Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
Venereus Gelegenheit zu der Damen zu kommen/ wel-
che/ ob sie sich gleich ihres verstorbenen Kindes hal-
ben sehr Trost-loß anzustellen wuste/ dannoch durch
die liebliche Reden dieses neuen Courtisanen derge-
stalt einnehmen ließ/ daß sie ihm alles das Jenige
vergönnete/ was er verlangete/ zumahl/ da er ihr von
güldenen Bergen viel vorsagete/ und sie zu ehelichen
versprach. Zu dem Ende verehrete er ihr einen Ring/
und bekam von ihr den Jenigen/ den ihr vormahlen
der Reformirte Studiosus auf die Treu gegeben hatte.
Mit demselben wanderte er wieder fort/ verspre-
chend/ bald wieder zu kommen/ und das Hauptwerck
vollends in Richtigkeit zu bringen. Er gieng aber mit
dem Ring zu dem Studenten/ gab ihm solchen wie-
der/ und erzehlete ihm/ daß er nun loß sey von seiner
gewesenen Liebsten/ er müsse aber zu ihr gehen/ und
sich anstellen/ als wann er bey seinem ehelichen Vor-
haben annoch beständig verharren wolte. Solches
thäte er/ und weil die närrische Dame an dem Vene-
reo
einen Narren gefressen/ kündigte sie ihm alle Liebe
und Schuldigkeit auf/ sandte auch nach dem Recto-
re,
und ließ ihn ersuchen/ den Studenten seines Ar-
rest
s zu erlassen/ welches dieser hertzlich gern an-
nahm/ und gleich hernach darvon zog. Venereus
wuste inzwischen seine Person so wol zu spielen/ daß
er die Dame gäntzlich zu seinem Willen hatte/ und das
Beylager/ oder die Priesterliche Copulation, biß auf
etliche Wochen aufschobe/ weil er wuste/ daß er mit
Condado und der übrigen Gesellschafft alsdann wür-
de weggezogen seyn.

Das XXXVIII. Capitul/

Durch List und falsche Berheissungen wird manch redliches
Gemüth betrogen/ mit etlichen Exempeln erwiesen.

ALs er wieder zu seiner Gesellschafft kam/ erzehlete
er/ wie er den Studenten von seiner Noth und

Arrest

Deß Academiſchen
Venereus Gelegenheit zu der Damen zu kommen/ wel-
che/ ob ſie ſich gleich ihres verſtorbenen Kindes hal-
ben ſehr Troſt-loß anzuſtellen wuſte/ dannoch durch
die liebliche Reden dieſes neuen Courtiſanen derge-
ſtalt einnehmen ließ/ daß ſie ihm alles das Jenige
vergoͤnnete/ was er verlangete/ zumahl/ da er ihr von
guͤldenen Bergen viel vorſagete/ und ſie zu ehelichen
verſprach. Zu dem Ende verehrete er ihr einen Ring/
und bekam von ihr den Jenigen/ den ihr vormahlen
der Reformirte Studioſus auf die Treu gegeben hatte.
Mit demſelben wanderte er wieder fort/ verſpre-
chend/ bald wieder zu kommen/ und das Hauptwerck
vollends in Richtigkeit zu bringen. Er gieng aber mit
dem Ring zu dem Studenten/ gab ihm ſolchen wie-
der/ und erzehlete ihm/ daß er nun loß ſey von ſeiner
geweſenen Liebſten/ er muͤſſe aber zu ihr gehen/ und
ſich anſtellen/ als wann er bey ſeinem ehelichen Vor-
haben annoch beſtaͤndig verharren wolte. Solches
thaͤte er/ und weil die naͤrriſche Dame an dem Vene-
reo
einen Narren gefreſſen/ kuͤndigte ſie ihm alle Liebe
und Schuldigkeit auf/ ſandte auch nach dem Recto-
re,
und ließ ihn erſuchen/ den Studenten ſeines Ar-
reſt
s zu erlaſſen/ welches dieſer hertzlich gern an-
nahm/ und gleich hernach darvon zog. Venereus
wuſte inzwiſchen ſeine Perſon ſo wol zu ſpielen/ daß
er die Dame gaͤntzlich zu ſeinem Willen hatte/ und das
Beylager/ oder die Prieſterliche Copulation, biß auf
etliche Wochen aufſchobe/ weil er wuſte/ daß er mit
Condado und der uͤbrigen Geſellſchafft alsdann wuͤr-
de weggezogen ſeyn.

Das XXXVIII. Capitul/

Durch Liſt und falſche Berheiſſungen wird manch redliches
Gemuͤth betrogen/ mit etlichen Exempeln erwieſen.

ALs er wieder zu ſeiner Geſellſchafft kam/ erzehlete
er/ wie er den Studenten von ſeiner Noth und

Arreſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0988" n="968"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">Venereus</hi> Gelegenheit zu der <hi rendition="#aq">Dam</hi>en zu kommen/ wel-<lb/>
che/ ob &#x017F;ie &#x017F;ich gleich ihres ver&#x017F;torbenen Kindes hal-<lb/>
ben &#x017F;ehr Tro&#x017F;t-loß anzu&#x017F;tellen wu&#x017F;te/ dannoch durch<lb/>
die liebliche Reden die&#x017F;es neuen <hi rendition="#aq">Courti&#x017F;an</hi>en derge-<lb/>
&#x017F;talt einnehmen ließ/ daß &#x017F;ie ihm alles das Jenige<lb/>
vergo&#x0364;nnete/ was er verlangete/ zumahl/ da er ihr von<lb/>
gu&#x0364;ldenen Bergen viel vor&#x017F;agete/ und &#x017F;ie zu ehelichen<lb/>
ver&#x017F;prach. Zu dem Ende verehrete er ihr einen Ring/<lb/>
und bekam von ihr den Jenigen/ den ihr vormahlen<lb/>
der <hi rendition="#aq">Reformi</hi>rte <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us</hi> auf die Treu gegeben hatte.<lb/>
Mit dem&#x017F;elben wanderte er wieder fort/ ver&#x017F;pre-<lb/>
chend/ bald wieder zu kommen/ und das Hauptwerck<lb/>
vollends in Richtigkeit zu bringen. Er gieng aber mit<lb/>
dem Ring zu dem Studenten/ gab ihm &#x017F;olchen wie-<lb/>
der/ und erzehlete ihm/ daß er nun loß &#x017F;ey von &#x017F;einer<lb/>
gewe&#x017F;enen Lieb&#x017F;ten/ er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aber zu ihr gehen/ und<lb/>
&#x017F;ich an&#x017F;tellen/ als wann er bey &#x017F;einem ehelichen Vor-<lb/>
haben annoch be&#x017F;ta&#x0364;ndig verharren wolte. Solches<lb/>
tha&#x0364;te er/ und weil die na&#x0364;rri&#x017F;che <hi rendition="#aq">Dame</hi> an dem <hi rendition="#aq">Vene-<lb/>
reo</hi> einen Narren gefre&#x017F;&#x017F;en/ ku&#x0364;ndigte &#x017F;ie ihm alle Liebe<lb/>
und Schuldigkeit auf/ &#x017F;andte auch nach dem <hi rendition="#aq">Recto-<lb/>
re,</hi> und ließ ihn er&#x017F;uchen/ den Studenten &#x017F;eines <hi rendition="#aq">Ar-<lb/>
re&#x017F;t</hi>s zu erla&#x017F;&#x017F;en/ welches die&#x017F;er hertzlich gern an-<lb/>
nahm/ und gleich hernach darvon zog. <hi rendition="#aq">Venereus</hi><lb/>
wu&#x017F;te inzwi&#x017F;chen &#x017F;eine Per&#x017F;on &#x017F;o wol zu &#x017F;pielen/ daß<lb/>
er die <hi rendition="#aq">Dame</hi> ga&#x0364;ntzlich zu &#x017F;einem Willen hatte/ und das<lb/>
Beylager/ oder die Prie&#x017F;terliche <hi rendition="#aq">Copulation,</hi> biß auf<lb/>
etliche Wochen auf&#x017F;chobe/ weil er wu&#x017F;te/ daß er mit<lb/><hi rendition="#aq">Condado</hi> und der u&#x0364;brigen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft alsdann wu&#x0364;r-<lb/>
de weggezogen &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XXXVIII.</hi></hi> Capitul/</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p>Durch Li&#x017F;t und fal&#x017F;che Berhei&#x017F;&#x017F;ungen wird manch redliches<lb/>
Gemu&#x0364;th betrogen/ mit etlichen Exempeln erwie&#x017F;en.</p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>Ls er wieder zu &#x017F;einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft kam/ erzehlete<lb/>
er/ wie er den Studenten von &#x017F;einer Noth und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Arre&#x017F;t</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[968/0988] Deß Academiſchen Venereus Gelegenheit zu der Damen zu kommen/ wel- che/ ob ſie ſich gleich ihres verſtorbenen Kindes hal- ben ſehr Troſt-loß anzuſtellen wuſte/ dannoch durch die liebliche Reden dieſes neuen Courtiſanen derge- ſtalt einnehmen ließ/ daß ſie ihm alles das Jenige vergoͤnnete/ was er verlangete/ zumahl/ da er ihr von guͤldenen Bergen viel vorſagete/ und ſie zu ehelichen verſprach. Zu dem Ende verehrete er ihr einen Ring/ und bekam von ihr den Jenigen/ den ihr vormahlen der Reformirte Studioſus auf die Treu gegeben hatte. Mit demſelben wanderte er wieder fort/ verſpre- chend/ bald wieder zu kommen/ und das Hauptwerck vollends in Richtigkeit zu bringen. Er gieng aber mit dem Ring zu dem Studenten/ gab ihm ſolchen wie- der/ und erzehlete ihm/ daß er nun loß ſey von ſeiner geweſenen Liebſten/ er muͤſſe aber zu ihr gehen/ und ſich anſtellen/ als wann er bey ſeinem ehelichen Vor- haben annoch beſtaͤndig verharren wolte. Solches thaͤte er/ und weil die naͤrriſche Dame an dem Vene- reo einen Narren gefreſſen/ kuͤndigte ſie ihm alle Liebe und Schuldigkeit auf/ ſandte auch nach dem Recto- re, und ließ ihn erſuchen/ den Studenten ſeines Ar- reſts zu erlaſſen/ welches dieſer hertzlich gern an- nahm/ und gleich hernach darvon zog. Venereus wuſte inzwiſchen ſeine Perſon ſo wol zu ſpielen/ daß er die Dame gaͤntzlich zu ſeinem Willen hatte/ und das Beylager/ oder die Prieſterliche Copulation, biß auf etliche Wochen aufſchobe/ weil er wuſte/ daß er mit Condado und der uͤbrigen Geſellſchafft alsdann wuͤr- de weggezogen ſeyn. Das XXXVIII. Capitul/ Durch Liſt und falſche Berheiſſungen wird manch redliches Gemuͤth betrogen/ mit etlichen Exempeln erwieſen. ALs er wieder zu ſeiner Geſellſchafft kam/ erzehlete er/ wie er den Studenten von ſeiner Noth und Arreſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/988
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 968. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/988>, abgerufen am 18.11.2024.