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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
satz irr gemacht wird/ massen dem vortrefflichen und
berühmten Redner Demostheni widerfahren/ als er
Legations-Weise zu Philippo, König in Macedonia,
gesandt worden/ da er dann/ wegen Alteration und
Entsetzens/ die er ob deß Königs Gegenwart bey sich
empfande/ seine Oration, die er ihm aufgesetzet und
auß wendig gelernet hatte/ gantz vergaß/ also/ daß er
gar nicht fortkommen konte/ sondern ihn Aeschynes
entsetzen und die Sermon zu Ende bringen muste.
Eben dergleichen lesen wir von Theophrasto Eresio.
welcher/ da er als ein Legat, auf dem Areopago zu
Athen/ seine Werbung ablegen sollen/ und gesehen/
wie der Rath in solchem Concilio in so ansehnlicher
Authorität und aller Gravität da gesessen/ hat er
nichts reden können. Herodes Atticus der treffliche
Redner/ als er in Gegenwart Marci Antonii, in Poeo-
nia perori
ren sollen/ hat er sich also entsetzet/ daß er
verstummet. Eben dieses liset man auch von Heracli-
de Lycio,
daß er in Gegenwart Käysers Severi nicht
reden können/ wie Philostratus erzehlet. Nicht un-
gleiches widerfuhr zu unserer Vorfahren Zeiten/ Bar-
tholomaeo Socino,
von Siena gebürtig/ einem in Ju-
risprudentia
sehr berühmten und gelehrten Mann;
Dieser/ da er als ein Abgesandter seines Vatterlan-
des/ wegen gemeiner Stadt/ Papst Alexandern den
Sechsten empfangen und ihm gratuliren sollen/ auch
seine Oration, die er bester Massen studiret und me-
mori
ret/ angefangen hatte/ blieb er mitten in dersel-
ben bestecken/ und vergaß alles/ daß er nicht ein Wort
mehr formiren oder vorbringen kunte; Dieses alles
verursachete die Alteration und das Entsetzen/ wegen
der ansehnlichen Praesentz und Gegenwart so hoher
Personen und Potentaten.

Daß man aber der Memori oder dem Gedächt-

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Romans II. Buch.
ſatz irꝛ gemacht wird/ maſſen dem vortrefflichen und
beruͤhmten Redner Demoſtheni widerfahren/ als er
Legations-Weiſe zu Philippo, Koͤnig in Macedonia,
geſandt worden/ da er dann/ wegen Alteration und
Entſetzens/ die er ob deß Koͤnigs Gegenwart bey ſich
empfande/ ſeine Oration, die er ihm aufgeſetzet und
auß wendig gelernet hatte/ gantz vergaß/ alſo/ daß er
gar nicht fortkommen konte/ ſondern ihn Aeſchynes
entſetzen und die Sermon zu Ende bringen muſte.
Eben dergleichen leſen wir von Theophraſto Ereſio.
welcher/ da er als ein Legat, auf dem Areopago zu
Athen/ ſeine Werbung ablegen ſollen/ und geſehen/
wie der Rath in ſolchem Concilio in ſo anſehnlicher
Authoritaͤt und aller Gravitaͤt da geſeſſen/ hat er
nichts reden koͤnnen. Herodes Atticus der treffliche
Redner/ als er in Gegenwart Marci Antonii, in Pœo-
nia perori
ren ſollen/ hat er ſich alſo entſetzet/ daß er
verſtummet. Eben dieſes liſet man auch von Heracli-
de Lycio,
daß er in Gegenwart Kaͤyſers Severi nicht
reden koͤnnen/ wie Philoſtratus erzehlet. Nicht un-
gleiches widerfuhr zu unſerer Vorfahren Zeiten/ Bar-
tholomæo Socino,
von Siena gebuͤrtig/ einem in Ju-
risprudentia
ſehr beruͤhmten und gelehrten Mann;
Dieſer/ da er als ein Abgeſandter ſeines Vatterlan-
des/ wegen gemeiner Stadt/ Papſt Alexandern den
Sechſten empfangen und ihm gratuliren ſollen/ auch
ſeine Oration, die er beſter Maſſen ſtudiret und me-
mori
ret/ angefangen hatte/ blieb er mitten in derſel-
ben beſtecken/ und vergaß alles/ daß er nicht ein Wort
mehr formiren oder vorbringen kunte; Dieſes alles
verurſachete die Alteration und das Entſetzen/ wegen
der anſehnlichen Præſentz und Gegenwart ſo hoher
Perſonen und Potentaten.

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[677/0695] Romans II. Buch. ſatz irꝛ gemacht wird/ maſſen dem vortrefflichen und beruͤhmten Redner Demoſtheni widerfahren/ als er Legations-Weiſe zu Philippo, Koͤnig in Macedonia, geſandt worden/ da er dann/ wegen Alteration und Entſetzens/ die er ob deß Koͤnigs Gegenwart bey ſich empfande/ ſeine Oration, die er ihm aufgeſetzet und auß wendig gelernet hatte/ gantz vergaß/ alſo/ daß er gar nicht fortkommen konte/ ſondern ihn Aeſchynes entſetzen und die Sermon zu Ende bringen muſte. Eben dergleichen leſen wir von Theophraſto Ereſio. welcher/ da er als ein Legat, auf dem Areopago zu Athen/ ſeine Werbung ablegen ſollen/ und geſehen/ wie der Rath in ſolchem Concilio in ſo anſehnlicher Authoritaͤt und aller Gravitaͤt da geſeſſen/ hat er nichts reden koͤnnen. Herodes Atticus der treffliche Redner/ als er in Gegenwart Marci Antonii, in Pœo- nia peroriren ſollen/ hat er ſich alſo entſetzet/ daß er verſtummet. Eben dieſes liſet man auch von Heracli- de Lycio, daß er in Gegenwart Kaͤyſers Severi nicht reden koͤnnen/ wie Philoſtratus erzehlet. Nicht un- gleiches widerfuhr zu unſerer Vorfahren Zeiten/ Bar- tholomæo Socino, von Siena gebuͤrtig/ einem in Ju- risprudentia ſehr beruͤhmten und gelehrten Mann; Dieſer/ da er als ein Abgeſandter ſeines Vatterlan- des/ wegen gemeiner Stadt/ Papſt Alexandern den Sechſten empfangen und ihm gratuliren ſollen/ auch ſeine Oration, die er beſter Maſſen ſtudiret und me- moriret/ angefangen hatte/ blieb er mitten in derſel- ben beſtecken/ und vergaß alles/ daß er nicht ein Wort mehr formiren oder vorbringen kunte; Dieſes alles verurſachete die Alteration und das Entſetzen/ wegen der anſehnlichen Præſentz und Gegenwart ſo hoher Perſonen und Potentaten. Daß man aber der Memori oder dem Gedaͤcht- nuͤß U u 3

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/695>, abgerufen am 22.11.2024.