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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
Dieser sandte alsobald zu deß Schul-Rectors Wit-
tib/ und ließ um ihres Manns Mantel bitten/ welchen
Troll umhieng/ und darinn der Leich nebst der gantzen
Gemeinde folgete. Der Priester thäte eine kurtze
Sermon, und darauf gieng die Procession nach der
Schul hin/ woselbst sie sich in einen runden Cräyß
stellete/ und stund der Prediger oben an/ dem folgete
der Burgermeister/ und so folgends die gantze Ge-
meinde nach ihrem Alter. Troll/ der wol ehe so viel
Leute gesehen/ auch keck gnug war/ den einfältigen
Bauren etwas für zu schwätzen/ inmassen er auß deß
Pastorn Sermon schon vermercket/ daß man von hohen
Redens-Arten dieser Orten nicht viel wisse/ schüttel-
te den Mantel/ tratt mit gravitätischen Tritten in
den Cräyß/ und neigete sich 3. mahl ohne einziges
Wortsprechen rund umher/ worbey er eine rechte
Estaats-Mine machte/ daß ihm ein Jeder grossen Re-
spect
zutrug/ und mit Verlangen erwartete/ was
für eine herrliche Abdanckung erfolgen würde. End-
lich räusperte er sich/ und hielte nachfolgende Rede:

Hohe und Niedrige/ Geist- und Weltliche/
arme und reiche/ böse und fromme liebe Freunde/
Männer und Weiber/ Eltern und Kinder/ weß
Standes ihr auch seyd/ Edle und Unedle!

NAchdem der Tod einen findet/ kommt er glücklich oder unglück-
lich. Uberraschet er einen im Ehebruch oder Diebstahl/ so
ist es ein Unglück/ nam homo moritur in peccato, & uti cadit
arbor ita jacebit,
wie der Baum fället/ so bleibet er liegen. Uber-
eylet er aber einen in seinem Beruff/ so fähret derselbe seelig da-
bin/ was haben wir uns dann zu betrüben über den schmäh-
lichen doch seeligen Hintritt unsers beruffenen Schul-Rectoris,
deß weyland wolgelehrten und andächtigen Herrn Conrad
Kleinbart/ er hat sich in seinem gantzen Leben also erzeiget/ wie
einem rechtschaffenen Mann gebühret. Als er kaum 7. Jahr
alt worden/ bat er schon solche Begierde zu den Wissenschafften
empfunden/ daß er seinem Vatter ein paar Tauben/ einen Hahn

nach

Romans II. Buch.
Dieſer ſandte alſobald zu deß Schul-Rectors Wit-
tib/ und ließ um ihres Manns Mantel bitten/ welchen
Troll umhieng/ und darinn der Leich nebſt der gantzen
Gemeinde folgete. Der Prieſter thaͤte eine kurtze
Sermon, und darauf gieng die Proceſſion nach der
Schul hin/ woſelbſt ſie ſich in einen runden Craͤyß
ſtellete/ und ſtund der Prediger oben an/ dem folgete
der Burgermeiſter/ und ſo folgends die gantze Ge-
meinde nach ihrem Alter. Troll/ der wol ehe ſo viel
Leute geſehen/ auch keck gnug war/ den einfaͤltigen
Bauren etwas fuͤr zu ſchwaͤtzen/ inmaſſen er auß deß
Paſtorn Sermon ſchon vermercket/ daß man von hohen
Redens-Arten dieſer Orten nicht viel wiſſe/ ſchuͤttel-
te den Mantel/ tratt mit gravitaͤtiſchen Tritten in
den Craͤyß/ und neigete ſich 3. mahl ohne einziges
Wortſprechen rund umher/ worbey er eine rechte
Eſtaats-Mine machte/ daß ihm ein Jeder groſſen Re-
ſpect
zutrug/ und mit Verlangen erwartete/ was
fuͤr eine herꝛliche Abdanckung erfolgen wuͤrde. End-
lich raͤuſperte er ſich/ und hielte nachfolgende Rede:

Hohe und Niedrige/ Geiſt- und Weltliche/
arme und reiche/ boͤſe und fromme liebe Freunde/
Maͤnner und Weiber/ Eltern und Kinder/ weß
Standes ihr auch ſeyd/ Edle und Unedle!

