Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
kommen? Da antwortete er: Er verlangete viel-
mehr einige Kunst/ so ihn theils Sachen vergessend
machte/ aber ein gut Gedächtnüß zu machen/ hätte er
keiner vonnöthen.

Von Marco Crasso schreibet Quintilianus, daß
er in fünfferley Sprachen/ welche selbiger Zeit in
Griechen-Land üblich waren/ einen Jedwedern habe
anhören und beantworten können.

Von Portio Latrone schreibet Seneca in der
Vor-Rede seiner Declamationum, daß er in seinen
Schulen den sehr gelehrten Rudolphum Agricolam
über die Massen herauß gestrichen und berühmt ge-
macht habe/ daß er nemlich theils von Natur/ theils
durch Fleiß und Kunst/ eine so vortreffliche Memori
gehabt hätte/ daß es fast unglaublich zu seyn schiene/
sintemahl er alles/ was er gelernet/ steiff und vest be-
hielte/ als er auch ein Orator geworden/ recitirte er
alle seine Orationes, die er gemacht hatte/ außwendig
und fertig ohne Mangel und Anstoß einiges Worts
daher. Er pflegte zu sagen: Das Schreiben wäre
bey ihm eine vergebliche Mühe/ dann er alle seine In-
ventiones
und Erfindungen in das Gedächtnüß schrie-
be. Es schreibet ebenmässig Cicero von dem grossen und
berühmten Oratore Hortensio, daß/ wie er Anfangs
seine Orationes in dem Kopff verfasset/ also schrieb er
sie hernach/ und recitirte sie dann folgends ohne An-
stoß eimges Worts. Von eben diesem Hortensio
schreibet Seneca an obangezogenem Ort/ daß/ als er
einsmahls an einem Ort stunde/ und allerley Waaren
und Hauß-Geräth offentlich verkauffen sahe/ welches
dann einen gantzen Tag währete/ kunte er endlich alle
Waaren/ die man verkaufft hatte/ nach der Ordnung/
wie sie Stück-Weiß verkaufft worden/ hersagen/
deren Namen/ so selbige gekaufft hatten/ nennen/

auch

Deß Academiſchen
kommen? Da antwortete er: Er verlangete viel-
mehr einige Kunſt/ ſo ihn theils Sachen vergeſſend
machte/ aber ein gut Gedaͤchtnuͤß zu machen/ haͤtte er
keiner vonnoͤthen.

Von Marco Craſſo ſchreibet Quintilianus, daß
er in fuͤnfferley Sprachen/ welche ſelbiger Zeit in
Griechen-Land uͤblich waren/ einen Jedwedern habe
anhoͤren und beantworten koͤnnen.

Von Portio Latrone ſchreibet Seneca in der
Vor-Rede ſeiner Declamationum, daß er in ſeinen
Schulen den ſehr gelehrten Rudolphum Agricolam
uͤber die Maſſen herauß geſtrichen und beruͤhmt ge-
macht habe/ daß er nemlich theils von Natur/ theils
durch Fleiß und Kunſt/ eine ſo vortreffliche Memori
gehabt haͤtte/ daß es faſt unglaublich zu ſeyn ſchiene/
ſintemahl er alles/ was er gelernet/ ſteiff und veſt be-
hielte/ als er auch ein Orator geworden/ recitirte er
alle ſeine Orationes, die er gemacht hatte/ außwendig
und fertig ohne Mangel und Anſtoß einiges Worts
daher. Er pflegte zu ſagen: Das Schreiben waͤre
bey ihm eine vergebliche Muͤhe/ dann er alle ſeine In-
ventiones
und Erfindungen in das Gedaͤchtnuͤß ſchrie-
be. Es ſchreibet ebenmaͤſſig Cicero von dem groſſen uñ
beruͤhmten Oratore Hortenſio, daß/ wie er Anfangs
ſeine Orationes in dem Kopff verfaſſet/ alſo ſchrieb er
ſie hernach/ und recitirte ſie dann folgends ohne An-
ſtoß eimges Worts. Von eben dieſem Hortenſio
ſchreibet Seneca an obangezogenem Ort/ daß/ als er
einsmahls an einem Ort ſtunde/ und allerley Waaren
und Hauß-Geraͤth offentlich verkauffen ſahe/ welches
dann einen gantzen Tag waͤhrete/ kunte er endlich alle
Waaren/ die man verkaufft hatte/ nach der Ordnung/
wie ſie Stuͤck-Weiß verkaufft worden/ herſagen/
deren Namen/ ſo ſelbige gekaufft hatten/ nennen/

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0690" n="672"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
kommen? Da antwortete er: Er verlangete viel-<lb/>
mehr einige Kun&#x017F;t/ &#x017F;o ihn theils Sachen verge&#x017F;&#x017F;end<lb/>
machte/ aber ein gut Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß zu machen/ ha&#x0364;tte er<lb/>
keiner vonno&#x0364;then.</p><lb/>
          <p>Von <hi rendition="#aq">Marco Cra&#x017F;&#x017F;o</hi> &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Quintilianus,</hi> daß<lb/>
er in fu&#x0364;nfferley Sprachen/ welche &#x017F;elbiger Zeit in<lb/>
Griechen-Land u&#x0364;blich waren/ einen Jedwedern habe<lb/>
anho&#x0364;ren und beantworten ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Von <hi rendition="#aq">Portio Latrone</hi> &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Seneca</hi> in der<lb/>
Vor-Rede &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Declamationum,</hi> daß er in &#x017F;einen<lb/>
Schulen den &#x017F;ehr gelehrten <hi rendition="#aq">Rudolphum Agricolam</hi><lb/>
u&#x0364;ber die Ma&#x017F;&#x017F;en herauß ge&#x017F;trichen und beru&#x0364;hmt ge-<lb/>
macht habe/ daß er nemlich theils von Natur/ theils<lb/>
durch Fleiß und Kun&#x017F;t/ eine &#x017F;o vortreffliche <hi rendition="#aq">Memori</hi><lb/>
gehabt ha&#x0364;tte/ daß es fa&#x017F;t unglaublich zu &#x017F;eyn &#x017F;chiene/<lb/>
&#x017F;intemahl er alles/ was er gelernet/ &#x017F;teiff und ve&#x017F;t be-<lb/>
hielte/ als er auch ein <hi rendition="#aq">Orator</hi> geworden/ <hi rendition="#aq">reciti</hi>rte er<lb/>
alle &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Orationes,</hi> die er gemacht hatte/ außwendig<lb/>
und fertig ohne Mangel und An&#x017F;toß einiges Worts<lb/>
daher. Er pflegte zu &#x017F;agen: Das Schreiben wa&#x0364;re<lb/>
bey ihm eine vergebliche Mu&#x0364;he/ dann er alle &#x017F;eine <hi rendition="#aq">In-<lb/>
ventiones</hi> und Erfindungen in das Geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß &#x017F;chrie-<lb/>
be. Es &#x017F;chreibet ebenma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig <hi rendition="#aq">Cicero</hi> von dem gro&#x017F;&#x017F;en uñ<lb/>
beru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Oratore Horten&#x017F;io,</hi> daß/ wie er Anfangs<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">Orationes</hi> in dem Kopff verfa&#x017F;&#x017F;et/ al&#x017F;o &#x017F;chrieb er<lb/>
&#x017F;ie hernach/ und <hi rendition="#aq">reciti</hi>rte &#x017F;ie dann folgends ohne An-<lb/>
&#x017F;toß eimges Worts. Von eben die&#x017F;em <hi rendition="#aq">Horten&#x017F;io</hi><lb/>
&#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Seneca</hi> an obangezogenem Ort/ daß/ als er<lb/>
einsmahls an einem Ort &#x017F;tunde/ und allerley Waaren<lb/>
und Hauß-Gera&#x0364;th offentlich verkauffen &#x017F;ahe/ welches<lb/>
dann einen gantzen Tag wa&#x0364;hrete/ kunte er endlich alle<lb/>
Waaren/ die man verkaufft hatte/ nach der Ordnung/<lb/>
wie &#x017F;ie Stu&#x0364;ck-Weiß verkaufft worden/ her&#x017F;agen/<lb/>
deren Namen/ &#x017F;o &#x017F;elbige gekaufft hatten/ nennen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[672/0690] Deß Academiſchen kommen? Da antwortete er: Er verlangete viel- mehr einige Kunſt/ ſo ihn theils Sachen vergeſſend machte/ aber ein gut Gedaͤchtnuͤß zu machen/ haͤtte er keiner vonnoͤthen. Von Marco Craſſo ſchreibet Quintilianus, daß er in fuͤnfferley Sprachen/ welche ſelbiger Zeit in Griechen-Land uͤblich waren/ einen Jedwedern habe anhoͤren und beantworten koͤnnen. Von Portio Latrone ſchreibet Seneca in der Vor-Rede ſeiner Declamationum, daß er in ſeinen Schulen den ſehr gelehrten Rudolphum Agricolam uͤber die Maſſen herauß geſtrichen und beruͤhmt ge- macht habe/ daß er nemlich theils von Natur/ theils durch Fleiß und Kunſt/ eine ſo vortreffliche Memori gehabt haͤtte/ daß es faſt unglaublich zu ſeyn ſchiene/ ſintemahl er alles/ was er gelernet/ ſteiff und veſt be- hielte/ als er auch ein Orator geworden/ recitirte er alle ſeine Orationes, die er gemacht hatte/ außwendig und fertig ohne Mangel und Anſtoß einiges Worts daher. Er pflegte zu ſagen: Das Schreiben waͤre bey ihm eine vergebliche Muͤhe/ dann er alle ſeine In- ventiones und Erfindungen in das Gedaͤchtnuͤß ſchrie- be. Es ſchreibet ebenmaͤſſig Cicero von dem groſſen uñ beruͤhmten Oratore Hortenſio, daß/ wie er Anfangs ſeine Orationes in dem Kopff verfaſſet/ alſo ſchrieb er ſie hernach/ und recitirte ſie dann folgends ohne An- ſtoß eimges Worts. Von eben dieſem Hortenſio ſchreibet Seneca an obangezogenem Ort/ daß/ als er einsmahls an einem Ort ſtunde/ und allerley Waaren und Hauß-Geraͤth offentlich verkauffen ſahe/ welches dann einen gantzen Tag waͤhrete/ kunte er endlich alle Waaren/ die man verkaufft hatte/ nach der Ordnung/ wie ſie Stuͤck-Weiß verkaufft worden/ herſagen/ deren Namen/ ſo ſelbige gekaufft hatten/ nennen/ auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/690
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/690>, abgerufen am 22.11.2024.