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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
zum ersten mahl Bücher bey den Christen sahen/ ver-
meynten sie/ die Bücher wären Götter/ weil sie ein-
ander dardurch verstehen und unterweisen könten;
Sie waren gewohnet Kerben in einen Stock/ und
Knöpffe an ein Seil zu machen/ wordurch sie die Zei-
ten und andere Dinge zu bemercken pflegten. Was
müssen sie dann geurtheilet haben/ als man ihnen die
H. Schrifft hat bekandt gemacht. Die Unwissenheit
guter Bücher verursachet/ daß mancher Mensch in
seinem närrischen Jrrthum stecken bleibet. Als der
Päpstliche Gesandte in Teutschland/ Petrus Verge-
rius,
wieder nach Rom kam/ solte er Cardinal werden.
Die Ohrenbläser brachten dem Papst vor/ er wäre
ein Lutheraner/ weil er sich mit denselben offtmahls
unterredet hatte. Damit er nun diese Lästerung von
sich ableinen möchte/ schrieb er ein Buch wider Luthe-
rum;
Weil er nun deßwegen seine Bücher lase/ so
sahe er erstlich in was Jrrthum er selber stacke/ dero-
wegen verließ er das Papstthum und ward Professor
zu Tübingen.

Cavina fuhr fort: Daß die Bücher nunmehr
so bekandt seyn/ das haben wir Lorentz Costern zu
dancken/ welcher zu Harlem im Jahr 1450. die
Drucker-Kunst erfunden hat/ er machte erstlich höl-
tzerne/ nachgehends zinnerne Buchstaben. Das erste
Buch/ so er gedruckt/ ist noch zu Harlem zu sehen.
Durch dieses Mittel sind die Bücher sehr vermehret
worden/ wiewol auch vor diesen Zeiten viel Bücher in
der Welt gewesen sind. Serenus vermachte seinem
Jünger Gordiano seine Bibliotheck, bestehend in
62000. Büchern. Die Türcken/ welche doch Fein-
de der Druckereyen sind/ haben doch nichts destowe-
niger von alten Zeiten her sehr viel Bücher gehabt.
Zu Fez findet man in der Academie 32000. Bücher/

alle

Deß Academiſchen
zum erſten mahl Buͤcher bey den Chriſten ſahen/ ver-
meynten ſie/ die Buͤcher waͤren Goͤtter/ weil ſie ein-
ander dardurch verſtehen und unterweiſen koͤnten;
Sie waren gewohnet Kerben in einen Stock/ und
Knoͤpffe an ein Seil zu machen/ wordurch ſie die Zei-
ten und andere Dinge zu bemercken pflegten. Was
muͤſſen ſie dann geurtheilet haben/ als man ihnen die
H. Schrifft hat bekandt gemacht. Die Unwiſſenheit
guter Buͤcher verurſachet/ daß mancher Menſch in
ſeinem naͤrriſchen Jrꝛthum ſtecken bleibet. Als der
Paͤpſtliche Geſandte in Teutſchland/ Petrus Verge-
rius,
wieder nach Rom kam/ ſolte er Cardinal werden.
Die Ohrenblaͤſer brachten dem Papſt vor/ er waͤre
ein Lutheraner/ weil er ſich mit denſelben offtmahls
unterredet hatte. Damit er nun dieſe Laͤſterung von
ſich ableinen moͤchte/ ſchrieb er ein Buch wider Luthe-
rum;
Weil er nun deßwegen ſeine Buͤcher laſe/ ſo
ſahe er erſtlich in was Jrꝛthum er ſelber ſtacke/ dero-
wegen verließ er das Papſtthum und ward Profeſſor
zu Tuͤbingen.

Cavina fuhr fort: Daß die Buͤcher nunmehr
ſo bekandt ſeyn/ das haben wir Lorentz Coſtern zu
dancken/ welcher zu Harlem im Jahr 1450. die
Drucker-Kunſt erfunden hat/ er machte erſtlich hoͤl-
tzerne/ nachgehends zinnerne Buchſtaben. Das erſte
Buch/ ſo er gedruckt/ iſt noch zu Harlem zu ſehen.
Durch dieſes Mittel ſind die Buͤcher ſehr vermehret
worden/ wiewol auch vor dieſen Zeiten viel Buͤcher in
der Welt geweſen ſind. Serenus vermachte ſeinem
Juͤnger Gordiano ſeine Bibliotheck, beſtehend in
62000. Buͤchern. Die Tuͤrcken/ welche doch Fein-
de der Druckereyen ſind/ haben doch nichts deſtowe-
niger von alten Zeiten her ſehr viel Buͤcher gehabt.
Zu Fez findet man in der Academie 32000. Buͤcher/

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[808/0828] Deß Academiſchen zum erſten mahl Buͤcher bey den Chriſten ſahen/ ver- meynten ſie/ die Buͤcher waͤren Goͤtter/ weil ſie ein- ander dardurch verſtehen und unterweiſen koͤnten; Sie waren gewohnet Kerben in einen Stock/ und Knoͤpffe an ein Seil zu machen/ wordurch ſie die Zei- ten und andere Dinge zu bemercken pflegten. Was muͤſſen ſie dann geurtheilet haben/ als man ihnen die H. Schrifft hat bekandt gemacht. Die Unwiſſenheit guter Buͤcher verurſachet/ daß mancher Menſch in ſeinem naͤrriſchen Jrꝛthum ſtecken bleibet. Als der Paͤpſtliche Geſandte in Teutſchland/ Petrus Verge- rius, wieder nach Rom kam/ ſolte er Cardinal werden. Die Ohrenblaͤſer brachten dem Papſt vor/ er waͤre ein Lutheraner/ weil er ſich mit denſelben offtmahls unterredet hatte. Damit er nun dieſe Laͤſterung von ſich ableinen moͤchte/ ſchrieb er ein Buch wider Luthe- rum; Weil er nun deßwegen ſeine Buͤcher laſe/ ſo ſahe er erſtlich in was Jrꝛthum er ſelber ſtacke/ dero- wegen verließ er das Papſtthum und ward Profeſſor zu Tuͤbingen. Cavina fuhr fort: Daß die Buͤcher nunmehr ſo bekandt ſeyn/ das haben wir Lorentz Coſtern zu dancken/ welcher zu Harlem im Jahr 1450. die Drucker-Kunſt erfunden hat/ er machte erſtlich hoͤl- tzerne/ nachgehends zinnerne Buchſtaben. Das erſte Buch/ ſo er gedruckt/ iſt noch zu Harlem zu ſehen. Durch dieſes Mittel ſind die Buͤcher ſehr vermehret worden/ wiewol auch vor dieſen Zeiten viel Buͤcher in der Welt geweſen ſind. Serenus vermachte ſeinem Juͤnger Gordiano ſeine Bibliotheck, beſtehend in 62000. Buͤchern. Die Tuͤrcken/ welche doch Fein- de der Druckereyen ſind/ haben doch nichts deſtowe- niger von alten Zeiten her ſehr viel Buͤcher gehabt. Zu Fez findet man in der Academie 32000. Buͤcher/ alle

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 808. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/828>, abgerufen am 22.11.2024.