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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
deß verstorbenen Küsters zu Stachelfeld noch vereh-
ret hat. Hiermit ergriff er den Nestel/ und wolte ihn
herauß ziehen/ aber er wolte so bald nicht folgen/ dan-
nenhero sprach er zum Fuhrmann: Du böser Bube/
hast du dem armen Thier den Nestel in Leib gezau-
bert/ so schaffe auch/ daß er wieder herauß gehe/ dann
wann er/ wie es schier das Ansehen hat/ inwendig an
das Eingewäyde gewachsen ist/ so ziehe ich dem Roß
Leber und Lunge/ samt allen Därmen herauß/ damit
ich nur meinen Nestel wieder in meine Gewalt be-
komme/ welchen ich nicht um 4. Batzen missen wolte.
Der Fuhrmann fluchete/ und schalt/ daß man ihn ei-
nen Zauberer zu nennen sich erkühnete/ aber je mehr
er also thurnirte/ je begieriger Troll nach seinem sil-
bernen Nestel ward/ dannenhero zog er mit aller Ge-
walt/ und brachte zusamt dem Nestel ein grosses
Stück unbekandten Zeuges auß dem Leibe deß Ros-
ses herfür/ dessen Jedermann erschrack/ fürnemlich
der Fuhrmann/ welcher jetzo meynete/ Troll risse dem
Pferd den gantzen Magen und alles auß dem Leibe
herauß.

Aber Troll erblickete darbey etwas Weisses/ und
wie er solches a part erhaschete/ zog er sein Schnupff-
Tüchlein herauß/ und ward also gewahr/ daß dieses
grosse Werck seine lederne Hosen seyen/ welche das
Pferd/ neben welchem sie gehangen/ jenes mahls in
der Nacht erwischet/ und nach und nach hinunter ge-
schlucket hätte. Sie waren sehr zerbissen/ und gantz
zerlöchert/ und daß solches seine rechte Hosen waren/
bekräfftigte der Augenschein/ fürnemlich etliche an-
noch in den Taschen vorhandene Sachen; Also sahe
man nun/ wo das Geld herkommen war/ auch/ daß
der Fuhrmann von Trollen mit Unrecht beschuldiget
worden/ als hätte ihm Jener das Geld gestohlen/ und

seinem
O o o 3

Romans II. Buch.
deß verſtorbenen Kuͤſters zu Stachelfeld noch vereh-
ret hat. Hiermit ergriff er den Neſtel/ und wolte ihn
herauß ziehen/ aber er wolte ſo bald nicht folgen/ dan-
nenhero ſprach er zum Fuhrmann: Du boͤſer Bube/
haſt du dem armen Thier den Neſtel in Leib gezau-
bert/ ſo ſchaffe auch/ daß er wieder herauß gehe/ dann
wann er/ wie es ſchier das Anſehen hat/ inwendig an
das Eingewaͤyde gewachſen iſt/ ſo ziehe ich dem Roß
Leber und Lunge/ ſamt allen Daͤrmen herauß/ damit
ich nur meinen Neſtel wieder in meine Gewalt be-
komme/ welchen ich nicht um 4. Batzen miſſen wolte.
Der Fuhrmann fluchete/ und ſchalt/ daß man ihn ei-
nen Zauberer zu nennen ſich erkuͤhnete/ aber je mehr
er alſo thurnirte/ je begieriger Troll nach ſeinem ſil-
bernen Neſtel ward/ dannenhero zog er mit aller Ge-
walt/ und brachte zuſamt dem Neſtel ein groſſes
Stuͤck unbekandten Zeuges auß dem Leibe deß Roſ-
ſes herfuͤr/ deſſen Jedermann erſchrack/ fuͤrnemlich
der Fuhrmann/ welcher jetzo meynete/ Troll riſſe dem
Pferd den gantzen Magen und alles auß dem Leibe
herauß.

Aber Troll erblickete darbey etwas Weiſſes/ und
wie er ſolches à part erhaſchete/ zog er ſein Schnupff-
Tuͤchlein herauß/ und ward alſo gewahr/ daß dieſes
groſſe Werck ſeine lederne Hoſen ſeyen/ welche das
Pferd/ neben welchem ſie gehangen/ jenes mahls in
der Nacht erwiſchet/ und nach und nach hinunter ge-
ſchlucket haͤtte. Sie waren ſehr zerbiſſen/ und gantz
zerloͤchert/ und daß ſolches ſeine rechte Hoſen waren/
bekraͤfftigte der Augenſchein/ fuͤrnemlich etliche an-
noch in den Taſchen vorhandene Sachen; Alſo ſahe
man nun/ wo das Geld herkommen war/ auch/ daß
der Fuhrmann von Trollen mit Unrecht beſchuldiget
worden/ als haͤtte ihm Jener das Geld geſtohlen/ und

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[949/0969] Romans II. Buch. deß verſtorbenen Kuͤſters zu Stachelfeld noch vereh- ret hat. Hiermit ergriff er den Neſtel/ und wolte ihn herauß ziehen/ aber er wolte ſo bald nicht folgen/ dan- nenhero ſprach er zum Fuhrmann: Du boͤſer Bube/ haſt du dem armen Thier den Neſtel in Leib gezau- bert/ ſo ſchaffe auch/ daß er wieder herauß gehe/ dann wann er/ wie es ſchier das Anſehen hat/ inwendig an das Eingewaͤyde gewachſen iſt/ ſo ziehe ich dem Roß Leber und Lunge/ ſamt allen Daͤrmen herauß/ damit ich nur meinen Neſtel wieder in meine Gewalt be- komme/ welchen ich nicht um 4. Batzen miſſen wolte. Der Fuhrmann fluchete/ und ſchalt/ daß man ihn ei- nen Zauberer zu nennen ſich erkuͤhnete/ aber je mehr er alſo thurnirte/ je begieriger Troll nach ſeinem ſil- bernen Neſtel ward/ dannenhero zog er mit aller Ge- walt/ und brachte zuſamt dem Neſtel ein groſſes Stuͤck unbekandten Zeuges auß dem Leibe deß Roſ- ſes herfuͤr/ deſſen Jedermann erſchrack/ fuͤrnemlich der Fuhrmann/ welcher jetzo meynete/ Troll riſſe dem Pferd den gantzen Magen und alles auß dem Leibe herauß. Aber Troll erblickete darbey etwas Weiſſes/ und wie er ſolches à part erhaſchete/ zog er ſein Schnupff- Tuͤchlein herauß/ und ward alſo gewahr/ daß dieſes groſſe Werck ſeine lederne Hoſen ſeyen/ welche das Pferd/ neben welchem ſie gehangen/ jenes mahls in der Nacht erwiſchet/ und nach und nach hinunter ge- ſchlucket haͤtte. Sie waren ſehr zerbiſſen/ und gantz zerloͤchert/ und daß ſolches ſeine rechte Hoſen waren/ bekraͤfftigte der Augenſchein/ fuͤrnemlich etliche an- noch in den Taſchen vorhandene Sachen; Alſo ſahe man nun/ wo das Geld herkommen war/ auch/ daß der Fuhrmann von Trollen mit Unrecht beſchuldiget worden/ als haͤtte ihm Jener das Geld geſtohlen/ und ſeinem O o o 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 949. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/969>, abgerufen am 23.11.2024.