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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
sich Venereus um/ und fand nur einen einzigen
Schlaff-Gesellen neben sich/ der damahlen eben glei-
cher Gestalt erwachete. Diese Beyde sahen nun mit
offenen Augen/ wie heßlich sie hintergangen waren.
Alle ihre Kleider waren mit den andern Menschen zu-
gleich unsichtbar worden/ und man hatte ihnen auch
so gar die Unter-Hosen und Hemder außgezogen/ und
etliche alte Lumpen neben sie geleget/ um ihre Blösse
einiger Massen darmit zu bedecken. Sie kunten leicht-
lich erachten/ daß sie unter eine böse Gesellschafft ge-
rathen/ die ihnen diesen Possen gespielet/ und darun-
ter der angemassete Wirth ausser Zweiffel der oberste
Hahn im Korbe gewesen. Es kunte aber nicht anders
seyn/ diese Buben musten sich einer Kunst bedienet
haben/ diese 2. Unschuldige in einen solchen Todes-
Schlaff zu bringen/ daß sie nicht erwachen können/
als man ihnen das Hemd außgezogen hatte. Sie thei-
leten demnach die neben ligende alte Lumpen in der
Güte/ und ein Jeder wand etwas darvon um die Len-
den. Der andere bekannte/ daß er ein Teutscher von
Geburt/ und nach Venedig auf der Räyse begriffen/
auch nicht anders gemeynet/ dann daß er allhier in ei-
ne feine Herberge komme. Sie giengen mit ihren
meist blossen Leibern nach dem Stall/ und fanden
denselben so wol/ als das gantze Hauß so gar außge-
leeret/ ihre Pferde/ und alles mit einander/ was sie
mitgebracht hatten/ war ihnen diese Nacht gestoh-
len/ und fand sich weder Wirth/ noch Gäste/ sondern
diese 2. Betrogene waren gantz allein/ und von Je-
dermann verlassen. Gleichwie aber der Teutsche end-
lich nach Süden/ also erhub sich hingegen Venereus
nach Norden/ und kamen einander bald auß dem Ge-
sicht. Dieser wünschete anjetzo bey den heiß brennen-
den Sonnen-Strahlen nur ein grobes Leinen-Hemd/

sich
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Romans II. Buch.
ſich Venereus um/ und fand nur einen einzigen
Schlaff-Geſellen neben ſich/ der damahlen eben glei-
cher Geſtalt erwachete. Dieſe Beyde ſahen nun mit
offenen Augen/ wie heßlich ſie hintergangen waren.
Alle ihre Kleider waren mit den andern Menſchen zu-
gleich unſichtbar worden/ und man hatte ihnen auch
ſo gar die Unter-Hoſen und Hemder außgezogen/ und
etliche alte Lumpen neben ſie geleget/ um ihre Bloͤſſe
einiger Maſſen darmit zu bedecken. Sie kunten leicht-
lich erachten/ daß ſie unter eine boͤſe Geſellſchafft ge-
rathen/ die ihnen dieſen Poſſen geſpielet/ und darun-
ter der angemaſſete Wirth auſſer Zweiffel der oberſte
Hahn im Korbe geweſen. Es kunte aber nicht anders
ſeyn/ dieſe Buben muſten ſich einer Kunſt bedienet
haben/ dieſe 2. Unſchuldige in einen ſolchen Todes-
Schlaff zu bringen/ daß ſie nicht erwachen koͤnnen/
als man ihnen das Hemd außgezogen hatte. Sie thei-
leten demnach die neben ligende alte Lumpen in der
Guͤte/ und ein Jeder wand etwas darvon um die Len-
den. Der andere bekannte/ daß er ein Teutſcher von
Geburt/ und nach Venedig auf der Raͤyſe begriffen/
auch nicht anders gemeynet/ dann daß er allhier in ei-
ne feine Herberge komme. Sie giengen mit ihren
meiſt bloſſen Leibern nach dem Stall/ und fanden
denſelben ſo wol/ als das gantze Hauß ſo gar außge-
leeret/ ihre Pferde/ und alles mit einander/ was ſie
mitgebracht hatten/ war ihnen dieſe Nacht geſtoh-
len/ und fand ſich weder Wirth/ noch Gaͤſte/ ſondern
dieſe 2. Betrogene waren gantz allein/ und von Je-
dermann verlaſſen. Gleichwie aber der Teutſche end-
lich nach Suͤden/ alſo erhub ſich hingegen Venereus
nach Norden/ und kamen einander bald auß dem Ge-
ſicht. Dieſer wuͤnſchete anjetzo bey den heiß brennen-
den Sonnen-Strahlen nur ein grobes Leinen-Hemd/

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[631/0649] Romans II. Buch. ſich Venereus um/ und fand nur einen einzigen Schlaff-Geſellen neben ſich/ der damahlen eben glei- cher Geſtalt erwachete. Dieſe Beyde ſahen nun mit offenen Augen/ wie heßlich ſie hintergangen waren. Alle ihre Kleider waren mit den andern Menſchen zu- gleich unſichtbar worden/ und man hatte ihnen auch ſo gar die Unter-Hoſen und Hemder außgezogen/ und etliche alte Lumpen neben ſie geleget/ um ihre Bloͤſſe einiger Maſſen darmit zu bedecken. Sie kunten leicht- lich erachten/ daß ſie unter eine boͤſe Geſellſchafft ge- rathen/ die ihnen dieſen Poſſen geſpielet/ und darun- ter der angemaſſete Wirth auſſer Zweiffel der oberſte Hahn im Korbe geweſen. Es kunte aber nicht anders ſeyn/ dieſe Buben muſten ſich einer Kunſt bedienet haben/ dieſe 2. Unſchuldige in einen ſolchen Todes- Schlaff zu bringen/ daß ſie nicht erwachen koͤnnen/ als man ihnen das Hemd außgezogen hatte. Sie thei- leten demnach die neben ligende alte Lumpen in der Guͤte/ und ein Jeder wand etwas darvon um die Len- den. Der andere bekannte/ daß er ein Teutſcher von Geburt/ und nach Venedig auf der Raͤyſe begriffen/ auch nicht anders gemeynet/ dann daß er allhier in ei- ne feine Herberge komme. Sie giengen mit ihren meiſt bloſſen Leibern nach dem Stall/ und fanden denſelben ſo wol/ als das gantze Hauß ſo gar außge- leeret/ ihre Pferde/ und alles mit einander/ was ſie mitgebracht hatten/ war ihnen dieſe Nacht geſtoh- len/ und fand ſich weder Wirth/ noch Gaͤſte/ ſondern dieſe 2. Betrogene waren gantz allein/ und von Je- dermann verlaſſen. Gleichwie aber der Teutſche end- lich nach Suͤden/ alſo erhub ſich hingegen Venereus nach Norden/ und kamen einander bald auß dem Ge- ſicht. Dieſer wuͤnſchete anjetzo bey den heiß brennen- den Sonnen-Strahlen nur ein grobes Leinen-Hemd/ ſich R r 4

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/649>, abgerufen am 22.11.2024.