Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Deß Academischen nem guten Temperament aller Qualitäten bestehet.Also seynd überflüssiger Reichthum und bettelhaffte Armuth (wann man sie beyde in solchen Grad stellet/) der Weißheit gleich schädlich; Dann/ wo man in einigem Weg das Mittel oder Mediocrität dieser Dinge zu desideriren/ und darnach zu trachten hat; So ist es zu Erlangung so wol der Weißheit/ als der Tugend/ hoch vonnöthen/ dann auch diese nur in der Mittelmaaß bestehet. Unter währendem diesem Discurs lieff die Mahl- Als die Mahlzeit endlich geschehen/ führete man sich
Deß Academiſchen nem guten Temperament aller Qualitaͤten beſtehet.Alſo ſeynd uͤberfluͤſſiger Reichthum und bettelhaffte Armuth (wann man ſie beyde in ſolchen Grad ſtellet/) der Weißheit gleich ſchaͤdlich; Dann/ wo man in einigem Weg das Mittel oder Mediocritaͤt dieſer Dinge zu deſideriren/ und darnach zu trachten hat; So iſt es zu Erlangung ſo wol der Weißheit/ als der Tugend/ hoch vonnoͤthen/ dann auch dieſe nur in der Mittelmaaß beſtehet. Unter waͤhrendem dieſem Diſcurs lieff die Mahl- Als die Mahlzeit endlich geſchehen/ fuͤhrete man ſich
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Deß Academiſchen
nem guten Temperament aller Qualitaͤten beſtehet.
Alſo ſeynd uͤberfluͤſſiger Reichthum und bettelhaffte
Armuth (wann man ſie beyde in ſolchen Grad ſtellet/)
der Weißheit gleich ſchaͤdlich; Dann/ wo man in
einigem Weg das Mittel oder Mediocritaͤt dieſer
Dinge zu deſideriren/ und darnach zu trachten hat;
So iſt es zu Erlangung ſo wol der Weißheit/ als der
Tugend/ hoch vonnoͤthen/ dann auch dieſe nur in der
Mittelmaaß beſtehet.
Unter waͤhrendem dieſem Diſcurs lieff die Mahl-
zeit zu Ende/ da ſich dann die Geſellſchafft von einan-
der ſonderte/ und Jeder ſeines Weges fortzoge. An-
langend unſern Venereum, kunte dieſer am ſelbigem
Abend ſo bald keine Herberge erreichen. Dannenhero
ritte er biß in die ſpaͤte Nacht hinein/ biß er endlich
von fernen ein Liecht erblickete nach demſelben len-
ckete er ſein Pferd/ und erreichete endlich/ wiewol
ziemlich ſpaͤt/ ein groſſes Hauß. Er ſtieg daſelbſt ab/
klopffete an/ und ward willig eingelaſſen. Die Tafel
fande er gedecket/ und alſo ſetzte er ſich neben den an-
andern zu Tiſch/ da man ihm/ und allen Anweſenden/
ſehr fleiſſig aufwartete. Aber kein Frauen-Menſch
bekam man im gantzen Hauß zu ſehen.
Als die Mahlzeit endlich geſchehen/ fuͤhrete man
die Gaͤſte in ein groſſes Gemach/ darinn eine lange
Streu zubereitet war/ und entſchuldigete ſich der
Wirth/ daß ihm ſeine Bette vor kurtzer Zeit geſtohlen
worden. Alſo legeten ſie ſich in ihren Schlaff-Hoſen
nieder/ und decketen ſich mit den Roͤcken zu/ ſchlieffen
auch die gantze Nacht fein ſicher/ und in guter Ruhe/
da ſie vielmehr haͤtten wachen moͤgen/ wann ſie an-
ders nicht haͤtten wollen betrogen ſeyn. Dann als
ſie etwa 2. Stunden nach Aufgang der Sonnen ihre
Augen auß einem tieffen Schlaff erſchloſſen/ da ſahe
ſich
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Zitationshilfe: | Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/648>, abgerufen am 22.07.2024. |