrückungen vermöge, ist alzubekannt. Es giebet Leute, welche mit grosser Hertzhaftigkeit und eindringender Gebehrden beten können, und dadurch gantze Schaaren an sich ziehen, und mit Irrthümern anstecken. Die Phantasey hat eine grosse Kraft auf beyden Seiten, zm guten (aa) und zum bösen, und lassen (aa) Dieses siehet man bey den lebhaften Vorstellungen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0108" n="110"/> Werck-Zeuge, wie auch durch die Gebehrden der sich schier toll stellenden Priester, ausser sich gesetzet wurden? <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">HORATIVS</hi></hi> vergleicht den Zorn, wodurch man ausser sich selbst kommt, mit diesen Zustande der feyrenden, und räumet der Wuht der Zornigen einen geringen Vorzug ein.</p> <p>Er sagt <hi rendition="#aq">Lib. I. Carm. Od. XVI.</hi></p> <lg type="poem"> <l rendition="#et"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Non Dindymene, non adytis quatit</hi> </hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mentem sacerdotum incola Pythius,</hi> </hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Non liber aeque: non acuta</hi> </hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Sic geminant Corybantes aera,</hi> </hi> </l><lb/> <l rendition="#et"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Tristes ut irae.</hi> </hi> </l><lb/> </lg> <p>Die Thone gewisser Lieder und musicalischer Instrumenten haben in einige Gemühter solchen Eindruck, dergleichen die Lieder und Verse ohne die Melodeyen nimmermehr haben würden. Die alten Lacedemonier hatten dieserwegen fast alle Music verbohten, damit nemlich ihre Unterthanen nicht zur veränderlichen und beweglichen Phantasey gewehnet werden mögten. Was eine lebhafte und fliessende Vorstellung ungescheuter und artiger Redner durch ihre Eindrückungen vermöge, ist alzubekannt. Es giebet Leute, welche mit grosser Hertzhaftigkeit und eindringender Gebehrden beten können, und dadurch gantze Schaaren an sich ziehen, und mit Irrthümern anstecken. Die Phantasey hat eine grosse Kraft auf beyden Seiten, zm guten <note xml:id="note-0108" next="note-0109" place="foot" n="(aa)">Dieses siehet man bey den lebhaften Vorstellungen</note> und zum bösen, und lassen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [110/0108]
Werck-Zeuge, wie auch durch die Gebehrden der sich schier toll stellenden Priester, ausser sich gesetzet wurden? HORATIVS vergleicht den Zorn, wodurch man ausser sich selbst kommt, mit diesen Zustande der feyrenden, und räumet der Wuht der Zornigen einen geringen Vorzug ein.
Er sagt Lib. I. Carm. Od. XVI.
Non Dindymene, non adytis quatit
Mentem sacerdotum incola Pythius,
Non liber aeque: non acuta
Sic geminant Corybantes aera,
Tristes ut irae.
Die Thone gewisser Lieder und musicalischer Instrumenten haben in einige Gemühter solchen Eindruck, dergleichen die Lieder und Verse ohne die Melodeyen nimmermehr haben würden. Die alten Lacedemonier hatten dieserwegen fast alle Music verbohten, damit nemlich ihre Unterthanen nicht zur veränderlichen und beweglichen Phantasey gewehnet werden mögten. Was eine lebhafte und fliessende Vorstellung ungescheuter und artiger Redner durch ihre Eindrückungen vermöge, ist alzubekannt. Es giebet Leute, welche mit grosser Hertzhaftigkeit und eindringender Gebehrden beten können, und dadurch gantze Schaaren an sich ziehen, und mit Irrthümern anstecken. Die Phantasey hat eine grosse Kraft auf beyden Seiten, zm guten (aa) und zum bösen, und lassen
(aa) Dieses siehet man bey den lebhaften Vorstellungen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/108 |
Zitationshilfe: | Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/108>, abgerufen am 16.07.2024. |