Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
sprechen. Einer aber von der Gesellschafft/ der sich
unpartheyisch hielte/ discurrirte gantz auß einem an-
dern Fasse. Diese Frage/ sprach er/ so weitläufftig
sie ist/ kan von allen Völckern ins gemein/ von den
Temperamenten/ Exercitien/ oder auch von den viel-
fältigen Amts Verwaltungen verstanden werden;
Wann man von den Völckern reden wil/ halte ich
meines Theils darfür/ daß gleich wie nicht allein die
Orientalische Pflantzen/ Perlen und Edelgesteine
weit edler und reiner sind/ als einige andere in der
gantzen Welt/ also verhalte es sich auch mit den In-
geniis,
darvon die Ursach zu seyn scheinet/ daß die
Sonne/ welche zusamt den andern Himmlischen Cör-
pern und Gestirn/ durch das Liecht ihre Influentzen in
uns außgeusst/ den Orientalischen Völckern die Erst-
linge derer Influentzen mittheile/ die alsdann aller
Impressionen Art nach/ viel kräfftiger sind/ wann sie
sich erstlich ergiessen/ als wann sie sich schon eine Zeit-
lang überall außgebreitet haben/ wie man dergleichen
an dem Rauchwerck und andern Dünsten observiren
kan. Soll die Frage aber von den Temperamenten
verstanden werden/ so gebe ich den Sanguineis, oder
Blut-reichen Leuten den Preiß/ erstlich/ weil es die
gesundeste Complexion, und die Gesundheit die noth-
wendigste Condition und Mittel zum guten Ver-
stand ist/ welcher in einem krancken Leib nicht so wol/
als in einem gesunden agiren kan. Zweytens/ weil
das Blut die nächste und eigentlichste Materie der
Geister deß Lebens ist/ und daß derohalben der Jeni-
ge/ so Blut-reich/ oder viel Blut hat/ nothwendig viel
Spiritus haben muß. Drittens/ weil es der Verlieb-
ten ihre Complexion ist/ welche die Ingenieusesten auf
Erden seynd/ daher der Poet saget: Quis fallere po-
test Amantem?
Wer kan einen Verliebten betrügen?

Wann

Romans II. Buch.
ſprechen. Einer aber von der Geſellſchafft/ der ſich
unpartheyiſch hielte/ diſcurrirte gantz auß einem an-
dern Faſſe. Dieſe Frage/ ſprach er/ ſo weitlaͤufftig
ſie iſt/ kan von allen Voͤlckern ins gemein/ von den
Temperamenten/ Exercitien/ oder auch von den viel-
faͤltigen Amts Verwaltungen verſtanden werden;
Wann man von den Voͤlckern reden wil/ halte ich
meines Theils darfuͤr/ daß gleich wie nicht allein die
Orientaliſche Pflantzen/ Perlen und Edelgeſteine
weit edler und reiner ſind/ als einige andere in der
gantzen Welt/ alſo verhalte es ſich auch mit den In-
geniis,
darvon die Urſach zu ſeyn ſcheinet/ daß die
Sonne/ welche zuſamt den andern Him̃liſchen Coͤr-
pern und Geſtirn/ durch das Liecht ihre Influentzen in
uns außgeuſſt/ den Orientaliſchen Voͤlckern die Erſt-
linge derer Influentzen mittheile/ die alsdann aller
Impreſſionen Art nach/ viel kraͤfftiger ſind/ wann ſie
ſich erſtlich ergieſſen/ als wann ſie ſich ſchon eine Zeit-
lang uͤberall außgebreitet haben/ wie man dergleichen
an dem Rauchwerck und andern Duͤnſten obſerviren
kan. Soll die Frage aber von den Temperamenten
verſtanden werden/ ſo gebe ich den Sanguineis, oder
Blut-reichen Leuten den Preiß/ erſtlich/ weil es die
geſundeſte Complexion, und die Geſundheit die noth-
wendigſte Condition und Mittel zum guten Ver-
ſtand iſt/ welcher in einem krancken Leib nicht ſo wol/
als in einem geſunden agiren kan. Zweytens/ weil
das Blut die naͤchſte und eigentlichſte Materie der
Geiſter deß Lebens iſt/ und daß derohalben der Jeni-
ge/ ſo Blut-reich/ oder viel Blut hat/ nothwendig viel
Spiritus haben muß. Drittens/ weil es der Verlieb-
ten ihre Complexion iſt/ welche die Ingenieuſeſten auf
Erden ſeynd/ daher der Poet ſaget: Quis fallere po-
teſt Amantem?
Wer kan einen Verliebten betruͤgen?

