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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
gen vorziehen/ welches der Geographie und etlicher
hundert-jährigen Erfahrenheit Sinn-reichster In-
vention
en bey uns/ zuwider lieffe; Uns doch/ oder die
Unserigen/ die etwas in Schrifften suchen zu thun/
ohne Unterscheid Compilatores nennen; Dargegen
ich das bekandte Sprüchwort: Iliacos Muros intus
peccatur & extra!
nicht eben hier sonderlich anziehen
wil/ sondern zu erträglicher Defension der Unserigen/
(wann diese etwa was liberal sind/ andere Authores
in Schrifften zu allegiren/) einem jedweden unpar-
theyischen gelehrten Mann/ zu dessen Vernunfft-
mässigem Erachten/ diese 5. Puncta wil gestellet ha-
ben: Was hülffe uns/ oder andere/ sonst das Studiren
und Bücherlesen/ so man sich derer nicht gebrauchen
soll? Ja/ worzu halten die Herren Engelländer selbst
zu Oxfurth/ die heutiges Tages in der gantzen Welt
allerberühmteste kostbarste Bibliothec? Oder/ so fern
guten Scribenten praejudicirlich seyn solte/ wann ihre
Schrifften von andern Authoribus etwan allegiret
werden? Welcher ehrlicher Mann wurde ins künffti-
ge Lust haben/ die jenige wenige Wissenschafft/ darzu
er (öffters mit grossen Unkosten und Mühe/) gelan-
get/ zu Papier zu bringen/ und sich um die Nachfolger
meritirt zu machen/ da er zuvorher wüste/ daß zwar
der beste Safft und Krafft seiner Gemüths-Früchte
von Unterschiedenen wurde zu Nutz gemacht/ sein
Name aber gleichwol fast Tyrannischer Weise solte
unter die Füsse getretten/ zu ewigen Zeiten vertilget/
und etwan im ersten Wachsthum so fort annihiliret
werden. Da hingegen der Löbl. Teutschen Nation bil-
lich vielmehr zum Ruhm/ als Verkleinerung/ bey
aequis Censoribus, (derer gleichwol noch etliche in
Engelland sind/) muß gereichen/ daß/ von welchen
Authoribus sie etwas Gutes genossen/ durch auß-

drück-

Romans I. Buch.
gen vorziehen/ welches der Geographie und etlicher
hundert-jaͤhrigen Erfahrenheit Sinn-reichſter In-
vention
en bey uns/ zuwider lieffe; Uns doch/ oder die
Unſerigen/ die etwas in Schrifften ſuchen zu thun/
ohne Unterſcheid Compilatores nennen; Dargegen
ich das bekandte Spruͤchwort: Iliacos Muros intus
peccatur & extra!
nicht eben hier ſonderlich anziehen
wil/ ſondern zu ertraͤglicher Defenſion der Unſerigen/
(wann dieſe etwa was liberal ſind/ andere Authores
in Schrifften zu allegiren/) einem jedweden unpar-
theyiſchen gelehrten Mann/ zu deſſen Vernunfft-
maͤſſigem Erachten/ dieſe 5. Puncta wil geſtellet ha-
ben: Was huͤlffe uns/ oder andere/ ſonſt das Studiren
und Buͤcherleſen/ ſo man ſich derer nicht gebrauchen
ſoll? Ja/ worzu halten die Herren Engellaͤnder ſelbſt
zu Oxfurth/ die heutiges Tages in der gantzen Welt
allerberuͤhmteſte koſtbarſte Bibliothec? Oder/ ſo fern
guten Scribenten præjudicirlich ſeyn ſolte/ wann ihre
Schrifften von andern Authoribus etwan allegiret
werden? Welcher ehrlicher Mann wurde ins kuͤnffti-
ge Luſt haben/ die jenige wenige Wiſſenſchafft/ darzu
er (oͤffters mit groſſen Unkoſten und Muͤhe/) gelan-
get/ zu Papier zu bringen/ und ſich um die Nachfolger
meritirt zu machen/ da er zuvorher wuͤſte/ daß zwar
der beſte Safft und Krafft ſeiner Gemuͤths-Fruͤchte
von Unterſchiedenen wurde zu Nutz gemacht/ ſein
Name aber gleichwol faſt Tyranniſcher Weiſe ſolte
unter die Fuͤſſe getretten/ zu ewigen Zeiten vertilget/
und etwan im erſten Wachsthum ſo fort annihiliret
werden. Da hingegen der Loͤbl. Teutſchen Nation bil-
lich vielmehr zum Ruhm/ als Verkleinerung/ bey
æquis Cenſoribus, (derer gleichwol noch etliche in
Engelland ſind/) muß gereichen/ daß/ von welchen
Authoribus ſie etwas Gutes genoſſen/ durch auß-

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[79/0089] Romans I. Buch. gen vorziehen/ welches der Geographie und etlicher hundert-jaͤhrigen Erfahrenheit Sinn-reichſter In- ventionen bey uns/ zuwider lieffe; Uns doch/ oder die Unſerigen/ die etwas in Schrifften ſuchen zu thun/ ohne Unterſcheid Compilatores nennen; Dargegen ich das bekandte Spruͤchwort: Iliacos Muros intus peccatur & extra! nicht eben hier ſonderlich anziehen wil/ ſondern zu ertraͤglicher Defenſion der Unſerigen/ (wann dieſe etwa was liberal ſind/ andere Authores in Schrifften zu allegiren/) einem jedweden unpar- theyiſchen gelehrten Mann/ zu deſſen Vernunfft- maͤſſigem Erachten/ dieſe 5. Puncta wil geſtellet ha- ben: Was huͤlffe uns/ oder andere/ ſonſt das Studiren und Buͤcherleſen/ ſo man ſich derer nicht gebrauchen ſoll? Ja/ worzu halten die Herren Engellaͤnder ſelbſt zu Oxfurth/ die heutiges Tages in der gantzen Welt allerberuͤhmteſte koſtbarſte Bibliothec? Oder/ ſo fern guten Scribenten præjudicirlich ſeyn ſolte/ wann ihre Schrifften von andern Authoribus etwan allegiret werden? Welcher ehrlicher Mann wurde ins kuͤnffti- ge Luſt haben/ die jenige wenige Wiſſenſchafft/ darzu er (oͤffters mit groſſen Unkoſten und Muͤhe/) gelan- get/ zu Papier zu bringen/ und ſich um die Nachfolger meritirt zu machen/ da er zuvorher wuͤſte/ daß zwar der beſte Safft und Krafft ſeiner Gemuͤths-Fruͤchte von Unterſchiedenen wurde zu Nutz gemacht/ ſein Name aber gleichwol faſt Tyranniſcher Weiſe ſolte unter die Fuͤſſe getretten/ zu ewigen Zeiten vertilget/ und etwan im erſten Wachsthum ſo fort annihiliret werden. Da hingegen der Loͤbl. Teutſchen Nation bil- lich vielmehr zum Ruhm/ als Verkleinerung/ bey æquis Cenſoribus, (derer gleichwol noch etliche in Engelland ſind/) muß gereichen/ daß/ von welchen Authoribus ſie etwas Gutes genoſſen/ durch auß- druͤck-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/89>, abgerufen am 24.11.2024.