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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen

DIese letzte Worte stiessen den Capitain zwar
gewaltig für den Kopff/ und hätte er mit Ve-
nereo
darüber leicht Händel angefangen/ weil
er aber sahe/ daß alle übrige Passagierer dessen Par-
they in diesem Stück hielten/ begriffe er sich/ und ließ
sich nichts Widriges mercken/ er excipirte aber doch/
sagend: Daß man gleichwol sehen würde/ daß hohe
Potentaten mehr an dem Jagen/ als an den Büchern
sich ergötzeten. Nicht alle/ warff Venereus darzwi-
schen/ dann der fürtreffliche/ hoch-verständige/ und
sehr gelehrte Englische König Jacobus nahm alle-
mahl/ wann er auf die Jagd zog/ ein Buch mit/ und
lase darinn/ wann andere das Wild verfolgeten. Ein
alter Cavallier, der bißhero nur zugehöret hatte/ be-
antwortete dem Venereo seine Exception solgender
Massen:

JCh aber/ mein Herr/ schätze dargegen/ man müsse vielmehr
von grosser Herren Tugenden/ als von ihren Fehlern ihm ein
Muster nehmen/ sintemahl mir nicht bey wil/ daß hierinn selbi-
ger/ wiewol sonst hochverständiger Printz/ gar klüglich und Po-
litisch gehandelt. Ein Herr/ der seinen Officierern recht beliebt
seyn wil/ muß/ meines Erachtens/ sich in alle Sättel zu finden
wissen/ es gelte auf die Jagd/ oder zum Turnier/ oder zum Feld-
zug/ oder in die Rath-Stuben und Cantzley/ nicht/ daß er allent-
halben eben mit Hand anlegen dörffte/ sondern ihnen mit frö-
licher Gegenwart aufs wenigste seinen Wolgefallen erzeige/
und zwar dieses und dergleichen in rechte Zeit und Gelegenheit
einzutheilen wisse/ massen bey einer jeden Sache die Gelegenheit
beobachten das fürnehmste Stuck weitlicher Klugheit ist. Dann
die Gelegenheit/ oder rechte Zeit/ ist das rechte Glücks-Seegel/
ohne welches alle/ auch die fürtrefflichsten Handlungen den ge-
wünschten Hafen ihres Fürsatzes nicht mögen erschiffen.

Es leuchtet aber keine Kron so hell/ bißweilen sitzet ein
Stäublein daran. Könige und Fürsten sind an Hoheit und
Herrschafft Götter/ von Natur und Sitten Menschen/ und
können offt zu einer Sache übermachte Luft oder Haß gewin-
nen/ nachdem sie genaturirt oder gewohnet sind.

Monsieur redet gar recht/ sagte der vorige Capitain, ich

bin
Deß Academiſchen

DIeſe letzte Worte ſtieſſen den Capitain zwar
gewaltig fuͤr den Kopff/ und haͤtte er mit Ve-
nereo
daruͤber leicht Haͤndel angefangen/ weil
er aber ſahe/ daß alle uͤbrige Paſſagierer deſſen Par-
they in dieſem Stuͤck hielten/ begriffe er ſich/ und ließ
ſich nichts Widriges mercken/ er excipirte aber doch/
ſagend: Daß man gleichwol ſehen wuͤrde/ daß hohe
Potentaten mehr an dem Jagen/ als an den Buͤchern
ſich ergoͤtzeten. Nicht alle/ warff Venereus darzwi-
ſchen/ dann der fuͤrtreffliche/ hoch-verſtaͤndige/ und
ſehr gelehrte Engliſche Koͤnig Jacobus nahm alle-
mahl/ wann er auf die Jagd zog/ ein Buch mit/ und
laſe darinn/ wann andere das Wild verfolgeten. Ein
alter Cavallier, der bißhero nur zugehoͤret hatte/ be-
antwortete dem Venereo ſeine Exception ſolgender
Maſſen:

