Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. Gedächtnüß also Schaden nehmen/ daß selbigesgantz und gar/ oder in allen Dingen geschwächet und verderbet wird/ etlichen aber geschichts/ daß selbiges sich nur in einer oder anderer Sache mangelhafft be- findet. Ein Exempel dessen ist/ was Plinius von Messala Corvino, einem Römischen Redner schreibet/ daß er durch eine Kranckheit dermassen sey verderbet und zugerichtet worden/ daß er sich seines eigenen Namens/ so er darum gefraget wurde/ nimmer zu erinnern gewust. Er schreibet auch von einem an- dern/ der mit einen Stein auf den Kopff geworffen worden/ worvon er bloß das Alphabet vergessen/ in andern Sachen aber ein gut Gedächtnüß behalten. Und noch von einem andern/ der/ nachdem er von ei- nem hohen Dach herab gefallen/ die Erkäntnüß sei- ner Mutter/ Schwäger und Freunde verlohren hat. Von Francisco Barbaro Veneto, einem sehr gelehrten Mann zu unserer Vorfahren Zeiten/ hab ich gelesen/ auch von vielen gehöret/ daß er in der Griechischen Sprach sehr gelehrt und berühmt gewesen/ durch eine Kranckheit aber/ so er außgestanden/ vergaß er absonderlich alle Wissenschafft/ so er in ermelter Sprach gehabt/ im übrigen aber blieb er so gelehrt/ als er zuvor gewesen/ welches dann in Warheit eine wunderbare Sache ist. Und von Georgio Trapezun- tio, der ein hochgelehrter und in Lateinischer und Griechischer Sprach sehr berühmter Mann zu unse- rer Vätter Zeiten gewesen/ liset man/ daß er in seinem Alter solche beyde Sprachen/ auch sonsten alles/ so er gekannt und gewust/ vergessen habe. Sleidanus ist in seinem Alter so vergessen worden/ daß er seiner Töch- ter Namen nicht behalten mögen. Also/ und abson- derlich auf gedachte Weise pfleget das Gedächtnüß abzunehmen und sich zu verlieren. Andere U u 2
Romans II. Buch. Gedaͤchtnuͤß alſo Schaden nehmen/ daß ſelbigesgantz und gar/ oder in allen Dingen geſchwaͤchet und verderbet wird/ etlichen aber geſchichts/ daß ſelbiges ſich nur in einer oder anderer Sache mangelhafft be- findet. Ein Exempel deſſen iſt/ was Plinius von Meſſala Corvino, einem Roͤmiſchen Redner ſchreibet/ daß er durch eine Kranckheit dermaſſen ſey verderbet und zugerichtet worden/ daß er ſich ſeines eigenen Namens/ ſo er darum gefraget wurde/ nimmer zu erinnern gewuſt. Er ſchreibet auch von einem an- dern/ der mit einen Stein auf den Kopff geworffen worden/ worvon er bloß das Alphabet vergeſſen/ in andern Sachen aber ein gut Gedaͤchtnuͤß behalten. Und noch von einem andern/ der/ nachdem er von ei- nem hohen Dach herab gefallen/ die Erkaͤntnuͤß ſei- ner Mutter/ Schwaͤger und Freunde verlohren hat. Von Franciſco Barbaro Veneto, einem ſehr gelehrten Mann zu unſerer Vorfahren Zeiten/ hab ich geleſen/ auch von vielen gehoͤret/ daß er in der Griechiſchen Sprach ſehr gelehrt und beruͤhmt geweſen/ durch eine Kranckheit aber/ ſo er außgeſtanden/ vergaß er abſonderlich alle Wiſſenſchafft/ ſo er in ermelter Sprach gehabt/ im uͤbrigen aber blieb er ſo gelehrt/ als er zuvor geweſen/ welches dann in Warheit eine wunderbare Sache iſt. Und von Georgio Trapezun- tio, der ein hochgelehrter und in Lateiniſcher und Griechiſcher Sprach ſehr beruͤhmter Mann zu unſe- rer Vaͤtter Zeiten geweſen/ liſet man/ daß er in ſeinem Alter ſolche beyde Sprachen/ auch ſonſten alles/ ſo er gekannt und gewuſt/ vergeſſen habe. Sleidanus iſt in ſeinem Alter ſo vergeſſen worden/ daß er ſeiner Toͤch- ter Namen nicht behalten moͤgen. Alſo/ und abſon- derlich auf gedachte Weiſe pfleget das Gedaͤchtnuͤß abzunehmen und ſich zu verlieren. Andere U u 2
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Romans II. Buch.
Gedaͤchtnuͤß alſo Schaden nehmen/ daß ſelbiges
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ſich nur in einer oder anderer Sache mangelhafft be-
findet. Ein Exempel deſſen iſt/ was Plinius von
Meſſala Corvino, einem Roͤmiſchen Redner ſchreibet/
daß er durch eine Kranckheit dermaſſen ſey verderbet
und zugerichtet worden/ daß er ſich ſeines eigenen
Namens/ ſo er darum gefraget wurde/ nimmer zu
erinnern gewuſt. Er ſchreibet auch von einem an-
dern/ der mit einen Stein auf den Kopff geworffen
worden/ worvon er bloß das Alphabet vergeſſen/ in
andern Sachen aber ein gut Gedaͤchtnuͤß behalten.
Und noch von einem andern/ der/ nachdem er von ei-
nem hohen Dach herab gefallen/ die Erkaͤntnuͤß ſei-
ner Mutter/ Schwaͤger und Freunde verlohren hat.
Von Franciſco Barbaro Veneto, einem ſehr gelehrten
Mann zu unſerer Vorfahren Zeiten/ hab ich geleſen/
auch von vielen gehoͤret/ daß er in der Griechiſchen
Sprach ſehr gelehrt und beruͤhmt geweſen/ durch
eine Kranckheit aber/ ſo er außgeſtanden/ vergaß er
abſonderlich alle Wiſſenſchafft/ ſo er in ermelter
Sprach gehabt/ im uͤbrigen aber blieb er ſo gelehrt/
als er zuvor geweſen/ welches dann in Warheit eine
wunderbare Sache iſt. Und von Georgio Trapezun-
tio, der ein hochgelehrter und in Lateiniſcher und
Griechiſcher Sprach ſehr beruͤhmter Mann zu unſe-
rer Vaͤtter Zeiten geweſen/ liſet man/ daß er in ſeinem
Alter ſolche beyde Sprachen/ auch ſonſten alles/ ſo er
gekannt und gewuſt/ vergeſſen habe. Sleidanus iſt in
ſeinem Alter ſo vergeſſen worden/ daß er ſeiner Toͤch-
ter Namen nicht behalten moͤgen. Alſo/ und abſon-
derlich auf gedachte Weiſe pfleget das Gedaͤchtnuͤß
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Zitationshilfe: | Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/693>, abgerufen am 22.07.2024. |