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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.

HJermit schwieg Cavina wieder still/ und Troll
sprach: Mein hochgelehrter Herr Schweitzer/
ich hätte nicht gedacht/ daß euer Kuh- und
Klippen-Land noch solche gescheide Köpffe ziehen sol-
te/ man hat mir gar anders darvon narriret/ als ich es
jetzo an euch deprehendire/ warlich tu es vir, quite prae-
stare potes;
Jch bin den Studiis ein wenig zu früh ent-
lauffen/ möchte doch noch wol ein Doctor werden/ wann
es angehen wolte/ dann man hat mir erzehlet/ daß auf
Universitäten zu diesem Gradu jetzt allerhand Leute
ohne Unterschied admittirt werden; Aber/ ich möchte
doch gleichwol noch etwas mehrers wissen/ worzu mir
ein künstliches Gedächtnüß gewaltig würde zu stat-
ten kommen/ könnet ihr mich darinn ein wenig unter-
weisen/ so wil ich euch ewig verpflichtet seyn/ aber vor
das Erste thut mir den Gefallen/ und saget mir/ wor-
innen eine solche Gedächtnüß bestehet? Der gelehrte
Schweitzer ward zwar durch diesen Nebentritt von
seinem Discurs abgeleitet/ aber weil er dem lustigen
Troll auch nichts abschlagen wolte/ sagte er: Es sey
die/ (wie vorgegeben würde/) von Simonides erfun-
dene Gedächtnüß-Kunst ein Hauffen Lehr-Sätze/
durch welche man die Gestalten der im Gedächtnüß
aufbehaltenen Dinge wieder erwecket. Und weilen
diese Krafft/ Thun und Thätigkeit in einer gewissen
und gemässigten Hirns-Beschaffenheit bestehet/ und
erhalten und verbessert werden kan/ durch äusserlicher
Sachen Gebrauchung/ so ihrer Natur gemäß und
bequem seynd; So vermeynen die/ so da zweiffeln/
und nicht zugeben wollen/ daß das Gedächtnüß kön-
ne verbessert und vollkommen gemacht werden/ und
es solchem nach eine Gedächtnüß-Kunst gebe/ die gar
den Sinnen merckliche Würckungen der Medicin.
Raimundus Lullius
hat die Seinige in einer catego-

rischen
Romans II. Buch.

HJermit ſchwieg Cavina wieder ſtill/ und Troll
ſprach: Mein hochgelehrter Herꝛ Schweitzer/
ich haͤtte nicht gedacht/ daß euer Kuh- und
Klippen-Land noch ſolche geſcheide Koͤpffe ziehen ſol-
te/ man hat mir gar anders darvon narriret/ als ich es
jetzo an euch deprehendire/ warlich tu es vir, quite præ-
ſtare potes;
Jch bin den Studiis ein wenig zu fruͤh ent-
lauffen/ moͤchte doch noch wol ein Doctor werden/ wañ
es angehen wolte/ dann man hat mir erzehlet/ daß auf
Univerſitaͤten zu dieſem Gradu jetzt allerhand Leute
ohne Unterſchied admittirt werden; Aber/ ich moͤchte
doch gleichwol noch etwas mehrers wiſſen/ worzu mir
ein kuͤnſtliches Gedaͤchtnuͤß gewaltig wuͤrde zu ſtat-
ten kommen/ koͤnnet ihr mich darinn ein wenig unter-
weiſen/ ſo wil ich euch ewig verpflichtet ſeyn/ aber vor
das Erſte thut mir den Gefallen/ und ſaget mir/ wor-
innen eine ſolche Gedaͤchtnuͤß beſtehet? Der gelehrte
Schweitzer ward zwar durch dieſen Nebentritt von
ſeinem Diſcurs abgeleitet/ aber weil er dem luſtigen
Troll auch nichts abſchlagen wolte/ ſagte er: Es ſey
die/ (wie vorgegeben wuͤrde/) von Simonides erfun-
dene Gedaͤchtnuͤß-Kunſt ein Hauffen Lehr-Saͤtze/
durch welche man die Geſtalten der im Gedaͤchtnuͤß
aufbehaltenen Dinge wieder erwecket. Und weilen
dieſe Krafft/ Thun und Thaͤtigkeit in einer gewiſſen
und gemaͤſſigten Hirns-Beſchaffenheit beſtehet/ und
erhalten und verbeſſert werden kan/ durch aͤuſſerlicher
Sachen Gebrauchung/ ſo ihrer Natur gemaͤß und
bequem ſeynd; So vermeynen die/ ſo da zweiffeln/
und nicht zugeben wollen/ daß das Gedaͤchtnuͤß koͤn-
ne verbeſſert und vollkommen gemacht werden/ und
es ſolchem nach eine Gedaͤchtnuͤß-Kunſt gebe/ die gar
den Sinnen merckliche Wuͤrckungen der Medicin.
Raimundus Lullius
hat die Seinige in einer catego-

riſchen
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[877/0897] Romans II. Buch. HJermit ſchwieg Cavina wieder ſtill/ und Troll ſprach: Mein hochgelehrter Herꝛ Schweitzer/ ich haͤtte nicht gedacht/ daß euer Kuh- und Klippen-Land noch ſolche geſcheide Koͤpffe ziehen ſol- te/ man hat mir gar anders darvon narriret/ als ich es jetzo an euch deprehendire/ warlich tu es vir, quite præ- ſtare potes; Jch bin den Studiis ein wenig zu fruͤh ent- lauffen/ moͤchte doch noch wol ein Doctor werden/ wañ es angehen wolte/ dann man hat mir erzehlet/ daß auf Univerſitaͤten zu dieſem Gradu jetzt allerhand Leute ohne Unterſchied admittirt werden; Aber/ ich moͤchte doch gleichwol noch etwas mehrers wiſſen/ worzu mir ein kuͤnſtliches Gedaͤchtnuͤß gewaltig wuͤrde zu ſtat- ten kommen/ koͤnnet ihr mich darinn ein wenig unter- weiſen/ ſo wil ich euch ewig verpflichtet ſeyn/ aber vor das Erſte thut mir den Gefallen/ und ſaget mir/ wor- innen eine ſolche Gedaͤchtnuͤß beſtehet? Der gelehrte Schweitzer ward zwar durch dieſen Nebentritt von ſeinem Diſcurs abgeleitet/ aber weil er dem luſtigen Troll auch nichts abſchlagen wolte/ ſagte er: Es ſey die/ (wie vorgegeben wuͤrde/) von Simonides erfun- dene Gedaͤchtnuͤß-Kunſt ein Hauffen Lehr-Saͤtze/ durch welche man die Geſtalten der im Gedaͤchtnuͤß aufbehaltenen Dinge wieder erwecket. Und weilen dieſe Krafft/ Thun und Thaͤtigkeit in einer gewiſſen und gemaͤſſigten Hirns-Beſchaffenheit beſtehet/ und erhalten und verbeſſert werden kan/ durch aͤuſſerlicher Sachen Gebrauchung/ ſo ihrer Natur gemaͤß und bequem ſeynd; So vermeynen die/ ſo da zweiffeln/ und nicht zugeben wollen/ daß das Gedaͤchtnuͤß koͤn- ne verbeſſert und vollkommen gemacht werden/ und es ſolchem nach eine Gedaͤchtnuͤß-Kunſt gebe/ die gar den Sinnen merckliche Wuͤrckungen der Medicin. Raimundus Lullius hat die Seinige in einer catego- riſchen

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 877. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/897>, abgerufen am 22.11.2024.