JCh aber/ mein Herꝛ/ ſchaͤtze dargegen/ man muͤſſe vielmehr
von groſſer Herren Tugenden/ als von ihren Fehlern ihm ein
Muſter nehmen/ ſintemahl mir nicht bey wil/ daß hierinn ſelbi-
ger/ wiewol ſonſt hochverſtaͤndiger Printz/ gar kluͤglich und Po-
litiſch gehandelt. Ein Herꝛ/ der ſeinen Officierern recht beliebt
ſeyn wil/ muß/ meines Erachtens/ ſich in alle Saͤttel zu finden
wiſſen/ es gelte auf die Jagd/ oder zum Turnier/ oder zum Feld-
zug/ oder in die Rath-Stuben und Cantzley/ nicht/ daß er allent-
halben eben mit Hand anlegen doͤrffte/ ſondern ihnen mit froͤ-
licher Gegenwart aufs wenigſte ſeinen Wolgefallen erzeige/
und zwar dieſes und dergleichen in rechte Zeit und Gelegenheit
einzutheilen wiſſe/ maſſen bey einer jeden Sache die Gelegenheit
beobachten das fuͤrnehmſte Stuck weitlicher Klugheit iſt. Dann
die Gelegenheit/ oder rechte Zeit/ iſt das rechte Gluͤcks-Seegel/
ohne welches alle/ auch die fuͤrtrefflichſten Handlungen den ge-
wuͤnſchten Hafen ihres Fuͤrſatzes nicht moͤgen erſchiffen.

Es leuchtet aber keine Kron ſo hell/ bißweilen ſitzet ein
Staͤublein daran. Koͤnige und Fuͤrſten ſind an Hoheit und
Herꝛſchafft Goͤtter/ von Natur und Sitten Menſchen/ und
koͤnnen offt zu einer Sache uͤbermachte Luft oder Haß gewin-
nen/ nachdem ſie genaturirt oder gewohnet ſind.

Monſieur redet gar recht/ ſagte der vorige Capitain, ich

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[734/0752] Deß Academiſchen DIeſe letzte Worte ſtieſſen den Capitain zwar gewaltig fuͤr den Kopff/ und haͤtte er mit Ve- nereo daruͤber leicht Haͤndel angefangen/ weil er aber ſahe/ daß alle uͤbrige Paſſagierer deſſen Par- they in dieſem Stuͤck hielten/ begriffe er ſich/ und ließ ſich nichts Widriges mercken/ er excipirte aber doch/ ſagend: Daß man gleichwol ſehen wuͤrde/ daß hohe Potentaten mehr an dem Jagen/ als an den Buͤchern ſich ergoͤtzeten. Nicht alle/ warff Venereus darzwi- ſchen/ dann der fuͤrtreffliche/ hoch-verſtaͤndige/ und ſehr gelehrte Engliſche Koͤnig Jacobus nahm alle- mahl/ wann er auf die Jagd zog/ ein Buch mit/ und laſe darinn/ wann andere das Wild verfolgeten. Ein alter Cavallier, der bißhero nur zugehoͤret hatte/ be- antwortete dem Venereo ſeine Exception ſolgender Maſſen: JCh aber/ mein Herꝛ/ ſchaͤtze dargegen/ man muͤſſe vielmehr von groſſer Herren Tugenden/ als von ihren Fehlern ihm ein Muſter nehmen/ ſintemahl mir nicht bey wil/ daß hierinn ſelbi- ger/ wiewol ſonſt hochverſtaͤndiger Printz/ gar kluͤglich und Po- litiſch gehandelt. Ein Herꝛ/ der ſeinen Officierern recht beliebt ſeyn wil/ muß/ meines Erachtens/ ſich in alle Saͤttel zu finden wiſſen/ es gelte auf die Jagd/ oder zum Turnier/ oder zum Feld- zug/ oder in die Rath-Stuben und Cantzley/ nicht/ daß er allent- halben eben mit Hand anlegen doͤrffte/ ſondern ihnen mit froͤ- licher Gegenwart aufs wenigſte ſeinen Wolgefallen erzeige/ und zwar dieſes und dergleichen in rechte Zeit und Gelegenheit einzutheilen wiſſe/ maſſen bey einer jeden Sache die Gelegenheit beobachten das fuͤrnehmſte Stuck weitlicher Klugheit iſt. Dann die Gelegenheit/ oder rechte Zeit/ iſt das rechte Gluͤcks-Seegel/ ohne welches alle/ auch die fuͤrtrefflichſten Handlungen den ge- wuͤnſchten Hafen ihres Fuͤrſatzes nicht moͤgen erſchiffen. Es leuchtet aber keine Kron ſo hell/ bißweilen ſitzet ein Staͤublein daran. Koͤnige und Fuͤrſten ſind an Hoheit und Herꝛſchafft Goͤtter/ von Natur und Sitten Menſchen/ und koͤnnen offt zu einer Sache uͤbermachte Luft oder Haß gewin- nen/ nachdem ſie genaturirt oder gewohnet ſind. Monſieur redet gar recht/ ſagte der vorige Capitain, ich bin

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/752>, abgerufen am 22.11.2024.