Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Romans II. Buch.

Am folgenden Morgen/ als der Pastor noch nicht
wieder gekommen war von der Kirchweyh/ kam der
Burgermeister mit den 4. Aeltesten der Gemeine/
und allen Kindern in dem Flecken/ und stellete ihnen
den Troll/ als ihren Schul-Rector vor. Ein jeder
Knab hatte etwas zum Geschenck gebracht/ der eine
Geld/ der andere einen Schincken/ ein anderer eine
Methwurst/ ein anderer Eyer/ ein anderer Butter
oder sonsten etwas/ der Burgermeister hielte eine
kleine Rede an die Jugend/ und ermahnete sie/ ihrem
Lehrmeister zu gehorchen. Darauf setzte sich Troll
auf einen Stuhl/ und fragte die Knaben/ einen nach
dem andern/ was sie gelernet/ und wie weit sie gekom-
men wären. Er fragte sie auch auß dem Catechismo
und Psalmen. Und endlich gieng der Burgermeister
und andere Männer wieder nach Hauß/ nach dem
Jener den Rector diesen Mittag zu Gast gebetten
hatte. Wie endlich die Mittags-Stunde heran
nahete/ gieng Troll auß dem Schul-Hauß/ und fand
nahe bey dem Rath-Hauß/ zu allem Unglück/ den
Onello auf einem Stuhl stehen/ welcher sich als ein
Quacksalber angekleidet hatte/ und seine falsche
Waaren feil botte. Troll erkannte ihn/ hielt sich aber
vor ihm verborgen/ und gieng nach der Kirchen/ wo
er alsobald die Sturm-Glocke zog/ und wie darauf
Jedermann herzu sprang/ zu vernehmen/ was zu thun
seyn möchte/ da sprach er zu den Männern: Jhr gute
Freunde/ ich habe euch schon viel Dienste gethan/ und
gedencke deren noch viel mehr zu thun/ aber ich muß
euch jetzo etwas sagen/ dort bey dem Rath-Hauß
stehet ein Quacksalber/ welcher mir samt seinen Ca-
meraden vor wenig Tagen mein Pferd/ Kleider/ und
alles/ was ich hatte/ auf offentlicher Strassen abge-
nommen. Er gibt sich vor einen Marckschreyer auß/

und
E e e 2
Romans II. Buch.

Am folgenden Morgen/ als der Paſtor noch nicht
wieder gekommen war von der Kirchweyh/ kam der
Burgermeiſter mit den 4. Aelteſten der Gemeine/
und allen Kindern in dem Flecken/ und ſtellete ihnen
den Troll/ als ihren Schul-Rector vor. Ein jeder
Knab hatte etwas zum Geſchenck gebracht/ der eine
Geld/ der andere einen Schincken/ ein anderer eine
Methwurſt/ ein anderer Eyer/ ein anderer Butter
oder ſonſten etwas/ der Burgermeiſter hielte eine
kleine Rede an die Jugend/ und ermahnete ſie/ ihrem
Lehrmeiſter zu gehorchen. Darauf ſetzte ſich Troll
auf einen Stuhl/ und fragte die Knaben/ einen nach
dem andern/ was ſie gelernet/ und wie weit ſie gekom-
men waͤren. Er fragte ſie auch auß dem Catechiſmo
und Pſalmen. Und endlich gieng der Burgermeiſter
und andere Maͤnner wieder nach Hauß/ nach dem
Jener den Rector dieſen Mittag zu Gaſt gebetten
hatte. Wie endlich die Mittags-Stunde heran
nahete/ gieng Troll auß dem Schul-Hauß/ und fand
nahe bey dem Rath-Hauß/ zu allem Ungluͤck/ den
Onello auf einem Stuhl ſtehen/ welcher ſich als ein
Quackſalber angekleidet hatte/ und ſeine falſche
Waaren feil botte. Troll erkannte ihn/ hielt ſich aber
vor ihm verborgen/ und gieng nach der Kirchen/ wo
er alſobald die Sturm-Glocke zog/ und wie darauf
Jedermañ herzu ſprang/ zu vernehmen/ was zu thun
ſeyn moͤchte/ da ſprach er zu den Maͤnnern: Jhr gute
Freunde/ ich habe euch ſchon viel Dienſte gethan/ und
gedencke deren noch viel mehr zu thun/ aber ich muß
euch jetzo etwas ſagen/ dort bey dem Rath-Hauß
ſtehet ein Quackſalber/ welcher mir ſamt ſeinen Ca-
meraden vor wenig Tagen mein Pferd/ Kleider/ und
alles/ was ich hatte/ auf offentlicher Straſſen abge-
nommen. Er gibt ſich vor einen Marckſchreyer auß/

und
E e e 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0823" n="803"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
          <p>Am folgenden Morgen/ als der <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;tor</hi> noch nicht<lb/>
wieder gekommen war von der Kirchweyh/ kam der<lb/>
Burgermei&#x017F;ter mit den 4. Aelte&#x017F;ten der Gemeine/<lb/>
und allen Kindern in dem Flecken/ und &#x017F;tellete ihnen<lb/>
den Troll/ als ihren Schul-<hi rendition="#aq">Rector</hi> vor. Ein jeder<lb/>
Knab hatte etwas zum Ge&#x017F;chenck gebracht/ der eine<lb/>
Geld/ der andere einen Schincken/ ein anderer eine<lb/>
Methwur&#x017F;t/ ein anderer Eyer/ ein anderer Butter<lb/>
oder &#x017F;on&#x017F;ten etwas/ der Burgermei&#x017F;ter hielte eine<lb/>
kleine Rede an die Jugend/ und ermahnete &#x017F;ie/ ihrem<lb/>
Lehrmei&#x017F;ter zu gehorchen. Darauf &#x017F;etzte &#x017F;ich Troll<lb/>
auf einen Stuhl/ und fragte die Knaben/ einen nach<lb/>
dem andern/ was &#x017F;ie gelernet/ und wie weit &#x017F;ie gekom-<lb/>
men wa&#x0364;ren. Er fragte &#x017F;ie auch auß dem <hi rendition="#aq">Catechi&#x017F;mo</hi><lb/>
und P&#x017F;almen. Und endlich gieng der Burgermei&#x017F;ter<lb/>
und andere Ma&#x0364;nner wieder nach Hauß/ nach dem<lb/>
Jener den <hi rendition="#aq">Rector</hi> die&#x017F;en Mittag zu Ga&#x017F;t gebetten<lb/>
hatte. Wie endlich die Mittags-Stunde heran<lb/>
nahete/ gieng Troll auß dem Schul-Hauß/ und fand<lb/>
nahe bey dem Rath-Hauß/ zu allem Unglu&#x0364;ck/ den<lb/><hi rendition="#aq">Onello</hi> auf einem Stuhl &#x017F;tehen/ welcher &#x017F;ich als ein<lb/>
Quack&#x017F;alber angekleidet hatte/ und &#x017F;eine fal&#x017F;che<lb/>
Waaren feil botte. Troll erkannte ihn/ hielt &#x017F;ich aber<lb/>
vor ihm verborgen/ und gieng nach der Kirchen/ wo<lb/>
er al&#x017F;obald die Sturm-Glocke zog/ und wie darauf<lb/>
Jedermañ herzu &#x017F;prang/ zu vernehmen/ was zu thun<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;chte/ da &#x017F;prach er zu den Ma&#x0364;nnern: Jhr gute<lb/>
Freunde/ ich habe euch &#x017F;chon viel Dien&#x017F;te gethan/ und<lb/>
gedencke deren noch viel mehr zu thun/ aber ich muß<lb/>
euch jetzo etwas &#x017F;agen/ dort bey dem Rath-Hauß<lb/>
&#x017F;tehet ein Quack&#x017F;alber/ welcher mir &#x017F;amt &#x017F;einen Ca-<lb/>
meraden vor wenig Tagen mein Pferd/ Kleider/ und<lb/>
alles/ was ich hatte/ auf offentlicher Stra&#x017F;&#x017F;en abge-<lb/>
nommen. Er gibt &#x017F;ich vor einen Marck&#x017F;chreyer auß/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e e 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[803/0823] Romans II. Buch. Am folgenden Morgen/ als der Paſtor noch nicht wieder gekommen war von der Kirchweyh/ kam der Burgermeiſter mit den 4. Aelteſten der Gemeine/ und allen Kindern in dem Flecken/ und ſtellete ihnen den Troll/ als ihren Schul-Rector vor. Ein jeder Knab hatte etwas zum Geſchenck gebracht/ der eine Geld/ der andere einen Schincken/ ein anderer eine Methwurſt/ ein anderer Eyer/ ein anderer Butter oder ſonſten etwas/ der Burgermeiſter hielte eine kleine Rede an die Jugend/ und ermahnete ſie/ ihrem Lehrmeiſter zu gehorchen. Darauf ſetzte ſich Troll auf einen Stuhl/ und fragte die Knaben/ einen nach dem andern/ was ſie gelernet/ und wie weit ſie gekom- men waͤren. Er fragte ſie auch auß dem Catechiſmo und Pſalmen. Und endlich gieng der Burgermeiſter und andere Maͤnner wieder nach Hauß/ nach dem Jener den Rector dieſen Mittag zu Gaſt gebetten hatte. Wie endlich die Mittags-Stunde heran nahete/ gieng Troll auß dem Schul-Hauß/ und fand nahe bey dem Rath-Hauß/ zu allem Ungluͤck/ den Onello auf einem Stuhl ſtehen/ welcher ſich als ein Quackſalber angekleidet hatte/ und ſeine falſche Waaren feil botte. Troll erkannte ihn/ hielt ſich aber vor ihm verborgen/ und gieng nach der Kirchen/ wo er alſobald die Sturm-Glocke zog/ und wie darauf Jedermañ herzu ſprang/ zu vernehmen/ was zu thun ſeyn moͤchte/ da ſprach er zu den Maͤnnern: Jhr gute Freunde/ ich habe euch ſchon viel Dienſte gethan/ und gedencke deren noch viel mehr zu thun/ aber ich muß euch jetzo etwas ſagen/ dort bey dem Rath-Hauß ſtehet ein Quackſalber/ welcher mir ſamt ſeinen Ca- meraden vor wenig Tagen mein Pferd/ Kleider/ und alles/ was ich hatte/ auf offentlicher Straſſen abge- nommen. Er gibt ſich vor einen Marckſchreyer auß/ und E e e 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/823
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 803. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/823>, abgerufen am 22.11.2024.