NAchdem der Tod einen findet/ kom̃t er gluͤcklich oder ungluͤck-
lich. Uberraſchet er einen im Ehebruch oder Diebſtahl/ ſo
iſt es ein Ungluͤck/ nam homo moritur in peccato, & uti cadit
arbor ita jacebit,
wie der Baum faͤllet/ ſo bleibet er liegen. Uber-
eylet er aber einen in ſeinem Beruff/ ſo faͤhret derſelbe ſeelig da-
bin/ was haben wir uns dann zu betruͤben uͤber den ſchmaͤh-
lichen doch ſeeligen Hintritt unſers beruffenen Schul-Rectoris,
deß weyland wolgelehrten und andaͤchtigen Herꝛn Conrad
Kleinbart/ er hat ſich in ſeinem gantzen Leben alſo erzeiget/ wie
einem rechtſchaffenen Mann gebuͤhret. Als er kaum 7. Jahr
alt worden/ bat er ſchon ſolche Begierde zu den Wiſſenſchafften
empfunden/ daß er ſeinem Vatter ein paar Tauben/ einen Hahn

nach
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[765/0785] Romans II. Buch. Dieſer ſandte alſobald zu deß Schul-Rectors Wit- tib/ und ließ um ihres Manns Mantel bitten/ welchen Troll umhieng/ und darinn der Leich nebſt der gantzen Gemeinde folgete. Der Prieſter thaͤte eine kurtze Sermon, und darauf gieng die Proceſſion nach der Schul hin/ woſelbſt ſie ſich in einen runden Craͤyß ſtellete/ und ſtund der Prediger oben an/ dem folgete der Burgermeiſter/ und ſo folgends die gantze Ge- meinde nach ihrem Alter. Troll/ der wol ehe ſo viel Leute geſehen/ auch keck gnug war/ den einfaͤltigen Bauren etwas fuͤr zu ſchwaͤtzen/ inmaſſen er auß deß Paſtorn Sermon ſchon vermercket/ daß man von hohen Redens-Arten dieſer Orten nicht viel wiſſe/ ſchuͤttel- te den Mantel/ tratt mit gravitaͤtiſchen Tritten in den Craͤyß/ und neigete ſich 3. mahl ohne einziges Wortſprechen rund umher/ worbey er eine rechte Eſtaats-Mine machte/ daß ihm ein Jeder groſſen Re- ſpect zutrug/ und mit Verlangen erwartete/ was fuͤr eine herꝛliche Abdanckung erfolgen wuͤrde. End- lich raͤuſperte er ſich/ und hielte nachfolgende Rede: Hohe und Niedrige/ Geiſt- und Weltliche/ arme und reiche/ boͤſe und fromme liebe Freunde/ Maͤnner und Weiber/ Eltern und Kinder/ weß Standes ihr auch ſeyd/ Edle und Unedle! NAchdem der Tod einen findet/ kom̃t er gluͤcklich oder ungluͤck- lich. Uberraſchet er einen im Ehebruch oder Diebſtahl/ ſo iſt es ein Ungluͤck/ nam homo moritur in peccato, & uti cadit arbor ita jacebit, wie der Baum faͤllet/ ſo bleibet er liegen. Uber- eylet er aber einen in ſeinem Beruff/ ſo faͤhret derſelbe ſeelig da- bin/ was haben wir uns dann zu betruͤben uͤber den ſchmaͤh- lichen doch ſeeligen Hintritt unſers beruffenen Schul-Rectoris, deß weyland wolgelehrten und andaͤchtigen Herꝛn Conrad Kleinbart/ er hat ſich in ſeinem gantzen Leben alſo erzeiget/ wie einem rechtſchaffenen Mann gebuͤhret. Als er kaum 7. Jahr alt worden/ bat er ſchon ſolche Begierde zu den Wiſſenſchafften empfunden/ daß er ſeinem Vatter ein paar Tauben/ einen Hahn nach

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/785>, abgerufen am 22.11.2024.