Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. Grabens/ war ein überauß schöner Lust-Garten/ in-massen der Felsen allda mit einem fruchtbaren Erd- reich zur Gnüge bedecket war. Sonsten war diese Burg gegen Norden mit einem hohen Gebürge voll Waldungen/ gegen Morgen mit einem Graß- und Blumen-reichen Wiesen-Grund/ gegen Mittag mit einem sehr grossen Korn-Feld/ und gegen Abend mit etlichen grossen und kleinen Fisch-Teichen umgeben. Man sahe allerhand schöne Spring-Brunnen und Wasser-Künsten/ schöne Grotten und andere Lust- barkeiten/ daran sich ein lüsternes Auge rechtschaffen ergötzen kunte/ daß demnach Venereus diesen Edel- mann vor den glückseeligsten Mann von Teutschland preisete/ der mit der allerschönsten Venus in einer sol- chen Lust-reichen Wohnung hausirete. Wie sie mit einander in die Burg kamen/ stund ihnen Venereus sehr wol an/ und behielte ihn der Edelmann alsobald in seinen Diensten/ da sich dann der Gastgeber wie- der nach der Stadt erhub. Der Jtaliäner aber hatte schier nicht Kräfften gnug seine Affecten zu zwingen/ als er die ungemeine Schönheit der Adelichen Helena bey der Mahlzeit erblickete. Weil er sich auch mit Außzierung der Tafel/ und was darzu gehöret/ wol zu behelffen wuste/ so gieng es wol für ihn. Und bey der ersten Tafel-Deckung gewann der Edelmann ei- ne sonderbare Affection zu ihm/ er verhielte sich sehr geschicklich/ redete gar verständig/ und hatte Adeliche Gebärden/ dahero aestimirten sie ihn vor allen andern Dienern. Venereus aber gedachte alsobald/ wie er dieser ungemeinen Schönheit möchte theilhafftig werden/ und als er in den zwey ersten Tagen keine Gelegenheit darzu ersehen kunte/ praesentirete sich am 3. Tag eine schöne von sich selber. Der Edelmann ritte mit seinen Leuten hinauß auf X x 4
Romans II. Buch. Grabens/ war ein uͤberauß ſchoͤner Luſt-Garten/ in-maſſen der Felſen allda mit einem fruchtbaren Erd- reich zur Gnuͤge bedecket war. Sonſten war dieſe Burg gegen Norden mit einem hohen Gebuͤrge voll Waldungen/ gegen Morgen mit einem Graß- und Blumen-reichen Wieſen-Grund/ gegen Mittag mit einem ſehr groſſen Korn-Feld/ und gegen Abend mit etlichen groſſen und kleinen Fiſch-Teichen umgeben. Man ſahe allerhand ſchoͤne Spring-Brunnen und Waſſer-Kuͤnſten/ ſchoͤne Grotten und andere Luſt- barkeiten/ daran ſich ein luͤſternes Auge rechtſchaffen ergoͤtzen kunte/ daß demnach Venereus dieſen Edel- mann vor den gluͤckſeeligſten Mann von Teutſchland preiſete/ der mit der allerſchoͤnſten Venus in einer ſol- chen Luſt-reichen Wohnung hauſirete. Wie ſie mit einander in die Burg kamen/ ſtund ihnen Venereus ſehr wol an/ und behielte ihn der Edelmann alſobald in ſeinen Dienſten/ da ſich dann der Gaſtgeber wie- der nach der Stadt erhub. Der Jtaliaͤner aber hatte ſchier nicht Kraͤfften gnug ſeine Affecten zu zwingen/ als er die ungemeine Schoͤnheit der Adelichen Helena bey der Mahlzeit erblickete. Weil er ſich auch mit Außzierung der Tafel/ und was darzu gehoͤret/ wol zu behelffen wuſte/ ſo gieng es wol fuͤr ihn. Und bey der erſten Tafel-Deckung gewann der Edelmann ei- ne ſonderbare Affection zu ihm/ er verhielte ſich ſehr geſchicklich/ redete gar verſtaͤndig/ und hatte Adeliche Gebaͤrden/ dahero æſtimirten ſie ihn vor allen andern Dienern. Venereus aber gedachte alſobald/ wie er dieſer ungemeinen Schoͤnheit moͤchte theilhafftig werden/ und als er in den zwey erſten Tagen keine Gelegenheit darzu erſehen kunte/ præſentirete ſich am 3. Tag eine ſchoͤne von ſich ſelber. Der Edelmann ritte mit ſeinen Leuten hinauß auf X x 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0713" n="695"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/> Grabens/ war ein uͤberauß ſchoͤner Luſt-Garten/ in-<lb/> maſſen der Felſen allda mit einem fruchtbaren Erd-<lb/> reich zur Gnuͤge bedecket war. Sonſten war dieſe<lb/> Burg gegen Norden mit einem hohen Gebuͤrge voll<lb/> Waldungen/ gegen Morgen mit einem Graß- und<lb/> Blumen-reichen Wieſen-Grund/ gegen Mittag mit<lb/> einem ſehr groſſen Korn-Feld/ und gegen Abend mit<lb/> etlichen groſſen und kleinen Fiſch-Teichen umgeben.