Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. niessung desselben von hinnen zu ziehen/ darum sageich euch frey herauß/ vergönnet mir/ daß ich einmahl bey euch schlaffe/ oder nehmet einen Dolch/ und stosset mir denselben alsobald mitten durch mein allzufreches Hertz. Hiermit hielte er ein/ und die allzugrosse Liebe zu der Helena zwang eine reiche Thränen-Quell auß seinen Augen/ welches die Helena zum Mitleyden be- wog/ daß sie ihn mit ihrer Schnee-weissen Hand auf- richtete/ sagend: Es ist zuviel/ mein Printz/ daß ihr euch für einer Edel-Damen solcher Gestalt nieder- werffet/ ich habe wol gemercket/ daß ihr mehr/ als ein gemeiner Mensch/ ich versichere euch darneben/ daß viel fürnehme Leute das Jenige gesuchet/ was ihr jetzo verlanget/ aber sie haben bey mir nichts erhalten; Nun wolan/ in Betrachtung/ daß ihr meine Wenig- keit so hoch gehalten/ daß ihr nicht allein einen so fer- nen Weg deßwegen über euch genommen/ sondern darüber in Knechtische Erniedrigung geworffen/ so sollet ihr keine Fehl-Bitte gethan haben/ sehet/ da ist unsere Schlaff-Kammer/ auf jener Seiten deß Bet- tes habe ich meine Stelle/ kommet auf den Abend um die Glocke 11. zu mir/ die Thür wird euch offen stehen/ trettet sachtmüthig an meine Seite/ weil mein Juncker alsdann schläffet/ und so wil ich als- dann weiter Rath schaffen/ wie ich euch vergnügen möge/ vorjetzo aber gehet in die Küche/ und bestellet eure Arbeit/ damit man nicht den allergeringsten Argwohn auf euch werffen möge/ und dessen allen zum wahren Unter-Pfand/ und daß ich es redlich und ohne Falsch mit euch meyne/ nehmet diesen hertz- lichen Kuß von mir. Hiermit küssete sie ihn so hertzlich/ daß Venereus den X x 5
Romans II. Buch. nieſſung deſſelben von hinnen zu ziehen/ darum ſageich euch frey herauß/ vergoͤnnet mir/ daß ich einmahl bey euch ſchlaffe/ oder nehmet einen Dolch/ und ſtoſſet mir denſelben alſobald mitten durch mein allzufreches Hertz. Hiermit hielte er ein/ und die allzugroſſe Liebe zu der Helena zwang eine reiche Thraͤnen-Quell auß ſeinen Augen/ welches die Helena zum Mitleyden be- wog/ daß ſie ihn mit ihrer Schnee-weiſſen Hand auf- richtete/ ſagend: Es iſt zuviel/ mein Printz/ daß ihr euch fuͤr einer Edel-Damen ſolcher Geſtalt nieder- werffet/ ich habe wol gemercket/ daß ihr mehr/ als ein gemeiner Menſch/ ich verſichere euch darneben/ daß viel fuͤrnehme Leute das Jenige geſuchet/ was ihr jetzo verlanget/ aber ſie haben bey mir nichts erhalten; Nun wolan/ in Betrachtung/ daß ihr meine Wenig- keit ſo hoch gehalten/ daß ihr nicht allein einen ſo fer- nen Weg deßwegen uͤber euch genommen/ ſondern daruͤber in Knechtiſche Erniedrigung geworffen/ ſo ſollet ihr keine Fehl-Bitte gethan haben/ ſehet/ da iſt unſere Schlaff-Kammer/ auf jener Seiten deß Bet- tes habe ich meine Stelle/ kommet auf den Abend um die Glocke 11. zu mir/ die Thuͤr wird euch offen ſtehen/ trettet ſachtmuͤthig an meine Seite/ weil mein Juncker alsdann ſchlaͤffet/ und ſo wil ich als- dann weiter Rath ſchaffen/ wie ich euch vergnuͤgen moͤge/ vorjetzo aber gehet in die Kuͤche/ und beſtellet eure Arbeit/ damit man nicht den allergeringſten Argwohn auf euch werffen moͤge/ und deſſen allen zum wahren Unter-Pfand/ und daß ich es redlich und ohne Falſch mit euch meyne/ nehmet dieſen hertz- lichen Kuß von mir. Hiermit kuͤſſete ſie ihn ſo hertzlich/ daß Venereus den X x 5
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Romans II. Buch.
nieſſung deſſelben von hinnen zu ziehen/ darum ſage
ich euch frey herauß/ vergoͤnnet mir/ daß ich einmahl
bey euch ſchlaffe/ oder nehmet einen Dolch/ und ſtoſſet
mir denſelben alſobald mitten durch mein allzufreches
Hertz. Hiermit hielte er ein/ und die allzugroſſe Liebe
zu der Helena zwang eine reiche Thraͤnen-Quell auß
ſeinen Augen/ welches die Helena zum Mitleyden be-
wog/ daß ſie ihn mit ihrer Schnee-weiſſen Hand auf-
richtete/ ſagend: Es iſt zuviel/ mein Printz/ daß ihr
euch fuͤr einer Edel-Damen ſolcher Geſtalt nieder-
werffet/ ich habe wol gemercket/ daß ihr mehr/ als ein
gemeiner Menſch/ ich verſichere euch darneben/ daß
viel fuͤrnehme Leute das Jenige geſuchet/ was ihr jetzo
verlanget/ aber ſie haben bey mir nichts erhalten;
Nun wolan/ in Betrachtung/ daß ihr meine Wenig-
keit ſo hoch gehalten/ daß ihr nicht allein einen ſo fer-
nen Weg deßwegen uͤber euch genommen/ ſondern
daruͤber in Knechtiſche Erniedrigung geworffen/ ſo
ſollet ihr keine Fehl-Bitte gethan haben/ ſehet/ da iſt
unſere Schlaff-Kammer/ auf jener Seiten deß Bet-
tes habe ich meine Stelle/ kommet auf den Abend
um die Glocke 11. zu mir/ die Thuͤr wird euch offen
ſtehen/ trettet ſachtmuͤthig an meine Seite/ weil
mein Juncker alsdann ſchlaͤffet/ und ſo wil ich als-
dann weiter Rath ſchaffen/ wie ich euch vergnuͤgen
moͤge/ vorjetzo aber gehet in die Kuͤche/ und beſtellet
eure Arbeit/ damit man nicht den allergeringſten
Argwohn auf euch werffen moͤge/ und deſſen allen
zum wahren Unter-Pfand/ und daß ich es redlich
und ohne Falſch mit euch meyne/ nehmet dieſen hertz-
lichen Kuß von mir.
Hiermit kuͤſſete ſie ihn ſo hertzlich/ daß Venereus
meynete/ er ſey in den Himmel aller Suͤſſigkeit ent-
zucket. Er erwiederte aber mit ihrer Verguͤnſtigung
den
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