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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
tastisch und seltzam angeordnete Lehren dieser Kunst
sich zu erinnern/ und sie darzu anzuwenden/ worzu sie
erfordert werden/ als anfänglichen war/ die Sachen
selber oder ihre Worte im Gedächtnüß zu behalten/
welche anderst/ als durch sich selbst und diese Kunst
gefasset/ alsbald vergessen werden/ weilen sie auf
nichtige Einbildung gebauet seye/ und bleiben solche
wunderliche Phantastereyen im Gemüth behangen/
und können nicht allezeit wiederum so darvon ge-
bracht werden/ daß nicht ein Bildnüß derselben dar-
von überbleiben solle/ welches einsmahls mehr die
Memorie verunruhigen und verwirren/ als ihr allezeit
behülfflichen und ersprießlich seyn kan. Und ich wolte
lieber alles ein wenig mühsam mit Nutzen und vester
Eindruckung fassen und erlernen/ so gemeiniglich auf
die Mühe und Arbeit erfolget/ als mich mit nichtigen
Bildern behelffen. Darum ich auch glaube/ daß es
entweder keine Gedächtnüß-Kunst habe/ oder daß sie
gantz unnutzlich oder übel geordnet/ und also eine sol-
che von der gantzen Welt zu verwerffen ist.

Cavina endigte diesen Discurs: Demnach in al-
lem dem/ wo ein Mangel erscheinet/ man durch Kunst
ihm helffen/ und den Kräfften und Vermögen die
Verhinderungen/ so sie in ihren Würckungen antref-
fen/ auß dem Wegraumen muß? Warum solte das
Gedächtnüß allein dieser Hülffe entblösset seyn? Jn
Ansehung es so unterschiedliche Mittel und Hülffe
hat/ daß nicht die bedeutende nur/ sondern auch die
nichts bedeutende Worte ihm helffen. Derohalben
saget Aristoteles, daß man Barbarismos machen müs-
se/ wann man etwas sich erinnern wolle. Also muß
man nur einen Namen wiederum in das Gedächtnüß
zu bringen/ viel hersagen/ so demselben gleichen.

Aber mein Herr/ sprach er weiter zum Schwei-

tzer/

Deß Academiſchen
taſtiſch und ſeltzam angeordnete Lehren dieſer Kunſt
ſich zu erinnern/ und ſie darzu anzuwenden/ worzu ſie
erfordert werden/ als anfaͤnglichen war/ die Sachen
ſelber oder ihre Worte im Gedaͤchtnuͤß zu behalten/
welche anderſt/ als durch ſich ſelbſt und dieſe Kunſt
gefaſſet/ alsbald vergeſſen werden/ weilen ſie auf
nichtige Einbildung gebauet ſeye/ und bleiben ſolche
wunderliche Phantaſtereyen im Gemuͤth behangen/
und koͤnnen nicht allezeit wiederum ſo darvon ge-
bracht werden/ daß nicht ein Bildnuͤß derſelben dar-
von uͤberbleiben ſolle/ welches einsmahls mehr die
Memorie verunruhigen und verwirren/ als ihr allezeit
behuͤlfflichen und erſprießlich ſeyn kan. Und ich wolte
lieber alles ein wenig muͤhſam mit Nutzen und veſter
Eindruckung faſſen und erlernen/ ſo gemeiniglich auf
die Muͤhe und Arbeit erfolget/ als mich mit nichtigen
Bildern behelffen. Darum ich auch glaube/ daß es
entweder keine Gedaͤchtnuͤß-Kunſt habe/ oder daß ſie
gantz unnutzlich oder uͤbel geordnet/ und alſo eine ſol-
che von der gantzen Welt zu verwerffen iſt.

Cavina endigte dieſen Diſcurs: Demnach in al-
lem dem/ wo ein Mangel erſcheinet/ man durch Kunſt
ihm helffen/ und den Kraͤfften und Vermoͤgen die
Verhinderungen/ ſo ſie in ihren Wuͤrckungen antref-
fen/ auß dem Wegraumen muß? Warum ſolte das
Gedaͤchtnuͤß allein dieſer Huͤlffe entbloͤſſet ſeyn? Jn
Anſehung es ſo unterſchiedliche Mittel und Huͤlffe
hat/ daß nicht die bedeutende nur/ ſondern auch die
nichts bedeutende Worte ihm helffen. Derohalben
ſaget Ariſtoteles, daß man Barbariſmos machen muͤſ-
ſe/ wann man etwas ſich erinnern wolle. Alſo muß
man nur einen Namen wiederum in das Gedaͤchtnuͤß
zu bringen/ viel herſagen/ ſo demſelben gleichen.

Aber mein Herꝛ/ ſprach er weiter zum Schwei-

tzer/
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[882/0902] Deß Academiſchen taſtiſch und ſeltzam angeordnete Lehren dieſer Kunſt ſich zu erinnern/ und ſie darzu anzuwenden/ worzu ſie erfordert werden/ als anfaͤnglichen war/ die Sachen ſelber oder ihre Worte im Gedaͤchtnuͤß zu behalten/ welche anderſt/ als durch ſich ſelbſt und dieſe Kunſt gefaſſet/ alsbald vergeſſen werden/ weilen ſie auf nichtige Einbildung gebauet ſeye/ und bleiben ſolche wunderliche Phantaſtereyen im Gemuͤth behangen/ und koͤnnen nicht allezeit wiederum ſo darvon ge- bracht werden/ daß nicht ein Bildnuͤß derſelben dar- von uͤberbleiben ſolle/ welches einsmahls mehr die Memorie verunruhigen und verwirren/ als ihr allezeit behuͤlfflichen und erſprießlich ſeyn kan. Und ich wolte lieber alles ein wenig muͤhſam mit Nutzen und veſter Eindruckung faſſen und erlernen/ ſo gemeiniglich auf die Muͤhe und Arbeit erfolget/ als mich mit nichtigen Bildern behelffen. Darum ich auch glaube/ daß es entweder keine Gedaͤchtnuͤß-Kunſt habe/ oder daß ſie gantz unnutzlich oder uͤbel geordnet/ und alſo eine ſol- che von der gantzen Welt zu verwerffen iſt. Cavina endigte dieſen Diſcurs: Demnach in al- lem dem/ wo ein Mangel erſcheinet/ man durch Kunſt ihm helffen/ und den Kraͤfften und Vermoͤgen die Verhinderungen/ ſo ſie in ihren Wuͤrckungen antref- fen/ auß dem Wegraumen muß? Warum ſolte das Gedaͤchtnuͤß allein dieſer Huͤlffe entbloͤſſet ſeyn? Jn Anſehung es ſo unterſchiedliche Mittel und Huͤlffe hat/ daß nicht die bedeutende nur/ ſondern auch die nichts bedeutende Worte ihm helffen. Derohalben ſaget Ariſtoteles, daß man Barbariſmos machen muͤſ- ſe/ wann man etwas ſich erinnern wolle. Alſo muß man nur einen Namen wiederum in das Gedaͤchtnuͤß zu bringen/ viel herſagen/ ſo demſelben gleichen. Aber mein Herꝛ/ ſprach er weiter zum Schwei- tzer/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 882. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/902>, abgerufen am 23.11.2024.