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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
nophon waren so neydisch auf einander/ wiewol einer
dem andern sehr bekandt/ dann sie beyde Socratis Jün-
ger gewesen waren/ daß auch einer deß andern Na-
men oder Schrifften in ihren Büchern nicht anziehen
mochte.

Cavina sprach: Hunniades und Capistranus, bey-
de Feld-Obristen/ schlugen im Jahr 1456. das Läger
deß Türckischen Käysers Mahomets/ beyde beschrie-
ben diesen Sieg/ aber sie waren so neydisch auf einan-
der/ daß auch einer deß andern Namen nicht einmahl
nennete. Die Schreiber der H. Bibel erweisen hier-
innen ihren geistlichen Antrieb/ und daß sie von dieser
fleischlichen Gemüths-Regung befreyet gewesen/
weil sie einander nennen und loben. Ein grosser Feh-
ler ist es an den Bücher-Schreibern/ daß sie die Ehr
weiser und gelehrter Leute allein haben wollen/ und
andere Wercke darneben verachten. Die weise Bü-
cher Gregorii deß Grossen/ sind auß Neyd verbrennet
worden/ ausser die Jenigen/ welche Paulus Diaconus
verwahret hat. Der Römische Schreiber Severus
durchräysete die gantze Welt/ suchte alle seltene und
unbekandte Bücher auf/ auß denselben nahm er die
Beste herauß/ und begrub sie dann unter die Erden/
damit sie Niemand finden solte. Der Käyser Tibe-
rius
aber/ erzeigte sich auß Neyd viel grausamer; Er
ließ den Geschicht-Schreiber Cremurium tödten/
vorgebend/ er habe in seinen Büchern den Brutum
und Cassium gelobet/ wie ingleichem den Scaurum,
weil er in seinen Büchern verächtlich von dem Aga-
memnone
geschrieben habe. Die rechte Ursach aber
war/ weilen sie den Tiberium nicht gnugsam geprie-
sen hatten.

Der Geistliche sprach hierauf: Der Neyd ist
eine Ursach vieler böser Dinge. Man muß aber auch

wol

Deß Academiſchen
nophon waren ſo neydiſch auf einander/ wiewol einer
dem andern ſehr bekandt/ dann ſie beyde Socratis Juͤn-
ger geweſen waren/ daß auch einer deß andern Na-
men oder Schrifften in ihren Buͤchern nicht anziehen
mochte.

Cavina ſprach: Hunniades und Capiſtranus, bey-
de Feld-Obriſten/ ſchlugen im Jahr 1456. das Laͤger
deß Tuͤrckiſchen Kaͤyſers Mahomets/ beyde beſchrie-
ben dieſen Sieg/ aber ſie waren ſo neydiſch auf einan-
der/ daß auch einer deß andern Namen nicht einmahl
nennete. Die Schreiber der H. Bibel erweiſen hier-
innen ihren geiſtlichen Antrieb/ und daß ſie von dieſer
fleiſchlichen Gemuͤths-Regung befreyet geweſen/
weil ſie einander nennen und loben. Ein groſſer Feh-
ler iſt es an den Buͤcher-Schreibern/ daß ſie die Ehr
weiſer und gelehrter Leute allein haben wollen/ und
andere Wercke darneben verachten. Die weiſe Buͤ-
cher Gregorii deß Groſſen/ ſind auß Neyd verbrennet
worden/ auſſer die Jenigen/ welche Paulus Diaconus
verwahret hat. Der Roͤmiſche Schreiber Severus
durchraͤyſete die gantze Welt/ ſuchte alle ſeltene und
unbekandte Buͤcher auf/ auß denſelben nahm er die
Beſte herauß/ und begrub ſie dann unter die Erden/
damit ſie Niemand finden ſolte. Der Kaͤyſer Tibe-
rius
aber/ erzeigte ſich auß Neyd viel grauſamer; Er
ließ den Geſchicht-Schreiber Cremurium toͤdten/
vorgebend/ er habe in ſeinen Buͤchern den Brutum
und Caſſium gelobet/ wie ingleichem den Scaurum,
weil er in ſeinen Buͤchern veraͤchtlich von dem Aga-
memnone
geſchrieben habe. Die rechte Urſach aber
war/ weilen ſie den Tiberium nicht gnugſam geprie-
ſen hatten.

Der Geiſtliche ſprach hierauf: Der Neyd iſt
eine Urſach vieler boͤſer Dinge. Man muß aber auch

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[814/0834] Deß Academiſchen nophon waren ſo neydiſch auf einander/ wiewol einer dem andern ſehr bekandt/ dann ſie beyde Socratis Juͤn- ger geweſen waren/ daß auch einer deß andern Na- men oder Schrifften in ihren Buͤchern nicht anziehen mochte. Cavina ſprach: Hunniades und Capiſtranus, bey- de Feld-Obriſten/ ſchlugen im Jahr 1456. das Laͤger deß Tuͤrckiſchen Kaͤyſers Mahomets/ beyde beſchrie- ben dieſen Sieg/ aber ſie waren ſo neydiſch auf einan- der/ daß auch einer deß andern Namen nicht einmahl nennete. Die Schreiber der H. Bibel erweiſen hier- innen ihren geiſtlichen Antrieb/ und daß ſie von dieſer fleiſchlichen Gemuͤths-Regung befreyet geweſen/ weil ſie einander nennen und loben. Ein groſſer Feh- ler iſt es an den Buͤcher-Schreibern/ daß ſie die Ehr weiſer und gelehrter Leute allein haben wollen/ und andere Wercke darneben verachten. Die weiſe Buͤ- cher Gregorii deß Groſſen/ ſind auß Neyd verbrennet worden/ auſſer die Jenigen/ welche Paulus Diaconus verwahret hat. Der Roͤmiſche Schreiber Severus durchraͤyſete die gantze Welt/ ſuchte alle ſeltene und unbekandte Buͤcher auf/ auß denſelben nahm er die Beſte herauß/ und begrub ſie dann unter die Erden/ damit ſie Niemand finden ſolte. Der Kaͤyſer Tibe- rius aber/ erzeigte ſich auß Neyd viel grauſamer; Er ließ den Geſchicht-Schreiber Cremurium toͤdten/ vorgebend/ er habe in ſeinen Buͤchern den Brutum und Caſſium gelobet/ wie ingleichem den Scaurum, weil er in ſeinen Buͤchern veraͤchtlich von dem Aga- memnone geſchrieben habe. Die rechte Urſach aber war/ weilen ſie den Tiberium nicht gnugſam geprie- ſen hatten. Der Geiſtliche ſprach hierauf: Der Neyd iſt eine Urſach vieler boͤſer Dinge. Man muß aber auch wol

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 814. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/834>, abgerufen am 22.11.2024.