<lb/> Man ſahe allerhand ſchoͤne Spring-Brunnen und<lb/> Waſſer-Kuͤnſten/ ſchoͤne Grotten und andere Luſt-<lb/> barkeiten/ daran ſich ein luͤſternes Auge rechtſchaffen<lb/> ergoͤtzen kunte/ daß demnach <hi rendition="#aq">Venereus</hi> dieſen Edel-<lb/> mann vor den gluͤckſeeligſten Mann von Teutſchland<lb/> preiſete/ der mit der allerſchoͤnſten <hi rendition="#aq">Venus</hi> in einer ſol-<lb/> chen Luſt-reichen Wohnung hauſirete. Wie ſie mit<lb/> einander in die Burg kamen/ ſtund ihnen <hi rendition="#aq">Venereus</hi><lb/> ſehr wol an/ und behielte ihn der Edelmann alſobald<lb/> in ſeinen Dienſten/ da ſich dann der Gaſtgeber wie-<lb/> der nach der Stadt erhub. Der Jtaliaͤner aber hatte<lb/> ſchier nicht Kraͤfften gnug ſeine <hi rendition="#aq">Affect</hi>en zu zwingen/<lb/> als er die ungemeine Schoͤnheit der Adelichen <hi rendition="#aq">Helena</hi><lb/> bey der Mahlzeit erblickete. Weil er ſich auch mit<lb/> Außzierung der Tafel/ und was darzu gehoͤret/ wol<lb/> zu behelffen wuſte/ ſo gieng es wol fuͤr ihn. Und bey<lb/> der erſten Tafel-Deckung gewann der Edelmann ei-<lb/> ne ſonderbare <hi rendition="#aq">Affection</hi> zu ihm/ er verhielte ſich ſehr<lb/> geſchicklich/ redete gar verſtaͤndig/ und hatte Adeliche<lb/> Gebaͤrden/ dahero <hi rendition="#aq">æſtimi</hi>rten ſie ihn vor allen andern<lb/> Dienern. <hi rendition="#aq">Venereus</hi> aber gedachte alſobald/ wie er<lb/> dieſer ungemeinen Schoͤnheit moͤchte theilhafftig<lb/> werden/ und als er in den zwey erſten Tagen keine<lb/> Gelegenheit darzu erſehen kunte/ <hi rendition="#aq">præſenti</hi>rete ſich am<lb/> 3. Tag eine ſchoͤne von ſich ſelber.</p><lb/> <p>Der Edelmann ritte mit ſeinen Leuten hinauß<lb/> <fw place="bottom" type="sig">X x 4</fw><fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [695/0713]
Romans II. Buch.
Grabens/ war ein uͤberauß ſchoͤner Luſt-Garten/ in-
maſſen der Felſen allda mit einem fruchtbaren Erd-
reich zur Gnuͤge bedecket war. Sonſten war dieſe
Burg gegen Norden mit einem hohen Gebuͤrge voll
Waldungen/ gegen Morgen mit einem Graß- und
Blumen-reichen Wieſen-Grund/ gegen Mittag mit
einem ſehr groſſen Korn-Feld/ und gegen Abend mit
etlichen groſſen und kleinen Fiſch-Teichen umgeben.
Man ſahe allerhand ſchoͤne Spring-Brunnen und
Waſſer-Kuͤnſten/ ſchoͤne Grotten und andere Luſt-
barkeiten/ daran ſich ein luͤſternes Auge rechtſchaffen
ergoͤtzen kunte/ daß demnach Venereus dieſen Edel-
mann vor den gluͤckſeeligſten Mann von Teutſchland
preiſete/ der mit der allerſchoͤnſten Venus in einer ſol-
chen Luſt-reichen Wohnung hauſirete. Wie ſie mit
einander in die Burg kamen/ ſtund ihnen Venereus
ſehr wol an/ und behielte ihn der Edelmann alſobald
in ſeinen Dienſten/ da ſich dann der Gaſtgeber wie-
der nach der Stadt erhub. Der Jtaliaͤner aber hatte
ſchier nicht Kraͤfften gnug ſeine Affecten zu zwingen/
als er die ungemeine Schoͤnheit der Adelichen Helena
bey der Mahlzeit erblickete. Weil er ſich auch mit
Außzierung der Tafel/ und was darzu gehoͤret/ wol
zu behelffen wuſte/ ſo gieng es wol fuͤr ihn. Und bey
der erſten Tafel-Deckung gewann der Edelmann ei-
ne ſonderbare Affection zu ihm/ er verhielte ſich ſehr
geſchicklich/ redete gar verſtaͤndig/ und hatte Adeliche
Gebaͤrden/ dahero æſtimirten ſie ihn vor allen andern
Dienern. Venereus aber gedachte alſobald/ wie er
dieſer ungemeinen Schoͤnheit moͤchte theilhafftig
werden/ und als er in den zwey erſten Tagen keine
Gelegenheit darzu erſehen kunte/ præſentirete ſich am
3. Tag eine ſchoͤne von ſich ſelber.
Der Edelmann ritte mit ſeinen Leuten hinauß
auf
X x 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |