Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans II. Buch. Man erzehlet von ihm eine lustige Geschicht/ so Von Mithridate, dem König in Ponto, lesen kom-
Romans II. Buch. Man erzehlet von ihm eine luſtige Geſchicht/ ſo Von Mithridate, dem Koͤnig in Ponto, leſen kom-
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Romans II. Buch.
Man erzehlet von ihm eine luſtige Geſchicht/ ſo
ſich einſten ſoll begeben haben/ indem ein Mann zu
ihm kommen/ ſo einige Gnad von ihm zu erbitten be-
gehret/ ſelbiger war alt und grau von Bart und Haa-
ren/ dieſer| aber/ nachdem er von dem Kaͤyſer eine ab-
ſchlaͤgige Antwort bekommen/ hat er ihm den Bart
abſcheren und die Haare faͤrben laſſen/ (worauß er-
ſcheinet/ daß ſolcher Betrug/ welchen man noch heu-
tiges Tages mit den Haaren zubrauchen pfleget/ ſehr
alt ſeyn muͤſſe/) und iſt nach wenig Tagen/ in ſo ver-
ſtellter Perſon aufs Neue fuͤr den Kaͤyſer gekommen/
in Meynung/ von ihm die zuvor begehrte Gnad zu
erbitten; Dieſem aber antwortete der Kaͤyſer/ (als
welcher ihn noch wol kennete/ und wegen ſeiner ge-
ſchminckten Haare das Geſpoͤtt auß ihm triebe/)
und ſagete: Er wolte ihn gern ſeiner Bitte gewaͤh-
ren/ es habe aber vor wenig Tagen ſein Vatter um
eben dergleichen bey ihm angeſuchet/ dem haͤtte er
ſolches abgeſchlagen/ beduͤnckete ihn alſo unbillich
zu ſeyn/ daß man dem Sohn das Jenige verſtatte/
was dem Vatter verſaget worden/ gieng er alſo be-
ſtuͤrtzt darvon mit dem jenigen Schimpff/ den er wol
verdienet hatte.
Von Mithridate, dem Koͤnig in Ponto, leſen
wir/ daß er in ſeinem Reich 22. Voͤlcker und Spra-
chen gehabt habe/ welche Nationes er dann alle ohne
Dollmetſcher anhoͤren/ auch ihnen in ihrer Sprach
Antwort und Beſcheid ertheilen koͤnnen. Cicero
ſchreibet von ſich/ daß er alles/ was er gewolt/ geler-
net/ auch ſich offt viel Sachen/ ſo von geringer Impor-
tantz und Wichtigkeit zu vergeſſen/ gewuͤnſchet/ aber
dannoch ſelbige nicht auß dem Gedaͤchtnuͤß bringen
moͤgen. Es fragete ihn einsmahls Simonides, ob er
eine Kunſt verlangete/ ein gut Gedaͤchtnuͤß zu uͤber-
kom-
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