Wann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0639" n="621"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;prechen. Einer aber von der Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft/ der &#x017F;ich<lb/>
unpartheyi&#x017F;ch hielte/ <hi rendition="#aq">di&#x017F;curri</hi>rte gantz auß einem an-<lb/>
dern Fa&#x017F;&#x017F;e. Die&#x017F;e Frage/ &#x017F;prach er/ &#x017F;o weitla&#x0364;ufftig<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t/ kan von allen Vo&#x0364;lckern ins gemein/ von den<lb/><hi rendition="#aq">Temperament</hi>en/ <hi rendition="#aq">Exerciti</hi>en/ oder auch von den viel-<lb/>
fa&#x0364;ltigen Amts Verwaltungen ver&#x017F;tanden werden;<lb/>
Wann man von den Vo&#x0364;lckern reden wil/ halte ich<lb/>
meines Theils darfu&#x0364;r/ daß gleich wie nicht allein die<lb/>
Orientali&#x017F;che Pflantzen/ Perlen und Edelge&#x017F;teine<lb/>
weit edler und reiner &#x017F;ind/ als einige andere in der<lb/>
gantzen Welt/ al&#x017F;o verhalte es &#x017F;ich auch mit den <hi rendition="#aq">In-<lb/>
geniis,</hi> darvon die Ur&#x017F;ach zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet/ daß die<lb/>
Sonne/ welche zu&#x017F;amt den andern Him&#x0303;li&#x017F;chen Co&#x0364;r-<lb/>
pern und Ge&#x017F;tirn/ durch das Liecht ihre <hi rendition="#aq">Influen</hi>tzen in<lb/>
uns außgeu&#x017F;&#x017F;t/ den Orientali&#x017F;chen Vo&#x0364;lckern die Er&#x017F;t-<lb/>
linge derer <hi rendition="#aq">Influen</hi>tzen mittheile/ die alsdann aller<lb/><hi rendition="#aq">Impre&#x017F;&#x017F;ion</hi>en Art nach/ viel kra&#x0364;fftiger &#x017F;ind/ wann &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich er&#x017F;tlich ergie&#x017F;&#x017F;en/ als wann &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;chon eine Zeit-<lb/>
lang u&#x0364;berall außgebreitet haben/ wie man dergleichen<lb/>
an dem Rauchwerck und andern Du&#x0364;n&#x017F;ten <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervi</hi>ren<lb/>
kan. Soll die Frage aber von den <hi rendition="#aq">Temperament</hi>en<lb/>
ver&#x017F;tanden werden/ &#x017F;o gebe ich den <hi rendition="#aq">Sanguineis,</hi> oder<lb/>
Blut-reichen Leuten den Preiß/ er&#x017F;tlich/ weil es die<lb/>
ge&#x017F;unde&#x017F;te <hi rendition="#aq">Complexion,</hi> und die Ge&#x017F;undheit die noth-<lb/>
wendig&#x017F;te <hi rendition="#aq">Condition</hi> und Mittel zum guten Ver-<lb/>
&#x017F;tand i&#x017F;t/ welcher in einem krancken Leib nicht &#x017F;o wol/<lb/>
als in einem ge&#x017F;unden <hi rendition="#aq">agi</hi>ren kan. Zweytens/ weil<lb/>
das Blut die na&#x0364;ch&#x017F;te und eigentlich&#x017F;te <hi rendition="#aq">Materie</hi> der<lb/>
Gei&#x017F;ter deß Lebens i&#x017F;t/ und daß derohalben der Jeni-<lb/>
ge/ &#x017F;o Blut-reich/ oder viel Blut hat/ nothwendig viel<lb/><hi rendition="#aq">Spiritus</hi> haben muß. Drittens/ weil es der Verlieb-<lb/>
ten ihre <hi rendition="#aq">Complexion</hi> i&#x017F;t/ welche die <hi rendition="#aq">Ingenieu&#x017F;</hi>e&#x017F;ten auf<lb/>
Erden &#x017F;eynd/ daher der Poet &#x017F;aget: <hi rendition="#aq">Quis fallere po-<lb/>
te&#x017F;t Amantem?</hi> Wer kan einen Verliebten betru&#x0364;gen?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wann</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[621/0639] Romans II. Buch. ſprechen. Einer aber von der Geſellſchafft/ der ſich unpartheyiſch hielte/ diſcurrirte gantz auß einem an- dern Faſſe. Dieſe Frage/ ſprach er/ ſo weitlaͤufftig ſie iſt/ kan von allen Voͤlckern ins gemein/ von den Temperamenten/ Exercitien/ oder auch von den viel- faͤltigen Amts Verwaltungen verſtanden werden; Wann man von den Voͤlckern reden wil/ halte ich meines Theils darfuͤr/ daß gleich wie nicht allein die Orientaliſche Pflantzen/ Perlen und Edelgeſteine weit edler und reiner ſind/ als einige andere in der gantzen Welt/ alſo verhalte es ſich auch mit den In- geniis, darvon die Urſach zu ſeyn ſcheinet/ daß die Sonne/ welche zuſamt den andern Him̃liſchen Coͤr- pern und Geſtirn/ durch das Liecht ihre Influentzen in uns außgeuſſt/ den Orientaliſchen Voͤlckern die Erſt- linge derer Influentzen mittheile/ die alsdann aller Impreſſionen Art nach/ viel kraͤfftiger ſind/ wann ſie ſich erſtlich ergieſſen/ als wann ſie ſich ſchon eine Zeit- lang uͤberall außgebreitet haben/ wie man dergleichen an dem Rauchwerck und andern Duͤnſten obſerviren kan. Soll die Frage aber von den Temperamenten verſtanden werden/ ſo gebe ich den Sanguineis, oder Blut-reichen Leuten den Preiß/ erſtlich/ weil es die geſundeſte Complexion, und die Geſundheit die noth- wendigſte Condition und Mittel zum guten Ver- ſtand iſt/ welcher in einem krancken Leib nicht ſo wol/ als in einem geſunden agiren kan. Zweytens/ weil das Blut die naͤchſte und eigentlichſte Materie der Geiſter deß Lebens iſt/ und daß derohalben der Jeni- ge/ ſo Blut-reich/ oder viel Blut hat/ nothwendig viel Spiritus haben muß. Drittens/ weil es der Verlieb- ten ihre Complexion iſt/ welche die Ingenieuſeſten auf Erden ſeynd/ daher der Poet ſaget: Quis fallere po- teſt Amantem? Wer kan einen Verliebten betruͤgen? Wann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/639
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/639>, abgerufen am 22.07.2024.